Was kann ich machen, wenn der andere Elternteil sich nicht an eine Umgangsregelung hält?

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1. Einleitung

Meinungen ändern sich manchmal im Laufe der Zeit. So kommt es mitunter vor, dass beide Eltern sich zunächst über eine Umgangsregelung – also bestimmte Besuchszeiten, zu welchen ein Elternteil trotz der grundsätzlichen Betreuung durch den anderen Elternteil, die gemeinsamen Kinder zu sich nehmen darf – einigen, sich jedoch nach einiger Zeit hieran nicht mehr halten möchten. Dabei ist es auch gleichgültig, welche Seite sich dann eine andere Handhabung wünscht. Es sind hier sowohl Konstellationen möglich, in welchen der eine Elternteil die Kinder gerne zu sich nehmen würde, was jedoch der andere Elternteil ablehnt. Aber auch die Konstellation, dass ein Elternteil gerne hätte, dass der andere die Kinder zeitweise übernimmt, dieser Elternteil jedoch nicht möchte, sind denkbar.

In beiden Konstellationen stellt sich aber die Frage: Was mache ich, wenn sich ein Elternteil gegen eine bereits getroffene Umgangsregelung sträubt? Oder auch: gibt es Möglichkeiten zur zwangsweisen Durchsetzung einer Umgangsregelung?
Dabei kann dieser Beitrag unmöglich auf alle erdenklichen Besonderheiten in denkbaren Einzelfällen eingehen und erhebt daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Insbesondere ersetzt dieser Beitrag in Zweifelsfällen keinesfalls das Aufsuchen eines Rechtsanwalts, um eine umfassende Rechtsberatung zu erhalten.


2. Die vollstreckbaren Titel

Das Gesetz sieht für die Durchsetzung von Titel gegen den Willen des Verpflichteten – also die zwangsweise Durchsetzung – die sogenannte Zwangsvollstreckung vor. Wie der Name vermuten lässt, geht diese mittels Zwangs, also ohne oder sogar gegen den Willen des Verpflichteten, vor.
Es stellt sich hier aber zuvor die Frage, was ist ein Titel bzw. wann ist einer solcher Titel mittels Zwangsvollstreckung durchsetzbar.


In Sachen Umgang mit einem Kind gibt es nämlich einen gravierenden Einschnitt hinsichtlich der zwangsweisen Durchsetzung von Titeln. Denn es gibt zwar mehre Wege, wie eine Umgangsregelung getroffen werden kann. Nicht alle Umgangsregelungen sind aber zwangsweise durchsetzbar – oder vollstreckbar, wie es im Juristendeutsch heißt.


So ist es etwa möglich eine Regelung zum Umgang allein zwischen den Eltern schriftlich oder mündlich zu treffen, auch kann eine Umgangsregelung mit Hilfe des Jugendamtes erarbeitet werden oder etwa das zuständige Familiengericht regelt auf Antrag den Umgang selbst.


Hinsichtlich der Art und Weise, wie eine Umgangsregelung getroffen wird, ist aber Vorsicht geboten, da nur gerichtliche Entscheidungen oder gerichtlich gebilligte Umgangsvereinbarungen zwischen den Eltern vollstreckbar sind. Um eine unter Umständen gegen den Willen eines Elternteils durchsetzbare Umgangsvereinbarung zu erhalten, bedarf es daher in jeden Fall der Beteiligung des zuständigen Familiengerichts.


Denn nur gerichtliche Umgangsentscheidungen oder zwischen den Eltern ausgehandelte Umgangsregelungen, welche anschließend vom zuständigen Familiengericht gebilligt wurden, können zwangsweise vollstreckt werden. Der Grund für diese Einschränkung liegt darin, dass so sichergestellt werden kann, dass eine wie auch immer geartete Umgangsreglung nicht gegen das Kindeswohl verstößt, also gerade nicht schlecht für das Kind ist, wobei die Entscheidungskompetenz über die Kindeswohlverträglichkeit einzig beim zuständigen Familiengericht liegt.


3. Die Vollstreckung vollstreckbarer Umgangstitel

Aus diesem Umstand – nämlich, dass eine Umgangsregelung niemals dem Kindeswohl zuwiderlaufen darf – folgen auch die Möglichkeiten, die zur zwangsweisen Vollstreckung einer Umgangsreglung ergriffen werden können.


3.1. Die sogenannten Ordnungsmittel

Das Gesetz sieht zunächst zur Vollstreckung von Umgangstiteln in § 89 Abs. 1 FamFG die sogenannten Ordnungsmittel vor. Danach kann gegen denjenigen, der in dem Titel verpflichtet wurde, ein Ordnungsgeld oder Ordnungshaft verhängt werden.


Dabei verfolgen diese Ordnungsmittel den Zweck, durch ein finanzielles Übel bzw. Haft den unwilligen Elternteil zur Befolgung des Umgangstitels zu bewegen. Das Gericht kann hier ein Ordnungsgeld bis zu 25.000 € oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten verhängen. Hierbei sei jedoch darauf hingewiesen, dass das Ordnungsgeld nicht an den anderen Elternteil, sondern an die Staatskasse zu zahlen ist. Das Ordnungsgeld dient daher nicht als Einnahmequelle.


