Wer trägt die Kosten beim Vorstellungsgespräch?

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Wer sich nach einem neuen Job umschaut, wird häufig auch den Blick auf die Umgebung werfen. Die perfekte Stelle liegt oftmals einige Kilometer entfernt, sodass sich bereits beim Bewerbungsgespräch die Frage stellt, wer die anfallenden Reisekosten übernehmen wird.

Was viele Bewerber nicht wissen: Wenn der potenzielle Arbeitgeber zum Vorstellungsgespräch einlädt, ist er grundsätzlich dazu verpflichtet, die anfallenden Kosten zu tragen! Zu den erstattungsfähigen Auslagen gehören neben den Fahrtkosten unter Umständen sogar die Übernachtungskosten.

In diesem Rechtstipp gehen wir den Kostenfragen rund um das Vorstellungsgespräch auf den Grund. Den Bewerbern geben wir einen Überblick über die rechtlichen Ansprüche. Unternehmen und Arbeitgebern erklären wir, wie sie die Kostentragungspflicht erfolgreich umgehen können. Denn Hinweise zum Umfang der Kostenerstattung sind bereits der Einladung zum Vorstellungsgespräch beizufügen. Hier liegen Chancen und Gestaltungsspielräume für Unternehmen.

1. Gesetzlicher Anspruch auf Erstattung der Kosten für ein Vorstellungsgespräch

Der Anspruch auf Erstattung der Kosten für ein Vorstellungsgespräch ist gesetzlich verankert. Voraussetzung ist lediglich, dass der Bewerber sich auf eine zu besetzende Stelle beworben und daraufhin eine Einladung zum Bewerbungsgespräch erhalten hat. Die Pflicht zur Kostenerstattung besteht übrigens unabhängig davon, ob der Kandidat später auch eine Jobzusage erhält und den Arbeitsvertrag unterschreibt. Eine wesentliche Einschränkung gibt es allerdings: Es werden grundsätzlich nur solche Kosten zurückerstattet, die nach den Gesamtumständen auch erforderlich waren. Der Bewerber hat sich also stets die Frage zu stellen, ob die jeweiligen Auslagen auch wirklich notwendig sind.

2. Umfang und Ausschluss der Kostenübernahme

Ein gänzlicher Ausschluss der Kostenübernahme ist zwar nicht üblich. In rechtlicher Hinsicht ist dies jedoch durchaus möglich. Der Arbeitgeber muss dann jedoch bei der Einladung zum Vorstellungsgespräch klarmachen, dass er im Nachgang keine Kosten erstatten wird. Hier empfiehlt sich ein eindeutiger und transparenter Passus, dass eine Übernahme der Auslagen im Zusammenhang mit dem Bewerbungsgespräch nicht erfolgen wird.

Die Einladung zum Vorstellungsgespräch kann aber auch dazu genutzt werden, die Kostenübernahme der Höhe nach zu begrenzen. So bleiben die finanziellen Einbußen für Unternehmen im Bewerbungsprozess kalkulierbar. Gerade mit Blick auf die Fahrtkosten lohnt es sich, Auslagen nur in Höhe eines Ticketpreises der Deutschen Bahn in der zweiten Klasse zu erstatten, unabhängig davon, für welche Art der Anreise sich der Kandidat entscheidet. Wählt er etwa eine kostspielige Flugreise, bleiben ihm die zusätzlichen Kosten selbst überlassen.

Der Umfang der Kostenübernahme kann schließlich auch davon abhängig gemacht werden, welche Position der Bewerber besetzen soll. Handelt es sich um die Stelle eines leitenden Angestellten in gehobener Position wird das Unternehmen ein besonderes Interesse an dem Zustandekommen der Zusammenarbeit haben. Hier empfiehlt es sich, die Kostenübernahme bereits im Vorfeld anzubieten, um einen Anreiz für das bevorstehende Bewerbungsgespräch zu schaffen. Häufig werden dann sogar Hotel- und Verpflegungskosten übernommen.

3. Einladung zum Vorstellungsgespräch vom Personalvermittler bzw. Headhunter 

Die Einladung zum Bewerbungsgespräch muss nicht zwangsläufig vom zukünftigen Arbeitgeber kommen. Nicht selten werden Personaldienstleister mit der Suche von passenden Bewerbern für eine offene Stelle beauftragt. Diese übernehmen dann teilweise den Bewerbungsprozess und laden zum Vorstellungsgespräch ein. An der Kostenübernahme ändert das jedoch nichts. 

Der Anspruch auf Erstattung der mit dem Bewerbungsgespräch zusammenhängenden Kosten besteht, egal von wem die Einladung kommt. Zu beachten ist allerdings, dass nicht der Headhunter oder Personalvermittler die Erstattung schuldet, sondern der potentielle Arbeitgeber.

4. Unaufgefordertes Erscheinen zum Bewerbungsgespräch

Ohne Einladung, keine Erstattungspflicht. Der Arbeitgeber ist nicht dazu verpflichtet, Auslagen im Zusammenhang mit der Anreise des Bewerbers zu ersetzen, wenn er nicht zuvor ausdrücklich eingeladen wurde. Kandidaten, die ohne vorherige Einladung oder Ankündigung zum Gespräch erscheinen, haben ihre Anreisekosten selbst zu tragen.

5. Verjährung des Anspruchs auf Kostenübernahme

Der Anspruch auf Ersatz der Vorstellungskosten unterliegt der Verjährung und ist dementsprechend innerhalb von drei Jahren geltend zu machen. Außerdem kann es Situationen geben, in denen die Erstattungspflicht im Nachhinein entfällt. Das betrifft solche Fälle, in denen der Bewerber über seine fachlichen oder persönlichen Qualifikationen getäuscht hat. Außerdem entfällt der Anspruch des Bewerbers gegenüber dem Arbeitgeber dann, wenn die Agentur für Arbeit oder das Jobcenter Reise- und Bewerbungskosten gewährt hat.

6. Zusammenfassung

Der Anspruch auf Erstattung der Bewerbungs- und Reisekosten ist gesetzlich verankert und steht dem Bewerber auch dann zu, wenn er keine Jobzusage erhält. Zwar ist die Kostenübernahme für Vorstellungsgespräche in der Privatwirtschaft mittlerweile gang und gäbe. Allerdings lassen sich in der Einladung zum Bewerbungsgespräch individuelle Anpassungen vornehmen, um die Kosten im Vorfeld absehbar zu machen. Hier ist auf rechtssichere Formulierungen zu achten, bei denen die Kanzlei Senol Sie gerne berät.


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