Erbschaft in Italien: wann gilt das italienische Erbrecht?

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Italienisches Erbrecht gilt für Erbfälle ab dem 17.08.2015, wenn der Erblasser seinen gewöhnlichen Aufenthalt zuletzt in Italien hatte und keine Rechtswahl für ein anderes Erbrecht per Testament getroffen hatte.


Wann wird das italienische Erbrecht angewandt?

Zuallererst erscheint es angemessen, das Konzept internationaler bzw. grenzüberschreitender Erbfolge zu erläutern: Bei einem Fall mit grenzüberschreitender Erbfolge handelt es sich um einen Erbfall, der Bezug zu mehreren Staaten hat.

Ein Beispiel: 

Der Erblasser hatte seinen Wohnsitz in Deutschland; seine Erben leben ebenfalls alle in Deutschland. Er hatte aber eine Immobilie in Italien und deshalb hat dieser Erbfall nicht nur Bezug zu Deutschland, sondern auch eine Verbindung nach Italien, da sich ein Teil der Erbschaft in Italien befindet.


Welches Recht findet Anwendung?

Nach Artikel 84 der Verordnung EU 650/2012 unterliegen seit dem 17. August 2015 alle grenzüberschreitenden Erbfälle, die nach diesem Datum eingetreten sind, der europäischen Verordnung n. 650/2012. Diese Verordnung gilt in allen Staaten der EU. Ausgenommen sind steuerrechtliche Fragen eines Erbfalls, die nach wie vor durch gesetzliche Vorschriften der einzelnen Mitgliedsstaaten geregelt werden.


Kriterium des gewöhnliches Aufenthalt des Erblassers

Das anzuwendende Recht bestimmt sich nach Artikel 21 dieser Verordnung, der vorsieht:

„Sofern in dieser Verordnung nichts anderes vorgesehen ist, unterliegt die gesamte Rechtsnachfolge von Todes wegen dem Recht des Staates, in dem der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte

Das so ermittelte Recht regelt die Erbanteile, die Annahme und den Verzicht sowie viele andere Aspekte der Erbschaft.

d.H.: Das Italienische Erbrecht gilt für Erbfälle ab dem 17.08.2015, wenn der Erblasser seinen gewöhnlichen Aufenthalt zuletzt in Italien hatte und keine Rechtswahl für ein anderes Erbrecht getroffen hatte.

Gerichtsbarkeit

Dementsprechend bestimmt der Artikel 4 der genannten Verordnung:

„für Entscheidungen in Erbsachen sind für den gesamten Nachlass die Gerichte des Mitgliedstaats zuständig, in dessen Hoheitsgebiet der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte“

Der gewöhnliche Aufenthalt („la residenza abituale“) des Verstorbenen ist damit bei grenzüberschreitenden Erbfällen das wichtigste und primäre Kriterium.


Die Rechtswahl des Erblassers

Es sei denn, der Verstorbene hat sein Testament um eine Verfügung ergänzt, in der er das Recht des Staates seiner Staatsangehörigkeit für die Regelung seiner Erbfolge wählt (Rechtswahl des Erblassers). 

Diese könnte z. B. im Testament wie folgt lauten: „Ich entscheide mich für das italienische Recht zur Regelung meiner Erbfolge.“

In diesem Fall wird das vom Erblasser gewählte Recht angewendet.


Einige Besonderheiten des italienischen Erbrechts:


a) Steuermeldung beim Agenzia Entrate

Die verschiedenen Verbindlichkeiten, u. a. die steuerrechtlichen (Abgabe der Erbschaftssteuerklärung), unterliegen dennoch auch dem Recht des Ortes, an dem sich das einzelne Gut befindet (lex rei sitae).

Wenn Sie also eine Immobilie in Italien erben, müssen Sie immer eine Erbschaftssteuererklärung in Italien machen und auch der Katastereintrag bzw. Grundbucheintrag muss in Italien vorgenommen werden, unabhängig davon, welches Recht auf die Erbfolge angewandt wurde.


b) Pflichtteilsanspruch nach itelienischem Erbrecht:

Der Pflichtteilsanspruch in Deutschland ist ein schuldrechtlicher Anspruch, d.h. eine Forderung, die der Pflichtteilsberechtigte gegenüber dem Erben beanspruchen und geltend machen kann. Die Einforderung des Pflichtteils erfordert nicht zwangsläufig eine Klage. Normalerweise ist der Pflichtteil geringer als der entsprechende Pflichtteil in Italien.

