Wann hat die Versicherung sich (fehlerhafte) Versprechungen des Maklers zurechnen zu lassen?

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Es kommt wohl auf das Anlagemodell insgesamt an.

Das OLG Celle hat erneut ein interessantes Urteil (Entscheidung vom 24.05.2012, 8 U 180/11) erlassen, in welchem der 8. Zivilsenat nun, anders als in einem zuvor entschiedenen Fall, entschieden hat, dass eine Zurechnung der Versprechungen des Maklers nicht stattfindet.

Es konnte weder ein institutionelles Zusammenwirken noch ein verbundenes Geschäft festgestellt werden.

Nach der Rechtsprechung (des OLG Celle) ist es nur ausnahmsweise der Fall, dass eine Versicherung sich die Versprechungen eines Maklers zurechnen zu lassen hat. So zitiert der 8. Zivilsenat:

„Ein Makler tritt „in erster Linie" als Vertreter bzw. Sachwalter des Versicherungsnehmers auf, der die Interessen seines Kunden wahrzunehmen hat (vgl. BGH, NVersZ 2000, 124, zitiert nach juris, Rdnrn. 12 ff.; Schimikowski, Versicherungsvertragsrecht, 4. Aufl. 2009, Rdnr. 141). Er wird deshalb grundsätzlich nicht in Erfüllung der Verbindlichkeiten des Versicherers tätig.

Die selbständige Stellung des Maklers steht seiner Einordnung als Erfüllungshilfe nur dann nicht grundsätzlich entgegen, wenn er nicht auf reine Maklerdienste beschränkt, sondern mit Wissen und Wollen einer der späteren Vertragsparteien (hier der Beklagten) Aufgaben übernimmt, die typischerweise ihr obliegen und damit in deren Pflichtenkreis tätig wird. Dann ist er zugleich als Hilfsperson zu betrachten (BGH, WM 1996, 315, 316). Wann eine solche Einschätzung gerechtfertigt ist, lässt sich nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nur aufgrund einer die Interessen beider Parteien wertenden Betrachtung der Einzelfallumstände entscheiden (BGH, a. a. O.; NJW-RR 1997, 116, zitiert nach juris, Rdnr. 8). Maßgeblich ist dabei nicht, ob dem Makler für den Vertrag Vertretungsmacht eingeräumt ist (BGH, a. a. O.) oder auch, ob er Formulare des Versicherers benutzt hat (BGH, NVersZ 2000, 124, für die Wissenszurechnung des Maklers). Entgegen der Auffassung der Klägerin genügt es auch nicht, dass die Beklagte ihre Anlageprodukte ausschließlich über selbständige Makler und ohne eigenen Vertrieb verkauft. Maßgeblich ist, welchen Umfang die Aufgabenerfüllung für diese hatte, sie beispielsweise die gesamte Geschäftsführung aus dem Versicherungsvertrag und Entwicklung und Verhandlungen der Verträge bzw. Geschäftsmodelle bis zur Unterschriftsreife eigenständig übernimmt. Dafür reicht es noch nicht, dass der Vermittler das Produkt der Beklagten unter Zugrundelegung und Verwendung deren Informationsmaterial anbietet und im Hinblick auf das Kapitalanlagemodell in sog. „Pools" dieses Produkt auch zusätzlichen Erläuterungs- bzw. Aufklärungsbedarf aufweist. Gerade darin besteht die klassische Tätigkeit eines Maklers durch Aufzeigen und Vergleichen unterschiedlicher Möglichkeiten und Modelle."

In der vorangegangenen Entscheidung vom 1.12.2011 hatte der Senat des OLG Celle, unter dem A.z. 8 U 50/11, für ein „EuroPlan-Verfahren" die Zurechnung des Handelns des Maklers an die beklagte Versicherungsgesellschaft bejaht.

Die dortigen Argumente lassen sich aber nach Aussage des 6. Zivilsenates nicht auf die „SKR" übertragen.

