Werbung mit „versicherter Versand” nicht unbedingt wettbewerbswidrig

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Das LG Hamburg hat mit Urteil vom 22.11.2019 – 315 O 205/18 – eine Klage des IDO Verbandes aus Leverkusen abgewiesen (noch nicht rechtskräftig).

Was war passiert?

Der IDO Verband aus Leverkusen hatte ein Unternehmen abgemahnt, welches in einem Angebot im Fließtext die Aussage verwendete „Versand aus Hamburg per versichertem Postpaket/DHL“. Der IDO Verband hatte darin einen Wettbewerbsverstoß durch eine sog. „Werbung mit Selbstverständlichkeiten“ gesehen und begründete dies damit, dass der Hinweis deswegen irreführend sei, weil der Verkäufer nach dem Gesetz stets die Transportgefahr trage. Mit einem Hinweis auf einen „versicherten Versand“ erwecke der Unternehmer allerdings den Anschein, die Transportgefahr liege nicht bei ihm, sondern beim Käufer, so die Auffassung des IDO Verbandes.

Die Entscheidung des Landgerichts Hamburg

Dieser Auffassung hat das Landgericht Hamburg mit einer bemerkenswert nachvollziehbaren Begründung nun eine deutliche Abfuhr erteilt:

Kein Unterlassungsanspruch

Einen Unterlassungsanspruch des IDO Verbandes erkannte  das LG Hamburg nicht:

„(…) Jedenfalls ergibt sich der Sache nach kein Unterlassungsanspruch gemäß §§ 3,5 UWG in Verbindung mit Ziff. 10 des Anhangs zu § 3 UWG. Die Angabe „Versand aus Hamburg per versicherten Postpaket/DHL (…)“ ist in dieser konkreten Ausgestaltung nicht wettbewerbswidrig, insbesondere nicht irreführend im Sinne des § 5 Abs. 1 S 1 UWG."

Keine Falschinformation

Die Angabe "Versicherter Versand" war im konkreten Fall nicht falsch:

"Der Kläger trägt nicht vor. dass die Versendung tatsächlich nicht mit versichertem Postpaket/DHL erfolgt. Diese Angabe wirbt auch nicht mit einer aufgrund gesetzlicher Verpflichtung ohnehin bestehenden Leistungspflicht des Klägers, denn es gibt keine gesetzlich vorgeschriebene Versicherungspflicht für die Versendung im Online-Handel. Ein Fall von Ziff. 10 des Anhangs zu § 3 UWG liegt (entgegen OLG Dresden, Beschluss vom 28 9. 2015, Az.: 14 W 135/15 - Anlage K 13) gerade nicht vor. Insofern unterscheidet sich der vorliegende Fall auch wesentlich von dem Fall, der dem Beschluss des Kammergerichts vom 3. Februar 2015 zugrunde lag. Dort war das Wort „versichert“ in einer Werbeanzeige deutlich herausgehoben und mit einem Bestätigungshaken versehen. Daraus schloss das Kammergericht, dass die angesprochenen Verbraucher angesichts dieser Formulierung davon ausgingen, dass damit ein ihnen obliegendes Transportrisiko abgenommen bzw. vermindert werden solle. Insofern bleibt die Kammer bei ihrer beispielsweise im Beschluss vom 6.3.2017 in einem vom Kläger angestrengten einstweiligen Verfügungsverfahren erlassenen (abweisenden) Beschluss, dass eine lediglich im Fließtext erscheinende, nicht besonders hervorgehobene Angabe „versichert“, wenn in der Sache zutreffend, nicht im Rechtssinne irreführend ist."

