Was man zur neuen EU-Textilkennzeichnungsverordnung wissen sollte

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Adé Textilkennzeichungsgesetz, hallo Textilkennzeichnungsverordnung!

Am 8. Mai 2012 ist die „VERORDNUNG (EU) Nr. 1007/2011 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 27. September 2011 über die Bezeichnungen von Textilfasern und die damit zusammenhängende Etikettierung und Kennzeichnung der Faserzusammensetzung von Textilerzeugnissen" oder kurz EU-Textilkennzeichnungsverordnung in Kraft getreten.

Die neue Verordnung ersetzt unter anderem das bisherige deutsche Textilkennzeichnungsgesetz und andere nationale Regelungen.

Warum die Neuregelung?

Die Neuregelung soll die bisher unterschiedlichen europäischen Vorschriften angleichen, überflüssige Bürokratie abbauen sowie für eine EU-einheitliche Rechtsprechung sorgen.

Was ändert sich konkret?

Neben der bisher auch im Textilkennzeichnungsgesetz enthaltenen Regelung der Angabe-Modalitäten der Faserzusammensetzung von Textilerzeugnissen findet sich ebenfalls eine neue Regelung zu (nicht-textilen) Produkten tierischen Ursprungs, auch wenn sie nicht unter den Faserbegriff fallen. So besteht jetzt u. a. die Verpflichtung, Fell und Leder in Textilprodukten auszuweisen.
Achtung:

  • In Ermangelung von Mindestmengen gilt die Kennzeichnungspflicht für Produkte tierischen Ursprungs bereits für kleinste Lederapplikationen, Labels oder z. B. Hornknöpfe
    • gilt nicht bei Lederjacken oder Fellmänteln, da sie nicht zu mind. 80 % aus Textilfasern bestehen (Anwendungsbereich der Vorschrift)
    • Die korrekte deutsche Kennzeichnung lautet: „Enthält nichttextile Teile tierischen Ursprungs"
  • Auch Filzprodukte unterliegen jetzt der Kennzeichnungspflicht
  • Handy-Hüllen und vergleichbare Textilprodukte für „tragbare Medienabspielgeräte", die nicht größer als eine DIN A 6-Postkarte sind, unterfallen nicht der Kennzeichnungspflicht

Paradoxerweise unterfällt damit dann z. B. die Tablet PC-Hülle der Textilkennzeichnung, die Smart Phone-Hülle nicht.

Sonstige Textilkennzeichnungspflichten bleiben unverändert. So sind Pflegehinweise und Größenangaben nach wie vor freiwillig, ebenso die Angabe des Ursprungslandes, die sog. „Made-in"-Kennzeichnung. Diese alte Forderung vieler EU-Staaten, wohl ein Auswuchs des lang anhaltenden „Textilkrieges" zwischen der EU und den USA, konnte sich bisher nicht endgültig durchsetzen und hat daher bislang keinen Eingang in die Verordnung gehalten. Diesbezüglich gibt es auch keine Vorschriften bei freiwilliger Kennzeichnung in der Verordnung. Eine Verpflichtung zur Nennung des Herkunftslandes („Made in ...") gibt es für Textilien in Deutschland also auch weiterhin nicht. Wer allerdings eine Kennzeichnung anbringt, muss richtige Angaben machen.

Es sind weiter die auf Grundlage der nationalen Wettbewerbsrechts-Rechtsprechung geltenden Grundsätze zu beachten. So verlangen die Marktüberwachungsbehörden regelmäßig, dass auf Textilien, die für Verbraucher bestimmt sind, der Name des Herstellers bzw. Importeurs und dessen postalische Anschrift vorhanden sind. Diesbezügliche Kennzeichnungspflichten sind dem Produktsicherheitsgesetz (ProdSG)  und hier insbes. § 6 ProdSG zu entnehmen.

Schließlich können nunmehr neu entwickelte Fasern schneller berücksichtigt werden, da die zeitraubende Aufnahme des Fasernamens in das jeweilige Recht der Mitgliedsstaaten entfällt.

