Welche Folgen hat ein Streik auf das Arbeitsverhältnis und die Ansprüche?

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Die letzten Wochen haben eindrucksvoll gezeigt, dass ein Streik erhebliche Auswirkungen auf das Umfeld des bestreikten Betriebs oder sogar darüber hinaus haben kann. Doch auch für die streikenden Arbeitnehmer selbst werden die Auswirkungen des Streiks durchaus spürbar. Was Sie bei der Teilnahme an einem Streik beachten sollten und wie sich dieser auf Ihr Arbeitsverhältnis und Ihre Ansprüche auswirkt, dazu mehr.


Wer darf zum Streik aufrufen und daran teilnehmen?

Das Wichtigste zuerst: ein Aufruf zum Streik darf einzig durch eine Gewerkschaft erfolgen. Nur in diesem Fall kann der Streik auch rechtmäßig sein. Ein Streik ohne Aufruf einer Gewerkschaft [sog. „Wilder Streik“], der z.B. nur durch eine Gruppe Arbeitnehmer oder den Betriebsrat ausgerufen wurde, ist rechtswidrig. Sofern sich eine Gewerkschaft dem Streik anschließt, kann dieser zwar durchaus noch wirksam werden. Sollte dies jedoch nicht geschehen gefährden Arbeitnehmer, die an dem rechtswidrigen Streik teilnehmen, durchaus Ihr Arbeitsverhältnis.


Am rechtmäßigen Streik der Gewerkschaft beteiligen darf sich dann jedoch grundsätzlich jeder Arbeitnehmer, sofern nicht ausnahmsweise ein Verbot besteht. Ein solches kommt dabei insbesondere für Beamte in Betracht. Das Recht zu streiken sowie andere Formen des Arbeitskampfes zu führen ist im Grundgesetz [Art. 9 Abs. 3 GG] verankert und gilt daher nicht ohne Grund als einer der Grundpfeiler des Arbeitsrechts.


Was passiert mit dem Gehalt und Sonderleistungen?

Die spannendste Frage für Arbeitnehmer dürfte wohl die nach der Lohnzahlung sein. Hierbei sollte zunächst die Wirkung des Streiks auf das Arbeitsverhältnis betrachtet und klargestellt werden, dass der Streik - sofern rechtmäßig - die arbeitsvertraglichen Hauptpflichten suspendiert, also aussetzt. [Wichtig! Vertragliche Nebenpflichten, wie etwa ein Wettbewerbsverbot gelten auch während des Streiks weiter.] Für streikende Arbeitnehmer bedeutet dies, dass sie während des Streiks nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet sind. Im Gegenzug bedeutet es jedoch auch, dass sie für die Zeit des Streiks keinen Anspruch auf Ihre Lohnzahlung haben. Ein langer Streik über mehrere Tage oder gar Wochen kann sich daher finanziell durchaus bemerkbar machen. Sofern Sie Mitglied in der streikführenden Gewerkschaft sind erhalten Sie für den Streikzeitraum in der Regel einen finanziellen Ausgleich aus der Streikkasse. Sollten Sie am Streik teilnehmen, obwohl Sie nicht Mitglied der Gewerkschaft sind, so verlieren Sie jedoch für den Zeitraum des Streiks Ihren Lohnanspruch ersatzlos.


Es ist zudem durchaus möglich, dass die Ihnen aus dem Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag zustehenden Sonderzahlungen entsprechend der Fehlzeiten während des Streiks gekürzt werden dürfen. Je nach vertraglicher Regelung kann dies somit z.B. auch für ein gewährtes Weihnachtsgeld gelten. Ob eine Kürzung wirklich droht ist letztlich jedoch abhängig von der jeweiligen Regelung und deren Voraussetzungen und muss daher im Einzelfall betrachtet werden.


Auch wenn Sie sich dem Streik nicht anschließen kann es letztlich dazu kommen, dass der Betrieb durch den Streik oder durch den Arbeitgeber stillgelegt wird. Sofern eine Beschäftigung im Streikzeitraum nicht mehr möglich ist, entfällt in der Regel auch hier der Lohnanspruch.