Der Kläger hatte in dem nun am 24.05.12 entschiedenen Fall die Auffassung vertreten, bei Abschluss der Anlage, die sich als stark verlustbringend erwiesen hatte und als Altersvorsorge gescheitert sei, falsch beraten und getäuscht worden zu sein. Die Grundannahmen des Anlagemodells seien falsch. Eine Pflicht zur Richtigstellung habe auch die Beklagte gehabt. Namentlich die Angaben zur durchschnittlichen Vergangenheitsrendite von 12 % und zur erzielbaren Rendite von 8,5 % seien unrichtig gewesen.

Diese Aussage konnte aber der beklagten Versicherungsgesellschaft nicht zugerechnet werden. Das OLG Celle führt in seiner Begründung aus:

Die Besonderheit der Sache 8 U 50/11 bestand darin, dass dort die X. & Y. ... GmbH nicht ausschließlich die Kapitallebensversicherung der Beklagten zu 1 vermittelt hatte. In dem Anlagemodell EuroPlan war die kapitalbildende Lebensversicherung der Beklagten ein - unselbständiger - Baustein. Der Senat hat dort ausgeführt, dass es dem Versicherer gleich sein könne, wer sein vorgefertigtes Versicherungsprodukt, das auch der Makler nicht verändern könne, vertreibe. Darum gehe es aber beim EuroPlan nicht.

Die Lebensversicherung sei in Gestalt des EuroPlan in weitere Bausteine eingebunden, die hinsichtlich des letztlich erstrebten Ertrags einander bedingten. Die Erträge der Lebensversicherung aber mussten im Rahmen des EuroPlan sehr hoch sein, um mit diesen die Zinslast tragen zu können.

An dieser Funktion oder einer nur vergleichbaren Funktion der Lebensversicherung in der SKR fehlt es hier vollständig. Irgendwelche Auszahlungen aus der Lebensversicherung mit der Gefahr des Kapitalverlustes fehlen bei der SKR. Die Lebensversicherung war im Anlagemodell auch gar nicht als solche bezeichnet. Weder musste es eine Lebensversicherung der Beklagten noch überhaupt eine Lebensversicherung sein, um diesen austauschbaren Baustein „Tilgungskomponente" auszufüllen.

Ferner wurde die abweisende Entscheidung des OLG auch mit Rechtsprechung aus der Vergangenheit begründet. So führte das OLG Celle aus:

Der Senat hat bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass das SKR-Konzept ohnehin älter ist als die Einbindung der Beklagten, mag diese Einbindung nach dem Vortrag des Klägers auch bis in die Jahre 1997/1998 zurückreichen. Den zeitlichen Vorrang der SKR belegen auch unter juris abrufbare Veröffentlichungen insbesondere zu steuerrechtlichen Aspekten der SKR, die aus einer Zeit stammen, als die Beklagte noch gar nicht auf dem deutschen Markt tätig war (s. a. den Sachverhalt, der dem Urteil des BGH vom 19. Februar 2008, XI ZR 23/07, zugrunde lag). Dass die Beklagte vom Konzept Kenntnis hatte, kann ohne Weiteres unterstellt werden. Unter den bei juris abrufbaren Veröffentlichungen aus den neunziger Jahren sind auch mehrere Veröffentlichungen zum Konzept insbesondere aus steuerrechtlicher Sicht enthalten. Ein Geheimnis war das Konzept in keiner Weise. Dass die Beklagte das Konzept selbst prüfte und es nutzen wollte, um in Deutschland Geschäfte zu generieren und zu diesem Zweck dem Vertrieb auch Daten zur Verfügung stellte, ist ebenfalls keine Grundlage für eine - ausnahmsweise - Zurechnung des Handelns von Maklern. Nichts anderes gilt für Kontakte zwischen der Beklagten und dem Initiator S., zumal ungeachtet der "Einbindung" der Beklagten auch weiterhin die SKR mit anderen Versicherern vertrieben wurde. Besondere Umstände, die es rechtfertigten, den Vertrieb nicht mehr dem Lager der - späteren - Versicherungsnehmer zuzurechnen und ihn als Hilfsperson der Beklagten anzusehen, sind nicht ersichtlich.