Auch hinsichtlich des Themas Pflegekennzeichnung enthält die Verordnung nichts Neues. So enthalten zwar die meisten Produkte mittlerweile eine Pflegekennzeichnung, die mit den Symbolen der Internationalen Vereinigung für Pflegekennzeichen für Textilien (Ginetex) ausgestattet sind. In Deutschland besteht aber nach wie vor keine gesetzliche Pflicht, diese Symbole zu verwenden. Ihre Verwendung ist frei für jedermann. Achtung: In anderen Ländern, wie z. B. dem EU-Land Österreich ist eine Auszeichnung obligatorisch.

Betrifft mich das überhaupt?

  • Wenn Sie Textilprodukte auf dem Unionsmarkt, also innerhalb der EU, „bereitstellen": Ja.
    • Die Definition von „Bereitstellen": „Jede entgeltliche oder unentgeltliche Ab-gabe eines Produktes zum Vertrieb, Verbrauch oder zur Verwendung auf dem Gemeinschaftsmarkt im Rahmen einer Geschäftstätigkeit" (vgl. Art. 3 Abs. 2 TextilKennzVO iVm. MarktüberwachungsVO).
  • Wenn Sie Textilprodukte nur für den Export außerhalb der EU herstellen oder an-bieten: Nein.
  • Wenn Sie Textilprodukte zur Weiterverarbeitung an Heimarbeiter oder andere Selbständige Unternehmen und dabei keine Übereignung der Ware stattfindet: Nein.
  • Wenn Sie als selbständiger Schneider maßgeschneiderte Textilprodukte anbieten: Nein.
  • Wenn Sie „Maßkonfektion" anbieten: Ja.

Muss ich sofort handeln?

Die EU-Textilkennzeichnungsverordnung trat bereits am 07.11.2011 in Kraft, die bisherige Textilkennzeichnungs-Richtlinie am 08.05.2012 außer Kraft. Gemäß Art. 28 der neuen Verordnung durften Textilerzeugnisse, die (nur) den Anforderungen der alten Richtlinie entsprachen, bis zum Ablauf der Übergangsfrist am 08.05.2012 in den Verkehr gebracht werden. Bereits in den Verkehr gebrachte Waren dürfen gemäß der in Art. 26 geregelten Aufbrauchfrist noch bis zum 09.11.2014 auf dem Markt angeboten werden, um den Abverkauf zu gewährleisten.

Welche Strafen drohen?

Die Verletzung von Textilkennzeichnungspflichten stellt eine unlautere geschäftliche Handlung i. S. d. §§ 3, 4 Nr. 11 UWG dar. Jeder Mitbewerber, Verbraucherschutzverein o.ä. kann Sie dann wegen Verstoßes gegen das Wettbewerbsrecht kostenpflichtig abmahnen bzw. auf Unterlassung in Anspruch nehmen, was auch per einstweiliger Verfügung oder Unterlassungsklage möglich ist. Darüber hinaus können Schadenersatzansprüche u. ä. bestehen. Deren Höhe dürfte sich in erster Linie nach der Anwaltsvergütung und diese nach dem Wert der Angelegenheit richten, der der allgemeinen wettbewerbsrechtlichen Rechtsprechung folgend auch bei Verstößen kleineren Umfangs jedenfalls im deutlich vierstelligen, meist aber eher fünf- bis sechsstelligen Euro-Bereich liegen wird.

Bisher stellten einige Verstöße gegen das Textilkennzeichnungsgesetz auch Ordnungswidrigkeiten dar. Diese Vorschriften sind mit dem Gesetz entfallen. Analogien sind wegen des Analogieverbots nicht möglich. Es darf aber damit gerechnet werden, dass der deutsche Gesetzgeber bald eine den alten Regelungen entsprechende Vorschrift erlassen wird.

Vorsorge ist besser (und preiswerter) als Nachsorge

Sollten Sie Bedenken hinsichtlich Ihres Angebots haben oder andere Fragen zur gesetzeskonformen Textilkennzeichnung bzw. anderen Themenkomplexen bestehen, so stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. So können wir Ihnen z. B. die Prüfung Ihres Internet-Angebots, den Entwurf von gesetzeskonformen best practise-Vereinbarungen mit Zulieferern, die Anmeldung von Schutzrechten bei Eigen-Kreationen und die Schulung von Mitarbeitern zu Pauschalpreisen oder individuell ausgehandelten, minutengenau abgerechneten Stundensätzen anbieten.

Rufen Sie uns gerne an! Tel. 040/41167625 oder senden Sie uns eine E-Mail an info (at) ipcl-rieck.


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