In Italien hingegen ist der Pflichtteilsanspruch ein Anspruch auf einen Anteil des Vermögens und dadurch unterscheidet er sich beachtlich von dem im deutschen Recht: Während der pflichtteilsberechtigte Erbe in Italien anstreben kann, einen Teil des Vermögens zu bekommen – also auch eine Immobilie, wenn diese zum Nachlass gehört – hat er in Deutschland bei der Geltendmachung seines Pflichtteils nur den Anspruch auf einen entsprechenden Geldbetrag.


c) Ermittlung der Erbmasse in Italien

Eine Bestandsaufnahme des Vermögens des Verstorbenen kann, soweit das möglich ist, eine hilfreiche Vorarbeit sein, um eine Erbfolge in Italien anzugehen. Auf der Grundlage dieser anfänglichen Ermittlung bzw. Einschätzung kann man die Möglichkeit bewerten, das Erbe anzunehmen oder auszuschlagen.

Es ist außerdem notwendig, so schnell wie möglich alle auf den Verstorbenen laufenden Verträge und Bevollmächtigungen aufzukündigen, um zu vermeiden, dass unnötige Kosten anfallen (z. B. Kündigung von Mietverträgen, Verträgen mit Telefongesellschaften etc.).


c) die Erbschaftsteuererklärung in Italien

Innerhalb eines Jahres nach der Eröffnung des Erbfalls muss bei der italienischen Agenzia delle Entrate (das italienische Finanzamt) die Erbschaftssteuererklärung nebst Katastereintragungsanfrage eingereicht werden, in der Erben, die jeweiligen Anteile und der Wert der Erbgüter angegeben werden müssen. (sog. Dichiarazione di successione e domanda di voltura catastale).

Des Weiteren enthält die Erbschaftssteuerklärungen Angaben dazu, ob nach Testament oder nach Gesetz vererbt wurde. Auf der Grundlage der Erbschaftssteuererklärung berechnet der Staat die zu zahlende Erbschaftssteuer bzw Immobiliensteuer.

Wenn die Erbschaftssteuererklärung nicht fristgerecht eingereicht wird, verhängt die Agenzia delle Entrate Sanktionen


d) Nichtabgabe der Erklärung

Was geschieht, wenn der Erbfall in Deutschland eintritt, aber in Italien nichts unternommen wird? Die Immobilie bleiben im Namen des Erblassers und können nicht verkauft werden.


e) wo müssen die Erbschaftssteuern gezahlt werden?

Der Nachlass des Erblassers wird an dem Ort besteuert, an dem der Erbfall eintritt. Bei grenzüberschreitenden Erbfolgen werden die steuerrechtlichen Fragen auch durch den Staat geregelt, in dem sich die Erbgüter befinden.

Das bedeutet, dass Erbschaftssteuer müssen in Italien gezahlt werden, wenn die Immobilien sich auf italienischem Staatsgebiet befinden.


f) Doppelbesteuerung vermeiden

In einigen Fällen muss man die entsprechenden Steuererklärungen in beiden Ländern einreichen, wenn z.B. der Erblasser in Deutschland verstorben ist, aber Immobilien in Italien besaß. In so einem Fall können aber Anrechnungen und Kompensationsmechanismen angewandt werden. Beispielsweise können in Italien bezahlte Steuern auf in Deutschland zu zahlenden Steuern angerechnet werden.


g) Annahme der Erbschaft in Italien

In Deutschland gilt eine Erbschaft im Unterschied zu Italien automatisch als angenommen, wenn innerhalb eines Zeitraums von sechs Wochen keine gesetzesgemäße Erbschaftsausschlagung vorgenommen wurde. Diese Frist ist länger, wenn der Erbe seinen Wohnsitz im Ausland hat.

In Italien hingegen sieht das italienische Gesetz eine Frist von 10 Jahren vom Zeitpunkt der Eröffnung des Erbfalls vor, um eine Erbschaft anzunehmen oder abzulehnen.

Nach dem Verstreichen dieser Frist kann man eine Erbschaft nicht mehr annehmen. Befinden sich allerdings Erbschaftsgüter bereits im Besitz des Erben, hat dieser nur drei Monate Zeit, das Erbe auszuschlagen oder ein Nachlassinventar („accettazione con beneficio di inventario“) zur Haftungsbegrenzung vorzubereiten, sonst gilt er vollumfänglich als Erbe.

In Italien kann die Annahme einer Erbschaft stillschweigend sein: Das bedeutet, der Erbe verhält sich als Eigentümer und führt Handlungen aus, die über die normale Verwaltung hinausgehen (z. B. Verkauf von Nachlassgegenständen). Man bezeichnet diese Art der Erbschaftsannahme auch als konkludente Annahme (sog. „accettazione tacita dell’eredità“). Wenn man aber z. B. Immobilien aus einer Erbschaft veräußern möchte, muss man die Erbschaftsannahme beurkunden lassen.


Für weitere Fragen bleiben wir Ihnen gerne zur Verfügung: italienischesrecht@gmail.com

Foto(s): https://pixabay.com/it/photos/michelangelo-davide-firenze-1289376/


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