Welche Rechte haben Aktionäre von Volkswagen und Käufer der vom Diesel-Skandal betroffenen Fahrzeuge?

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Die Abgas-Affäre von Volkswagen stellt nicht nur einen volkswirtschaftlichen Schaden dar, von dem laut Angaben von Volkswagen nicht nur elf Millionen Dieselfahrzeuge mit Motoren des Typs EA 189 betroffen sind, sondern der Volkswagen sogar zu einer aktienrechtlichen Gewinnwarnung veranlasste. Deshalb würden im 3. Quartal rund 6,5 Milliarden Euro „ergebniswirksam zurückgestellt“, teilte Volkswagen mit. Aufgrund der laufenden Untersuchungen unterliege dieser Betrag sogar „Einschätzungsrisiken“. Die Ergebnisziele des Konzerns für das Jahr 2015 würden entsprechend nach unten angepasst. Wer zahlt nun den Schaden zu Lasten der Aktionäre?

Bestehen Ansprüche der Aktionäre?

Nicht nur Aktionäre der Volkswagen-Vorzugsaktie und der Volkswagen-Stammaktie sind betroffen, sondern zum einen auch die dem Volkswagen-Konzern zugehörigen Marken der Firmen Porsche sowie Audi und deren Aktienkurs, welcher nach Bekanntwerden des Diesel-Skandals parallel zur Aktie von Volkswagen erdrutschartig einbrach. Denkbar sind aufgrund dieser unfreiwilligen Mithaftung Ansprüche von Anlegern anderer börsennotierter Automobilunternehmen wie beispielsweise von BMW (Stammaktie: WKN: 519000 / ISIN: DE0005190003) oder Daimler beziehungsweise solcher Kapitalanleger, die in einen Dax-ETF, ein DAX-Future-Call-Faktorzertifikat oder DAX-Call-Optionsschein investiert haben. Betroffen vom Skandal sind ferner die Manager von Fondsgesellschaften, bei denen sich ein kausaler Zusammenhang mit der Abgas-Affäre ermitteln lässt.

Kommen Schadensersatzansprüche in Betracht?

Es kommt ein Schadensersatzanspruch gegen Volkswagen in Betracht. Geschädigte sind die Kapitalmarktteilnehmer, die auf Grund der Manipulationen, der damit einhergehenden Täuschungen sowie des Vorliegens eines darüber hinaus eigeräumten Betruges einen Schaden erlitten haben. In zeitlicher Hinsicht können Schadensersatz solche Aktionäre beanspruchen, die die jeweils betroffene Aktie bzw. das sonstige Wertpapier bereits vor Bekanntwerden besagter Abgas-Affäre hielten und „kalt“ erwischt wurden, als der Aktienkurs am 21.09.2015 einbrach. Zu unterscheiden ist ferner, zu welchem Zeitpunkt die Aktien gekauft wurden, ob vor 2009, also vor Beginn der Manipulationen, zwischen 2009 und 2014, demnach im Zeitraum der Manipulationshandlungen oder ab Mai 2014, dem Zeitpunkt der Bekanntgabe durch Volkswagen. Zu beantworten ist die Frage, ob Anleger bereits wesentlich früher über das eigene Fehlverhalten hätten informiert werden müssen, somit bereits ab eigener Kenntnis der Konzernspitze, in Form einer Pflichtmitteilung. Börsennotierte Konzerne haben nämlich die Pflicht die Öffentlichkeit sofort über kursrelevante Informationen zu benachrichtigen. Bei verspäteter Pflichtmitteilung entsteht ein Schadensersatzanspruch zugunsten der Aktionäre.

Lässt sich der Schadensersatz auf eine konkrete Summe beziffern?

Nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen ist der Geschädigte so zu stellen, wie er stünde ohne das schädigende Ereignis. Ohne das Bekanntwerden der Abgas-Manipulationen hätten alle betroffenen Anleger Aktien und sonstige Wertpapiere gehalten mit einem mitunter deutlich höheren Kurswert, als an den nachfolgenden Börsentagen. Einige Volljuristen vertreten die Auffassung, Schadenersatz pro Aktie belaufe sich auf die Differenz der jeweiligen Höchstkurse vom Freitag, 18.09.2015 zu den jeweiligen Tiefstkursen am Montag, 21.09.2015.

Wir von ilex Rechtsanwälte dagegen sind der Überzeugung, dass auch darüber hinaus Ansprüche von Geschädigten bestehen. Für die genaue, den geschädigten Anleger zustehende Höhe wird das zuständige Gericht einen Sachverständigen als Schätzer beauftragen müssen.

Können auch die Diesel-Fahrzeugeigentümer Ansprüche stellen?

Derzeit (23.09.15) ist unklar inwieweit Käufer, die die betroffenen Automobile außerhalb Amerikas erworben haben, von der Abgas-Affäre betroffen sind. Ist das Fahrzeug mangelhaft – wie hier ggf. durch die tatsächlich erheblich höhere Abgasbelastung als angegeben – hat ein Käufer mehrere geldwerte Ansprüche gegen den Verkäufer und/oder den Hersteller (Volkswagen). Gegen Volkswagen als Hersteller kommen Produkthaftungs-Ansprüche sowie solche wegen vorsätzlich sittenwidriger Schädigung in Betracht. Zudem können auch geschädigte Händler von Volkswagen Ansprüche gegen Volkswagen aus Händlerverträgen geltend machen.

Fazit

Die Abgas-Affäre von Volkswagen lässt viele Geschädigte zurück. In dieser speziellen rechtlichen Materie sollte der Geschädigte sich eines fachkundigen rechtsanwaltlichen Beistandes bedienen, der die Interessen der Geschädigten bündelt.

Dr. Ulrich Schulte am Hülse

Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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