Vorsicht Unterlassungspflicht - Tricksen gilt nicht

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Wer etwas verschlüsselt formuliert, und alle wissen Bescheid, dann geht es meist um gängige Synonyme der Jugendsprache, Abkürzungen oder Sternchen-Texte, die keinen Zweifel an der wirklichen Formulierungsabsicht lassen. Beispiel ist die Abkürzung ACAB für "All Cops are Bastards" als Ausdruck der Unzufriedenheit mit aktuellen Rechtsstaatlichkeiten. Das ist natürlich immer alles differenziert zu sehen. Man kann persönlich einen Polizisten "scheiße" finden, aber bei der Verallgemeinerung versteht Vater Staat keinen Spaß, auch dann nicht, wenn "Alle Polizisten sch....“ sind. Im juristischen Grundsatz gelten Worte, denen man einige Buchstaben nimmt, ohne den eigentlichen Sinn verschleiern zu können, als kerngleiche Aussage.


Das Landgericht Frankfurt hatte im Eilverfahren die  Unterlassungsklage gegen eine Influencerin zu verhandeln, vgl. Beschluss LG Frankfurt am Main, 21. Juni 2021, 2-3 O 88/21. Die hatte  ein Produkt als „Bullshit“ bezeichnet und nach Eingang deiner Einstweiligen Verfügung aus „Bullshit“ ein „B…..t“ gemacht in der Hoffnung, damit dem Unterlassungsanspruch zu genügen. Daraufhin verfügte das Landgericht ein Ordnungsgeld in Höhe von 5000 Euro. Das Gericht sah  den umformulierten Beitrag ganz klar als Unterlassungsvergehen, schon allein aufgrund der Reichweite sei durch die Wiederholung von einem Schaden für den Kläger auszugehen. Daher sei auch das Ordnungsgeld in angegebener Höhe vertretbar. Dagegen reichte die Influencerin vor dem OLG Frankfurt Rechtsmittel ein – ohne Erfolg, vgl. OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 23.09.2021 - Az.: 6 W 76/21.


Rechtsanwalt Fritsch: „Abmahnungen und Schadensersatzansprüche entstehen, wenn sich Influencer negativ und verallgemeinernd über Produkte äußern – in welcher Form auch immer. Der Schadensersatzanspruch kann allein durch die konkrete Produktnennung in einer Negativliste entstehen!“ Im aktuellen Fall hatte die Influencerin nach Kenntnis der Unterlassungspflicht unter dem Titel „Noch mehr „B….T“  das Produkt der Klägerin weiterhin verunglimpft. Weitere Postings erschienen trotz vorliegender Abmahnung/Verfügung und das Landgericht verfügte ein Ordnungsgeld entsprechend § 890 Abs. 1 ZPO. Diese Rechtsnorm ermöglicht sogar eine Ordnungshaft, falls das Ordnungsgeld nicht beigetrieben werden kann und offensichtlich ein Verstoß gegen ein Unterlassungsgebot vorliegt.


Einen Verstoß sah das Gericht in der sogenannten „Kerngleichen Aussage“. Dabei macht es keinen Unterschied, ob Bullshit ausgeschrieben wird oder nicht, oder in welchem Grad der Beitrag konkret auf die Mangelhaftigkeit eines Produktes eingeht, ob die Kritik geringfügig ist oder eine unbedeutende Nebensächlichkeit betrifft.  Das Gericht argumentierte, dass der Leser solcher Beiträge automatisch auf das in solchen Zusammenhängen übliche Wort Bullshit komme und das auch Absicht der Verfasserin sei.


Fritsch: „Im Internet macht die Nutzung der Möglichkeiten zwar Spaß, aber es entbindet nicht von der Pflicht, auf entsprechende Unterlassungsforderungen professionell zu reagieren. Professionell heißt in diesem Zusammenhang, das Ordnungsgeld zu vermeiden und vorhandene Probleme möglichst  im außergerichtlichen Verfahren beizulegen, bevor es richtig teuer wird.“


Neben kerngleichen Aussagen sind auch sogenannte Akronyme im entsprechenden Kontext zu vermeiden. Kurz: Wer verschleiert, ohne wirklich verschleiern zu wollen, kann sich dadurch nicht selbst aus der juristischen Verantwortung entlassen. Wer ein Wort nutzen möchte und vermutet, es nicht zu dürfen, darf es auch nicht abkürzen oder durch Auslassung von Buchstaben vermeintlich unkenntlich machen. Im Zweifel sollte vor Veröffentlichung eine juristische Einschätzung eingeholt werden.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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