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Wann kann ich eine Aufhebungsvereinbarung erfolgreich anfechten?

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Mit dieser Thematik befasst sich ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 23. November 2020.

LAG Hamm Urt. v. 23.11.2020 – 1 Sa 1878/19, BeckRS 2020, 32421

Über folgenden Sachverhalt hatte das Gericht zu entscheiden:

Der Kläger, der als Teamleiter bei dem Arbeitgeber tätig ist, unterschrieb im Mai 2019 eine Aufhebungsvereinbarung, wonach das Arbeitsverhältnis zu Ende Dezember 2019 beendet wird und der Kläger im Anschluss freigestellt wird. Vor dem Abschluss dieser Vereinbarung war folgendes passiert. Ein anderer Mitarbeiter, der mit dem Kläger befreundet ist, hatte einen Beschwerdebrief über einen anderen Teamleiter verfasst und dem anderen Teamleiter unter anderem Mobbing vorgeworfen. Da er an einer Rechtschreibschwäche leidet, bat er den Kläger, diesen Brief zu prüfen und zu korrigieren. Dies tat der Kläger und speicherte diesen Brief auf dem firmeninternen Server der Beklagten unter einem für ihn eingerichteten Ordner unter dem Unterordner privat ab. Auf diesen Ordner haben auch weitere Mitarbeiter und Teamleiter Zugriff. Nachdem der Brief „entdeckt“ worden war, wurde der Kläger zu einem Personalgespräch gebeten. Dem Kläger wurde in diesem Gespräch vorgeworfen, unkollegial zu sein, weil er auf seinem dienstlichen Laufwerk ein Dokument Vorhalte, dass sich mit einem anderen Mitarbeiter/Teamleiter befasse und welches Mobbing Vorwürfe gegenüber einer anderen Führungskraft enthalte. Aus diesem Grunde sei der Kläger als Führungskraft nicht mehr haltbar und aus diesem Grunde müsse das Arbeitsverhältnis aufgelöst werden. Dem Kläger wurde von dem Personalleiter mitgeteilt, dass es insoweit zwei Möglichkeiten gebe. Entweder würde das Arbeitsverhältnis durch den Ausspruch einer fristgerechten verhaltensbedingten Kündigung beendet oder der Kläger entscheide sich, einen Aufhebungsvertrag zu unterzeichnen. Während einer Unterbrechung des Gesprächs fertigte der Personalleiter den Aufhebungsvertrag an. Der Kläger unterschrieb den Aufhebungsvertrag und erklärte einige Tage später die Anfechtung der getroffenen Vereinbarung. Der Kläger vertritt die Auffassung, er sei zu dem Abschluss der Aufhebungsvereinbarung durch eine widerrechtliche Drohung gezwungen worden. Aus diesem Grunde sei die Vereinbarung unwirksam und das Arbeitsverhältnis bestehe fort. Die Arbeitgeberin steht auf dem Standpunkt, die Aufhebungsvereinbarung sei wirksam. Das Verhalten des Klägers stelle eine schwere Pflichtverletzung und einen groben Vertrauensbruch dar und sei unkollegial gegenüber den anderen Teamleiter, insbesondere gegenüber dem Teamleiter, auf den sich die Vorwürfe beziehen.

Die Gerichte haben folgendes entschieden:

Die Gerichte haben im Ergebnis dem Kläger Recht gegeben und entschieden, dass die Aufhebungsvereinbarung unwirksam ist. Juristisch handelt es sich insoweit um die Anfechtung einer Willenserklärung. Eine Willenserklärung kann dann erfolgreich angefochten werden, wenn der Erklärende zu ihrer Abgabe widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist. Eine Drohung wird juristisch definiert als das in Aussicht stellen eines zukünftigen empfindlichen Übels, auf dessen Verwirklichung der Drohende Einfluss zu haben vorgibt. Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass die Ankündigung einer ordentlichen verhaltensbedingten Kündigung unter bestimmten Voraussetzungen ein solches empfindliches Übel und damit eine Drohung darstellt. Maßgebliche Voraussetzung ist, dass die Drohung auch widerrechtlich ist. Widerrechtlich ist sie dann, wenn ein verständiger Arbeitgeber in der konkreten Situation den Ausspruch einer Kündigung nicht ernsthaft in Erwägung gezogen hätte. Aus diesem Grunde haben die Gerichte in diesem Fall geprüft, ob der Arbeitgeber in dieser Situation dem Kläger hätte wirksam kündigen können. Dies ist nach Einschätzung der Gerichte nicht der Fall. Die Gerichte haben insoweit insbesondere berücksichtigt, dass der Kläger die Datei mit dem von ihm überprüften Schreiben und den Mobbingvorwürfen auf dem Unterordner privat abgespeichert hat. Dies berücksichtigen die Gerichte zu Gunsten des Klägers und werten das Verhalten des Klägers daher als eine „nur“ fahrlässige Nebenpflichtverletzung. Ohne vorherige Abmahnung sei aus diesem Grunde eine verhaltensbedingte Kündigung gegenüber dem Kläger rechtsunwirksam gewesen. Daher ist die Drohung hier im Ergebnis widerrechtlich. Die widerrechtliche Drohung war auch ursächlich für den Abschluss der Aufhebungsvereinbarung. Im Ergebnis ist die Vereinbarung daher unwirksam und das Arbeitsverhältnis besteht fort.

Fazit:

Eine Aufhebungsvereinbarung kann immer dann unwirksam sein, wenn der Arbeitnehmer durch eine widerrechtliche Drohung sich gezwungen fühlte, diese abzuschließen d.h. eine entsprechende Willenserklärung abzugeben. Die Ankündigung einer verhaltensbedingten Kündigung kann eine solche widerrechtliche Drohung darstellen. Dies setzt allerdings voraus, dass der Arbeitgeber annehmen musste, dass eine solche Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit hoher Wahrscheinlichkeit einer Prüfung nicht standhalten wird. Wenn ein Arbeitnehmer mit einer solchen Situation konfrontiert wird, ist er gut beraten, einen Rechtsanwalt aufzusuchen und die Wirksamkeit prüfen zu lassen.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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