Vorsicht: Firmenverzeichnis Nordrhein-Westfalen

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Immer wieder werde ich von Mandanten mit der Verteidigung gegen vermeintliche Forderungen wegen teurer Branchenverzeichniseinträge beauftragt. Ich möchte dies zum Anlass nehmen, noch einmal eindringlich davor zu warnen, im stressigen Geschäftsalltag vermeintlich kostenlose Angebote zu unterschreiben. Häufig werden damit kostenpflichtige Leistungen beauftragt, ohne dass dies auf den ersten Blick ersichtlich ist. Unseriöse Firmen nutzen immer wieder irreführende Formulare, um Vertragsabschlüsse zu erschleichen. 

Derzeit liegt mir ein Angebot der Firma Firmenverzeichnis Service SRL aus Bukarest vor, die unter der Bezeichnung „Firmenverzeichnis Nordrhein-Westfalen“ für den Eintrag unter www.firmenverzeichnis-online.net werben. 

Das Formular ist mit der Überschrift „Ihr Firmeneintrag“ versehen, die Daten meiner Mandantschaft sind bereits voreingetragen. Im oberen Teil des Schreibens wird meine Mandantschaft aufgefordert, die Richtigkeit der Angaben zu bestätigen oder ggfs. zu korrigieren. Das Wort „Angebot“ etc. wird bewusst vermieden, stattdessen wird die Begrifflichkeit „Offerte“ genutzt. 

Dass es nicht um die Korrektur eines bereits vorhandenen Eintrags geht, sondern um die Beauftragung für einen kostenpflichtigen Eintrag, der satte 66,00 Euro im Monat kosten soll, ist auf den ersten Blick nicht ersichtlich. Angaben zu Entgelten und zur Laufzeit befinden sich vielmehr nur in klein geschriebenen Fließtexten. Die geforderte Gesamtsumme für zwei Jahre beläuft sich auf stolze 1.584,00 Euro netto. 

Reaktionsmöglichkeiten

Sind Sie auch Opfer eines derartigen Angebots geworden und möchten der Forderung nicht nachkommen? Dann nutzen Sie die nachfolgenden Argumentationshilfen: 

1. Verstoß gegen AGB-Grundsätze

Bei dem genutzten Formular handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne von § 305 Abs. 1 BGB. Gemäß § 305 c Abs. 1 BGB werden Bestimmungen in AGB, die nach Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, nicht Vertragsbestandteil. Diese Vorschrift findet nach § 310 Abs. 1 BGB auch gegenüber Unternehmern im Sinne von § 14 Abs. 1 BGB Anwendung. 

Werden folglich Entgeltangaben, Laufzeitangaben etc. im Fließtext „versteckt“, handelt es sich nicht selten um „überraschende Klauseln“, die unwirksam sind. 

Stellt das Festhalten an einem Vertrag, der unwirksame Klauseln enthält, eine unzumutbare Härte dar, ist der gesamte Vertrag im Sinne von § 306 Abs. 2 BGB unwirksam.

2. Sittenwidrigkeit

Ungeachtet der AGB-Problematik sind derlei Verträge häufig wegen Wuchers/Verstoßes gegen die guten Sitten gemäß § 138 BGB sittenwidrig und damit nichtig. Dies ist der Fall, wenn die im Vertrag vereinbarten Leistungen und Gegenleistungen in einem groben Missverhältnis zueinanderstehen. Da die Unternehmen meist rudimentäre Leistungen (Eintragung des Namens, der Anschrift und Branche im Internet) anbieten, sind eine Vielzahl dieser Verträge sittenwidrig. 

Das Amtsgericht Bocholt hat in einem vergleichbaren Fall mit Urteil vom 24.01.2011, Az. 13 C 281/10, diesbezüglich wörtlich ausgeführt: 

„Vorliegend kommt zusätzlich zur arglistigen Täuschung hinzu, dass ein grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besteht. Zwar kann das Gericht den Bekanntheitsgrad des online-Verzeichnisses www.C.eu und damit den ‚Wert‘ einer Anzeige auf diesem Portal nicht konkret beurteilen. Jedoch ist allgemein bekannt, dass zahlreiche Online-Branchenverzeichnissen (wie etwa die ‚Gelben Seiten‘), derartige Einträge kostenlos anbieten. 

Deshalb verstößt es gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden, wenn für einen einfachen Firmeneintrag im Internet, der nur die notwendigsten Angaben zur Kontaktaufnahme enthält, ein jährliches Entgelt von rund 1.082 Euro verlangt wird. Hinzu kommt, dass es sich um einen Vertrag mit zweijähriger Laufzeit handelt und das Anschreiben offensichtlich darauf ausgelegt ist, dass der Empfänger den Hinweis auf die Kosten und die Laufzeit überliest. Auf Grund des eindeutigen Missverhältnisses handelt es sich um ein wucherähnliches und damit sittenwidriges Rechtsgeschäft.“ 

3. Anfechtung wegen arglistiger Täuschung

Täuscht der Anbieter der Leistung über die Entgeltlichkeit der Leistung, kann ein vermeintlicher Vertrag wegen arglistiger Täuschung (§ 123 BGB) angefochten werden. 

Eine Täuschung kann zum einen darin bestehen, dass falsche Tatsachen vorgespiegelt oder wahre Tatsachen unterdrückt werden. Jedoch kann auch eine Täuschung vorliegen, wenn sich der Handelnde bewusst ist bzw. es zumindest für möglich hält, dass sein Verhalten in der Gesamtschau geeignet ist, den Vertragspartner in die Irre zu führen (vgl. BGH, Urteil v. 22.02.2005, Az.: X ZR 123/03)

Hier ist es also gerade der Gesamteindruck des Angebotsschreibens, der eine Irreführung hinsichtlich der Kostenpflichtigkeit darstellt. 

Die Tatsache, dass in dem Schreiben folglich an irgendeiner Stelle klein und unleserlich auf Preise hingewiesen wird, ändert häufig nichts an der arglistigen Täuschung und der Möglichkeit den Vertrag anzufechten. 

Ein Vertrag der angefochten wird, gilt als von Anfang an nichtig und lässt die Zahlungsverpflichtung entfallen. 

4. Wettbewerbsrechtliche Verstöße

Unabhängig davon begehen die Anbieter derartiger Angebote häufig auch Wettbewerbsverstöße. Wird beispielsweise der Werbecharakter eines Schreibens verschleiert, liegt ein Verstoß gegen §§ 5, 5 a VI UWG vor (so auch BGH, Urteil v. 30.03.2011, Az. I ZR 157/10).

5. Fristlose Kündigung 

Höchstvorsorglich sollte man zudem neben der Anfechtung auch eine fristlose, hilfsweise fristgerechte Kündigung auszusprechen. 

Benötigen Sie Hilfe, weil Sie sich gegen eine derartige Forderung zur Wehr setzen möchten? Dann sprechen Sie mich zunächst unverbindlich an. Gerne informiere ich Sie über die Rechtslage. 


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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