Dem zuständigen Familiengericht steht bei der Verhängung der Ordnungsmittel zudem ein gewisser Spielraum, insbesondere bei der Höhe des Ordnungsgeldes oder der Länger der Ordnungshaft zu. Ordnungsmittel sollen nämlich sachgerecht sein und den Betroffenen nicht über Maß beeinträchtigen; sie verfolgen aber auch zu einem gewissen Grad einen Sanktionscharakter. 


Es ist daher auch möglich, mehrere Ordnungsgelder hintereinander zu verhängen, wenn dies erfolgversprechend erscheint. Dabei wird das Gericht in aller Regel die Höhe von Mal zu Mal steigern.
Außerdem dürfen Ordnungsmittel nach § 89 Abs. 4 S. 1 FamFG nicht angeordnet werden, wenn der Betroffene die Missachtung des Umgangstitels nicht zu vertreten hat.


Durch die Ordnungsmittel soll also mit anderen Worten Einsicht bei dem unwilligen Elternteil erzwungen werden. Doch was tun, wenn sich die erhoffte Vernunft auch nach den Ordnungsmitteln nicht einstellt?


3.2. Der Kontaktzwang

Wenn weder Ordnungsgeld noch Ordnungshaft etwas bewirken oder von vornherein ungeeignet sind – aber erst dann –, kann tatsächlicher, unmittelbarer Zwang (das ist die juristische Umschreibung von körperlicher Gewalt) zur Durchsetzung der Umgangsreglung eingesetzt werden.


Um das jedoch ganz klar zu betonen: dieser Zwang darf dabei niemals selbst oder eigenmächtig angewendet werden! Für die Zwangsvollstreckung und damit auch die Anwendung unmittelbaren Zwangs ist immer einen Gerichtsvollzieher – gegebenenfalls mit Hilfe der Polizei – zuständig! Von jeglicher Selbstjustiz wird daher hiermit ausdrücklich abgeraten!


Wenn die Verhängung von Ordnungsmitteln erfolglos geblieben ist oder bereits anfänglich keinen Erfolg verspricht oder eine alsbaldige Vollstreckung unbedingt geboten ist, kann das zuständige Familiengericht aber durch einen ausdrücklichen Beschluss die Vollstreckung mittels unmittelbaren Zwangs anordnen. Das bedeutet, dass dann der Umgang auch gegen den Willen des anderen Elternteils unter Umständen mittels körperlichen Zwangs durchgesetzt werden kann.


Das Gesetz stellt jedoch in § 90 Abs. 2 S. 1 FamFG ausdrücklich klar, dass die Anwendung unmittelbaren Zwangs gegen ein Kind nicht zugelassen werden darf, wenn das Kind herausgegeben werden soll. Im Rahmen einer zwangsweisen Durchsetzung einer Umgangsregelung kann und darf also niemals körperlicher Zwang gegen ein Kind gerichtet werden.


Oberste Voraussetzung bei der zwangsweisen Durchsetzung des Umgangs ist jedoch stets, dass diese Zwangsvollstreckung im Einklang mit dem Kindeswohl steht. Unter keinen Umständen darf also das Kindeswohl unter der Anwendung des unmittelbaren Zwangs leiden. Dies ist freilich auch der Grund, weshalb kein unmittelbarer Zwang gegen ein Kind ausgeübt werden darf.


Ob eine solche Durchsetzung mithilfe körperlicher Gewalt pädagogisch sinnvoll oder angebracht ist, soll im Rahmen dieses Beitrags nicht kommentiert werden; das Gesetz jedenfalls eröffnet diese Möglichkeit, sofern andere Ordnungsmittel keinen Erfolg zeigen und das Kindeswohl hierunter nicht leidet.


Wenn also das Kind den Umgang aus für das Gericht nachvollziehbaren und eigenständigen Überlegungen ablehnt, wird eine zwangsweise Durchsetzung des Umgangs in der Regel gegen das Kindeswohl verstoßen und daher ausscheiden. Denn der Kontakt zu dem Kind trotz eines solchen Widerwillens, der nur zwangsweise durchsetzbar ist, bleibt in der Regel nicht ohne Auswirkungen für das Kind.


Eine solche zwangsweise Durchsetzung kann jedoch etwa dann infrage kommen, wenn sich ein Elternteil über den Umgangstitel hinwegsetzt und das Kind nach Ende seiner Umgangszeit nicht an den anderen Elternteil wieder herausgibt. 


4. Fazit

Missachtet ein Elternteil einen Umgangstitel, kann ein Antrag beim zuständigen Familiengericht auf Anordnung eines Ordnungsmittels womöglich die nötige Einsicht bei dem Umgangsunwilligen herbeiführen. 


Wenn Ordnungsmittel indes von vornherein ausscheiden oder bereits gescheitert sind, kann der Umgangstitel unter Umständen auch mittels unmittelbaren Zwangs durchgesetzt werden, wenn der so erzwungener Umgang dem Kindeswohl nicht schadet. Auch an dieser Stelle nochmals: Selbstjustiz ist zu vermeiden; unmittelbaren Zwang darf nur ein Gericht anordnen und ein Gerichtsvollzieher durchführen!

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