In dem Sachverhalt, der dem Urteil in 8 U 50/11 zugrunde lag, bestand eine Besonderheit weiter darin, dass der Beklagten gegenüber ein Versicherungsantrag mit dem „Versicherungsgrund" EuroPlan gestellt worden war; dies wusste sie mit dem entsprechenden Hinweis in dem Versicherungsantrag des dortigen Klägers. Vorliegend aber fehlt ein entsprechender Hinweis in dem Antragsformular für die Lebensversicherung; die Rubrik „Versicherungsgrund" ist leer geblieben (Anlage K 1.1, Seite 1). Es mag sein, dass die Beklagte von der Finanzierung der Lebensversicherung wusste, ihr mithin bekannt war, dass der zu erbringende Einmalbetrag finanziert war, doch hätte sich allein daraus noch keine Kenntnis über die Einzelheiten des Anlagemodells ergeben.

Dies bedeutet, dass die SKR im Bereich der Sachverhalte anzusiedeln ist, in denen es um den bloßen Vertrieb der Lebensversicherung ging. Ein solcher Sachverhalt lag dem Senatsurteil vom 31. März 2011 in der Sache 8 U 166/10 zugrunde. Es heißt dort u. a.

„Ein Makler tritt „in erster Linie" als Vertreter bzw. Sachwalter des Versicherungsnehmers auf, der die Interessen seines Kunden wahrzunehmen hat (vgl. BGH, NVersZ 2000, 124, zitiert nach juris, Rdnrn. 12 ff.; Schimikowski, Versicherungsvertragsrecht, 4. Aufl. 2009, Rdnr. 141). Er wird deshalb grundsätzlich nicht in Erfüllung der Verbindlichkeiten des Versicherers tätig.

Die selbständige Stellung des Maklers steht seiner Einordnung als Erfüllungshilfe nur dann nicht grundsätzlich entgegen, wenn er nicht auf reine Maklerdienste beschränkt, sondern mit Wissen und Wollen einer der späteren Vertragsparteien (hier der Beklagten) Aufgaben übernimmt, die typischerweise ihr obliegen und damit in deren Pflichtenkreis tätig wird. Dann ist er zugleich als Hilfsperson zu betrachten (BGH, WM 1996, 315, 316). Wann eine solche Einschätzung gerechtfertigt ist, lässt sich nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nur aufgrund einer die Interessen beider Parteien wertenden Betrachtung der Einzelfallumstände entscheiden (BGH, a. a. O.; NJW-RR 1997, 116, zitiert nach juris, Rdnr. 8). Maßgeblich ist dabei nicht, ob dem Makler für den Vertrag Vertretungsmacht eingeräumt ist (BGH, a. a. O.) oder auch, ob er Formulare des Versicherers benutzt hat (BGH, NVersZ 2000, 124, für die Wissenszurechnung des Maklers). Entgegen der Auffassung der Klägerin genügt es auch nicht, dass die Beklagte ihre Anlageprodukte ausschließlich über selbständige Makler und ohne eigenen Vertrieb verkauft. Maßgeblich ist, welchen Umfang die Aufgabenerfüllung für diese hatte, sie beispielsweise die gesamte Geschäftsführung aus dem Versicherungsvertrag und Entwicklung und Verhandlungen der Verträge bzw. Geschäftsmodelle bis zur Unterschriftsreife eigenständig übernimmt. Dafür reicht es noch nicht, dass der Vermittler das Produkt der Beklagten unter Zugrundelegung und Verwendung deren Informationsmaterial anbietet und im Hinblick auf das Kapitalanlagemodell in sog. „Pools" dieses Produkt auch zusätzlichen Erläuterungs- bzw. Aufklärungsbedarf aufweist. Gerade darin besteht die klassische Tätigkeit eines Maklers durch Aufzeigen und Vergleichen unterschiedlicher Möglichkeiten und Modelle."

Daran hält der Senat auch für vorliegenden Sachverhalt einer SKR, in dem die Lebensversicherung der Beklagten nur einen fast beliebig austauschbaren Baustein darstellt, fest.

Der Kläger kann sich von vornherein auch nicht auf ein institutionelles Zusammenwirken zwischen der S.-G. und der Beklagten beziehen.