Erhalten Sie Arbeitslosengeld, Entgeltfortzahlung oder Urlaub?

Einen Ausgleich der finanziellen Einbußen durch Arbeitslosengeld oder Kurzarbeitergeld erhalten am Streik beteiligte Arbeitnehmer in der Regel nicht. Dies ist darin begründet, dass den Staat im Rahmen eines Arbeitskampfes die Neutralitätspflicht trifft. Diese würde er dadurch verletzen, würde er eine der Seiten - hier die streikenden Arbeitnehmer - finanziell unterstützen. Zudem sind die Arbeitspflichten ohnehin nur ausgesetzt und das Arbeitsverhältnis ruht, d.h. es besteht so gesehen schon keine Arbeitslosigkeit.


Sofern Sie während des Streikteilnahme erkranken kommt auch hier eine Zahlung nicht in Betracht. Denn die Krankheit ist hierbei nicht die alleinige Ursache der Arbeitsunfähigkeit, sondern eben auch die Streikbeteiligung, so dass die übliche Entgeltfortzahlung schon keine Anwendung findet. Sollte die Erkrankung und die allein dadurch bedingte Arbeitsunfähigkeit jedoch bereits vor Beginn des Streiks bestanden haben, so steht Ihnen die Entgeltfortzahlung grundsätzlich zu. Sollte jedoch durch den Streik der Betrieb stillgelegt werden und eine Beschäftigung somit entfallen, entfällt die Entgeltfortzahlung auch hier.


Ganz ähnlich verhält es sich mit Hinblick auf den Urlaubsanspruch. Sofern dieser bereits vor Beginn des Streiks gewährt oder sogar angetreten wurde, so erhalten Sie für Ihre Urlaubstage dennoch das gewohnte Urlaubsentgelt. Sofern Sie sich während des Urlaubs jedoch ausdrücklich dem Streik anschließen wollen, so entfällt Ihr Urlaub und das Entgelt für diese Zeit - der Urlaub muss Ihnen dann jedoch nachgewährt werden. Eine Urlaubsgewährung während des Streiks ist ebenfalls nicht möglich, was unter anderem an der bereits erwähnten Aussetzung Ihrer Arbeitspflicht liegt.


Was passiert mit meinen Sozialversicherungen?

Hinsichtlich der Kranken- und Pflegeversicherung muss sich der Arbeitnehmer jedoch keine Sorgen machen. Entsprechend der Regelungen des fünften und elften Sozialgesetzbuches besteht die jeweilige Mitgliedschaft auch während eines rechtmäßigen Arbeitskampfes fort. Die Betonung liegt jedoch auch hier wieder auf der Rechtmäßigkeit des Streiks.


Bis zum Ende des Arbeitskampfes ruht jedoch ihre Rentenversicherung. Sofern sich der Arbeitskampf über einen Zeitraum von mehr als einem Monat erstrecken sollte entfallen danach die Beitragszahlungen und Beitragszeiten. Auch dies ist letztlich eine Folge der Tatsache, dass während des Streiks die Hauptpflichten des Arbeitsverhältnisses suspendiert sind.


Letztlich sollten Sie auch während des Arbeitskampfes besonders auf sich aufpassen. Denn aufgrund des Fehlens einer versicherten Tätigkeit besteht für Unfälle im Zusammenhang zum Arbeitskampf kein Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Ausnahmen, insbesondere in Form eines Wegeunfalls, gibt es jedoch auch hier. Ob in Ihrem Fall ein solcher Unfall vorliegt müsste dann anhand Ihres jeweiligen Einzelfalls geprüft werden.


Fazit

Wie sie sehen, hat die Beteiligung an einem Streik durchaus Auswirkungen auf Ihre Entgeltansprüche und den Sie betreffenden Versicherungsschutz. Erheblich auswirken dürften sich diese vor allem in den Fällen, in denen der Streik über einen längeren Zeitraum ohne Unterbrechungen eingesetzt wird. Voraussetzung der dargelegten Folgen ist zudem, dass es sich um einen rechtmäßigen Arbeitskampf handelt. Die Teilnahme an einem rechtswidrigen Streik sollten Sie daher definitiv vermeiden.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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