Vorteile der Beschränkung des Einspruchs gegen den Strafbefehl auf die Höhe der Tagessätze

  • 4 Minuten Lesezeit

Beim Strafbefehlsverfahren handelt es sich um ein schriftliches und gleichzeitig summarisches Verfahren, das eine Straffestsetzung ohne Hauptverhandlung und Urteil erlaubt. Der Unterschied zu einem Strafurteil besteht somit darin, dass keine öffentliche Hauptverhandlung stattfinden muss. Fälle der Alltagskriminalität werden so zu einem schnellen Abschluss gebracht, was die deutlich ausgeprägte Anwendung des Strafbefehlsverfahrens erklärt. Hintergrund für diese Vorgehensweise ist einerseits die Entlastung der Strafjustiz, welche ihre Akten möglichst schnell abarbeiten möchte. Andererseits kann auch der Beschuldigte im Einzelfall profitieren, da er sich eine nervenaufreibende und kostenintensive Hauptverhandlung erspart.

Ziel dieses Beitrags ist die Erläuterung der Möglichkeit der Beschränkung des Einspruchs gegen einen Strafbefehl auf die Höhe der festgesetzten Tagessätze und die damit verbundenen Vorteile und Möglichkeiten, insbesondere finanzieller Art.

Beschränkung des Einspruchs

Nach Zustellung des Strafbefehls bleiben dem Angeschuldigten 2 Wochen Zeit, Einspruch einzulegen und den Strafbefehl so gerichtlich überprüfen zu lassen.

Eine rechtliche Überprüfung kann dabei in mehrerlei Hinsicht erfolgen. Einerseits besteht die Möglichkeit, durch Durchführung eines gerichtlichen Verfahrens den Tatvorwurf als solchen zu überprüfen. Dies ist insofern empfehlenswert, als bereits Zweifel an der Tat bzw. deren Ablauf bestehen oder aber die Tat erklärlich zu sein scheint. Zu bedenken ist in diesem Fall jedoch, dass das Gericht nicht an den Rechtsfolgenausspruch im Strafbefehl gebunden ist. Das heißt, das Gericht kann zu dem Ergebnis kommen, dass eine höhere Strafe angebracht ist. Hinzu kommen dann noch Gerichtskosten für die Durchführung der Hauptverhandlung.

Eine weitere Möglichkeit ist die Beschränkung des Einspruchs auf einzelne Beschwerdepunkte im Sinne des § 410 Abs. 2 StPO. Seit der Ergänzung durch § 411 Abs. 1 S. 3 StPO im Rahmen des Justizmodernisierungsgesetz 2004 ergibt sich bei der Beschränkung des Einspruchs insbesondere die Möglichkeit, isoliert die Höhe der Tagessätze einer festgesetzten Geldstrafe anzufechten. Der Vorteil liegt dabei darin, dass das Gericht mit Zustimmung der Verfahrensbeteiligten ohne Hauptverhandlung durch Beschluss, das heißt nach Aktenlage, entscheidet. Im Gegensatz zur Variante der Überprüfung des gesamten Strafbefehls – also auch auf Tatebene – ist diese Alternative vor allem dann von Vorteil, wenn die Höhe der Tagessätze die tatsächlichen Begebenheiten rund um die finanzielle Lage des Angeschuldigten nicht ausreichend berücksichtigt, das heißt insbesondere im Ermittlungsverfahren keine Nachforschungen zu Ihren Einkommensverhältnissen angestellt wurden.

Exkurs: Ermittlung der Tagessatzhöhe

Die Höhe des einzelnen Tagessatzes bemisst sich nach den sozialen Verhältnissen des Angeschuldigten. Ziel der Berechnung ist letztlich, den Betrag zu ermitteln, der monatlich tatsächlich zur Verfügung steht. Grundlage ist das Nettoeinkommen, wobei jedoch auch Belastungen, wie (tatsächlich gezahlter aber auch erhaltener) Unterhalt an nicht im Haushalt lebende Personen, wie beispielsweise Kinder aus früheren Beziehungen, berücksichtigt werden. Ein Tagessatz entspricht in etwa 1/30 des Einkommens. Eine Tagessatzhöhe unter 10 € entspricht etwa den Leistungen und Ansprüchen im Rahmen des Arbeitslosengeldes II. Sofern das tatsächlich zur Verfügung stehende Einkommen noch unter dieser Grenze liegt, was jedoch nur in Ausnahmefällen anzunehmen sein wird, wird die Tagessatzhöhe jedoch auch weiter abgesenkt.

Die Staatsanwaltschaft, die den Strafbefehl beantragt, weiß normalerweise nicht, wie hoch das Nettoeinkommen ist und welche Abzüge vorzunehmen sind. Da es sich beim Strafbefehl um ein Massenverfahren handelt, werden die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nur selten von der Polizei ermittelt. § 40 Abs. 3 StGB erlaubt es der Staatsanwaltschaft dabei, das Einkommen zu schätzen. Diese Schätzungen sind jedoch oft falsch und gehen zulasten des Angeschuldigten, indem ein deutlich höheres Nettoeinkommen geschätzt wird und keine Abzüge berücksichtigt werden.

Die so entstehende Diskrepanz erläutert folgendes Beispiel: Wird beim Erlass eines Strafbefehls wegen einfacher Körperverletzung der durchschnittliche Tagessatz von 30,00 EUR angenommen – bei einer Anzahl von Tagessätzen (entspricht der Strafzumessung) in Höhe von 60 –, steht eine Geldstrafe von 1.800,00 EUR fest. Unterstellt, das tatsächlich zur Verfügung stehende Nettoeinkommen nach Abzügen liegt bei 600,00 -700,00 EUR monatlich, würde sich nach der obigen Rechnung eine Tagessatzhöhe von ca. 20,00 EUR ergeben. Im Ergebnis wäre die Geldstrafe somit um ca. 600,00 EUR zu hoch angesetzt. Abzüglich der anwaltlichen Kosten ergibt sich so eine zulasten des Angeschuldigten gehende Diskrepanz von ca. 300,00 EUR.

Zusammenfassung

Durch einen auf die Höhe der zu zahlenden Tagessätze beschränkten Einspruch wird die Höhe der Tagessätze anhand der durch den Angeschuldigten vorgelegten Unterlagen durch das Gericht überprüft, ohne dass eine öffentliche Hauptverhandlung stattfindet, welche unter anderem weitere Kosten verursacht und insbesondere das Risiko der Verschärfung der Rechtsfolgen mit sich bringt. Mit Einlegung des Einspruchs müssen diese entscheidungserheblichen Unterlagen dem Gericht zugereicht werden. Eine Entscheidung erfolgt dann durch richterlichen Beschluss. Im Gegensatz zur Entscheidung im Rahmen der Hauptverhandlung darf hier von der Festsetzung im Strafbefehl nicht zum Nachteil des Angeklagten abgewichen werden, das heißt, eine Erhöhung der einzelnen Tagessätze ist nicht möglich.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Michael Angele LL.M.

Beiträge zum Thema