„Im Interesse der Effektivierung des Verbraucherschutzes bei realkreditfinanzierten Wohnungskäufen und Immobilienfondsbeteiligungen, die nicht als verbundene Geschäfte behandelt werden können" hat der BGH im Jahr 2006 das Institut des institutionalisierten Zusammenwirkens begründet. In Fällen eines institutionalisierten Zusammenwirkens der kreditgebenden Bank mit dem Verkäufer oder Vertreiber einer finanzierten Anlage können sich die Anleger unter erleichterten Voraussetzungen mit Erfolg auf einen die Aufklärungspflicht auslösenden konkreten Wissensvorsprung der finanzierenden Bank im Zusammenhang mit einer arglistigen Täuschung des Anlegers durch unrichtige Angaben der Vermittler, Verkäufer oder Fondsinitiatoren bzw. des Fondsprospekts über das Anlageobjekt berufen.

Damit ist ein eigenständiger Zurechnungstatbestand geschaffen, von dem nicht nur nicht ersichtlich ist, dass seine Voraussetzungen hier vorlägen oder er entsprechend Anwendung finden könnte, sondern der auch nicht dazu führen kann, dass die bislang grundsätzlich angenommene fehlende Zurechnungsmöglichkeit des Maklerhandelns auf diesem Weg unterlaufen werden könnte.

Ein verbundenes Geschäft liegt nicht vor.

§ 9 Abs. 1 VerbrKrG in der ab 1. Oktober 2000 gültigen Fassung bestimmte, dass ein Kaufvertrag ein mit dem Kreditvertrag verbundenes Geschäft bildet, wenn der Kredit der Finanzierung des Kaufpreises dient und beide Verträge als wirtschaftliche Einheit anzusehen sind. Eine wirtschaftliche Einheit ist danach insbesondere anzunehmen, wenn der Kreditgeber sich bei der Vorbereitung oder dem Abschluss des Kreditvertrags der Mitwirkung des Verkäufers bedient. § 9 Abs. 4 VerbrKrG erweiterte den Anwendungsbereich dahingehend, dass die Absätze 1 bis 3 entsprechend für Kredite gelten, die zur Finanzierung des Entgelts für eine andere Leistung als die Lieferung einer Sache gewährt werden. Was damit gemeint ist, ist in manchen Bereichen strittig geblieben. Gedacht war wohl v. a. an andere Arten von Erwerbsverträgen wie den Werklieferungsvertrag. Keinesfalls reicht allein der Umstand aus, dass das Darlehen zum Zweck der Finanzierung eines anderen Vertrages gewährt wird. Zwar "passt" hier der Kreditzweck, weil der Kläger über das Geld nicht frei verfügen konnte. Auch die wirtschaftliche Einheit dürfte vorliegen. Das Verbundgeschäft setzt eine "Nähebeziehung" voraus; gefordert wird eine zumindest faktisch planmäßige und arbeitsteilige Zusammenarbeit (BGH, WM 2007, 1456, 1458). Aber die Finanzierung der Lebensversicherung, mag es sich dabei wegen der Einmalzahlung um eine ungewöhnliche, an Rente erinnernde Art der Lebensversicherung handeln, ist kein Erwerbsgeschäft. Zwar findet sich nunmehr in § 358 BGB eine deutlich erweiterte Begriffsbestimmung dessen, was ein verbundenes Geschäft sein kann, weil mit einem Verbraucherdarlehensvertrag nicht nur ein Vertrag über die Lieferung einer Ware verbunden sein kann, sondern auch ein Vertrag über die Erbringung einer anderen Leistung, so dass etwa ein Darlehen mit einer Restschuldversicherung verbunden sein kann (OLG Celle, WM 2011, 456, m. w. N.), doch gilt dies für das Verbraucherkreditgesetz, in Kraft bis 31. Dezember 2001, gerade noch nicht.

