Wann ist ein Wirkstoffgutachten notwendig?

  • 2 Minuten Lesezeit

Grundsätzlich muss ein Urteil in BTM-Strafsachen Feststellungen hinsichtlich der Menge und des Wirkstoffgehaltes enthalten, andernfalls leidet es an einem erheblichen Mangel. Dies entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes. 

Somit müsste eigentlich jedes von der Polizei beschlagnahmte Betäubungsmittel von den Landeskriminalämtern im Labor auf den jeweiligen Wirkstoffanteil untersucht werden. Abgesehen davon, dass die Kosten dieser Gutachten bei einer Verurteilung von dem Verurteilten zu tragen sind und damit die Kosten erhöhen, stellt sich die Frage, ob ein Gutachten dem Beschuldigten überhaupt nützt. 

Einige Staatsanwaltschaften (z. B. in Bayern) verzichten bei kleinen Mengen häufig auf die Einholung solcher Gutachten. Dies führt dann zu geringeren Kosten und zu einer Beschleunigung des Verfahrens. Bei Nicht-Einholung eines Wirkstoffgutachtens wird der Wirkstoffgehalt sehr vorsichtig geschätzt. Die Erfahrung aus unzähligen Verfahren zeigt, dass häufig die im Labor ermittelten die vorher geschätzten Werte eher übersteigen. 

Es gibt jedoch verschiedene Gründe, auf die Einholung des Gutachtens zu bestehen. So verzögert die Einholung des Gutachtens das Verfahren um Monate oder auch Jahre. Gegenwärtig benötigt z. B. das Landeskriminalamt Brandenburg für die Erstellung der Gutachten (außer in Haftsachen) häufig über zwei Jahre. Die Verzögerung des Verfahrens kann Vorteile aber auch Nachteile haben. Ob für den Beschuldigten eine Verzögerung oder eine Beschleunigung des Verfahrens vorteilhaft ist, sollte mit dem Strafverteidiger individuell besprochen werden. 

Wenn eine Beschleunigung des Verfahrens im Einzelfall sinnvoll ist, sollte in den Bundesländern, wo die Staatsanwaltschaften die Gutachten fast immer einholen, zügig eine Einlassung abgegeben werden, was die beschlagnahmte Substanz enthält und auf die Einholung des Gutachtens ausdrücklich verzichtet werden.

Das wichtigste Argument auf ein Gutachten zu bestehen, ist natürlich, dass kein strafbares Betäubungsmittel enthalten ist. Es gibt immer mehr Konsumenten, welche legales CBD-Cannabis konsumieren. Dies kann die Polizei zunächst aber nicht von THC-haltigem Cannabis unterscheiden. Auch verschiedene verschreibungspflichtige Medikamente sind von der Polizei nur schwer von strafbaren Betäubungsmitteln zu trennen. 

Sobald jedoch die Möglichkeit besteht, dass die beschlagnahmte Substanz so viel Wirkstoff enthält, dass ein Verbrechen mit einer Mindeststrafe von einem Jahr in Betracht kommt, wird die Polizei beziehungsweise die Staatsanwaltschaft ein Gutachten immer in Auftrag geben. 

Ulli H. Boldt

Rechtsanwalt 


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Ulli Herbert Boldt