Schließlich ist der Senat in dem genannten Urteil 8 U 120/11 davon ausgegangen, dass eigene Pflichtverletzungen der Beklagten nicht ersichtlich sind. Auch daran ist ungeachtet bestehender Unterschiede im Sachverhalt für vorliegenden Fall festzuhalten.

a) Zusicherungen hat es ausweislich der Unterlagen auch vorliegend nicht gegeben. Im Anlagenkonvolut K 4 wird mit unterschiedlichen Renditen gearbeitet. Die Verzinsung ist gegenüber früheren Anlagen, wie sie dem Senat bekannt geworden sind, bereits reduziert worden, nämlich von 8,5 % auf 7,25 %. Vor allem aber wird in den vom Kläger selbst vorgelegten Unterlagen unter „Finanzierungsstand nach Ablauf der Gesamtfinanzierungsdauer" auch darauf hingewiesen, und zwar deutlicherkennbar, dass im Falle einer Verzinsung von nur 5 % sich eine - auch bezifferte - Unterdeckung ergäbe. Welchen Sinn sollen die Alternativberechnungen gehabt haben, wenn nicht den impliziten Hinweis auf die - ohnehin naheliegende wenn nicht sogar selbstverständliche - Unsicherheit über die Möglichkeit zukünftiger Wertentwicklungen einer Anlage? Es war klar, dass sinkende Renditen an den Aktien- bzw. sonstigen Kapitalmärkten das Modell SKR zum Scheitern bringen konnten, wenn die Erträge unter den Zinsverpflichtungen zurückblieben. Dann kann, was ebenfalls keiner außergewöhnlichen Kenntnisse bedarf, auch das eingesetzte Kapital nicht mehr völlig sicher sein, denn woraus sollen bei fehlenden Renditen Erträge erwirtschaftet werden? Für den Kläger kann hier nichts anderes gelten. In Sachen „Anlagegeschäfte" war er jedenfalls nicht völlig unerfahren. Nach seinen eigenen Angaben in seiner Anhörung vor dem Senat hat er selbst geschildert, wie er den „Niedergang" seiner Ende der neunziger Jahre erworbenen Aktien verfolgt habe, die er dann mit deutlichem Verlust nach zwei bis drei Jahren für 14 € je Aktie verkauft habe.

b) Der wesentliche Unterschied im Sachverhalt liegt darin, dass die Beteiligung des Klägers aus dem letzten Quartal des Jahres 2001 datiert. In der Sache 8 U 120/11 hatte die Beteiligung noch im Jahr 1999 stattgefunden, mithin insbesondere vor dem Ende der über Jahre andauernden Börsenhausse, die bis Anfang März 2000 andauerte. Aus einschlägigen, allgemein zugänglichen Charts lässt sich dabei ersehen, dass sich mit Aktien, in die die Beklagte nach ihren eigenen Angaben besonders stark investiert war, in der zweiten Hälfte der 90er Jahre hohe Erträge erzielen ließen. Allein der englische FTSE 100 hatte seinen Wert in der zweiten Hälfte der neunziger Jahre ungefähr verdoppelt. Nach März 2000 aber fielen die Aktienkurse über einen längeren Zeitraum deutlich. Die Frage, die sich stellt und die der Senat in der mündlichen Verhandlung auch mit den Parteien erörtert hat, ist, ob die Beklagte ungeachtet dieser stark veränderten Rahmenbedingungen für den Erfolg ihrer Lebensversicherung weiter zulassen durfte, dass ihre Master-Distributoren oder sonstige Vermittler mit nicht mehr aktuellen Zahlen der Beklagten Anlagemodelle unter Einbeziehung einer Lebensversicherung der Beklagten entwarfen.

Letztlich lässt sich an sich wiederum der „Aufhänger" der „Produktbeobachtungspflicht" heranziehen. Dazu heißt es bereits im Senatsurteil vom 12. Januar 2012, 8 U 128/11:

„Denken lässt sich auch noch an eine eigene Pflichtverletzung der Beklagten, wenn man die aus dem Bereich der Produkthaftung stammende Idee der Produktbeobachtungspflicht fruchtbar macht. Eine Pflicht zur Produktbeobachtung hat der BGH nicht nur dem Produkthersteller bezüglich seiner eigenen Produkte auferlegt. Eine solche Pflicht kann einen Hersteller auch treffen, um rechtzeitig Gefahren, die aus der Kombinierung seines Produkts mit anderen, nicht von ihm stammenden Produkten entstehen können, aufzudecken und diese zu steuern (BGH, NJW 1987, 1009, "Gold Wing"). Auch wenn zwischen Gefahren für Leib und Leben einerseits und Sachen andererseits differenziert werden muss, kann bezüglich der eigenen Produkte die Pflicht des Herstellers zur Produktbeobachtung nicht auf solche beschränkt werden, bei denen begründeter Anlass zu der Annahme besteht, dass sie Gefahren für die in § 823 Abs. 1 BGB erwähnten Rechtsgüter herbeiführen (ebenda). Das genannte Urteil hat dabei auch gezeigt, dass Voraussetzung der Produktbeobachtungspflicht nicht einmal irgendeine Art der Zusammenarbeit mit den Herstellern anderer Produkte ist. Der Senat sieht vorliegend aber keine Veranlassung zu einer Vertiefung und Entscheidung dieser Frage."

Die Beklagte selbst hat sich zu den Vergangenheitsrenditen dahingehend eingelassen, dass diese, bezogen auf „W." und die Jahre 1995 bis 2000, „außergewöhnlich gut" gewesen seien (Bl. 72). „Gewöhnlich" war somit eine niedrigere Rendite. „Erst recht" konnte sie dann möglicherweise selbst nicht davon ausgehen, dass es immer so weiter gehen würde. Damit ist aber noch nichts darüber gesagt, ob sie allein deswegen von sich aus gegenüber dem Vertrieb oder unmittelbar gegenüber den Versicherungsnehmern tätig werden musste.

Die Frage nach den Pflichten der Beklagten kann dabei freilich nicht für alle Sachverhaltsgestaltungen einheitlich ausfallen. Dem Umstand, dass die Lebensversicherung im Rahmen der SKR nur ein beliebiger, frei austauschbarer Baustein war, hat dabei durchaus Bedeutung in dem Sinne, dass man für diesen Fall auch von reduzierten Pflichten bis hin zur an sich bestehenden Beobachtungspflicht auszugehen hat und dann für die SKR eine solche Pflicht letztlich doch zu verneinen ist. Entscheidend für die Bestimmung der Pflichten der Beklagten ist es insbesondere, dass aus der als bloße Tilgungskomponente funktionierenden Lebensversicherung der Beklagten keine laufenden Leistungen zu erbringen waren. Die Zinszahlungen wurden aus der Rentenversicherung bestritten. Es bestand lediglich die Gefahr, dass die Erträge des Modells SKR niedriger waren als die Zinskosten. Das aber ist nur das allgemeine Risiko eines jeden finanzierten Anlagegeschäfts und ist nicht vergleichbar mit der Frage des „Abschmelzens" als - möglichem - Strukturfehler des EuroPlan. Eine Pflicht der Beklagten, gegenüber dem Vertrieb, der aber ohnehin - sei es auf Einwirkung der Beklagten hin, sei es aus eigenem Antrieb - die Renditeziele deutlich gesenkt hatte, einzuschreiten und auf eine - weitere - Absenkung der Renditeerwartungen hinzuwirken, sieht der Senat für vorliegenden Sachverhalt, mithin für das Jahr 2001, (noch) nicht.

Für den Hilfsantrag des Klägers (Zahlung der Ablaufleistung bei Fälligkeit) käme es auf eine entsprechende Verpflichtung der Beklagten an. Diese ist nicht ersichtlich. Eine Garantie auf Leistung eines bestimmten Betrages bei Ablauf geben auch deutsche Versicherer nicht (wie sollte das auch möglich sein?) und konnte auch vom Kläger nicht erwartet werden, zumal dieser nach seinen eigenen Angaben gegenüber dem Senat bereits vor dem Abschluss des hier in Rede stehenden Anlagegeschäfts mehrere Lebensversicherungsverträge bei deutschen Versicherern abgeschlossen hatte.

MJH Rechtsanwälte, Herr Martin J. Haas meint: Die Sachwalterhaftung des Versicherungsmaklers selbst sollte stets vordergründig geprüft, das Anlagemodell analysiert werden. Versicherungen waren häufig schon unglückliche Komponenten in Finanzierungsgeschäften. Einzig einige britische Lebensversicherung derzeit auf die prognostitizierten Ablaufleistungen im Versicherung selbst erfolgreich auf Zahlung in Anspruch genommen werden können. Freilich auch ggf. Versicherungen beim EuroPlan, soweit nicht bereits Verjährung zu befürchten ist.


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