Keine "Nullinformation"

Auch erkannte das Landgericht Hamburg in der streitgegenständlichen Aussage keine sog. "Nullinformation", da es eben nicht nur versicherte Pakete gebe. Im Gegenteil würde das Hinweglassen dieser Information dazu führen, dass ein erheblicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise unzutreffenderweise davon ausgehen müsste, das Paket sei nicht versichert und damit ggf. nicht bestehende Mitwirkungspflichten bei sich verorten würde:

"Soweit sich der Kläger auf die Rechtsprechung des Hanseatischen Oberlandesgerichts (Beschluss vom 29.6.2017, Az.: 5 W 23/17 - Anlage K 14) beruft, in dem der 5. Senat eine ähnliche Angabe in einem Einzelfall als irreführend angesehen hat, folgt die Kammer dem für den vorliegenden Fall nicht. Es handelt sich zunächst nicht um eine so genannte „Nullinformation“, weil es ohnehin nur versicherte Pakete gibt oder der Gesetzgeber eine solche versicherte Versendung allen Verkäufern vorschreibt. Der Umstand, dass ein Paket auf dem bekanntermaßen gefährlichen Postwege Versicherungsschutz genießt, ist keine für den Kunden vollkommen uninteressante Information. Ließe der Verkäufer diese Angabe fort, wäre der Verkehr im Gegenteil veranlasst, die - unzutreffende - Folgerung zu ziehen, dass das Paket nicht versichert sei. Im Falle einer Beschädigung eines versicherten Pakets treffen den Kunden gegebenenfalls auch Mitwirkungspflichten hinsichtlich der Geltendmachung des Schadens beider Versicherung des Verkäufers (Aufbewahrung der beschädigten Verpackung. Übergabe an den Postzusteller bzw. Abgabe in einer DHL-Filiale u.ä.)."

"Versicherter Versand" im Fließtext nicht als "besondere Leistung" für den Kunden zu verstehen

Das Landgericht Hamburg sah den Hinweis zum versicherten Versand eher als klarstellenden Hinweis und nicht als hervorgehobene besondere Leistung des Unternehmers:

"Soweit der Kläger geltend macht, diese Angabe suggeriere dem angesprochenen Verkehr, dass die Beklagte eine besondere Leistung für den Kunden erbringe, weil das Versendungsrisiko auf Seiten des Kunden liege und die Versicherung deshalb egal sein könne, ist die Aussage in dem Kontext, in dem sie vorliegend getätigt wird, auch von Teilen des angesprochenen Verkehrs so nicht zu verstehen. Die Angabe steht unverbunden in einer Reihe weiterer Informationen zur „ist“-Qualität der Ware wie den Textilkennzeichnungen, der Art und Weise des Drucks und des Herstellungsortes und keineswegs wie es in Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Fall wäre, im Kontext rechtlicher Angaben. (...)

(...) Die Angabe zur Versendung ist hier in keiner Weise hervorgehoben, so dass der Verkehr nicht veranlasst wird anzunehmen, dass ihm hier eine besondere Leistung zuteil werde, genausowenig wie beispielsweise' die weitere Angabe „Gedruckt in Hamburg“ ebenfalls keine „besondere Leistung“ bewirbt. sondern beschreibt, was der Fall ist, also eine bloße Tatsacheninformation darstellt."

Keine Irreführung betreffend die Vorschriften über den Verbrauchsgüterkauf

Das LG Hamburg erkannte auch keine Irreführung in Bezug auf die Vorschriften der §§ 447, 474, 475 BGB (Verbrauchsgüterkauf):

"Der Verkehr hat an dieser Stelle keinerlei Veranlassung, sich über das Versendungsrisiko im Sinne der §§ 447, 474, 475 BGB überhaupt Gedanken zu machen, schon gar nicht wird der Verkehr oder werden maßgebliche seiner Teile durch diese Angabe veranlasst anzunehmen, das Versendungsrisiko liege entgegen den gesetzlichen Regelungen des Verbrauchsgüterkaufs im Fernabsatzhandel bei ihm oder der Verkäufer sei jedenfalls dieser Ansicht. Dies folgt zum einen daraus, dass Versicherungsnehmer und Versicherter (nur) der Verkäufer/Versender selbst ist und daher nur sein Risiko versichert ist. Eine Versicherung zu Gunsten des Käufers/Empfängers wird vorliegend gerade nicht versprochen. Zum anderen folgt dies daraus, dass ein (großer) Teil des online bestellenden Verkehrs die Rechtslage kennen wird und deshalb weiß, dass der Verkäufer genau deshalb Grund dazu hat, sein Risiko zu versichern. Das ist für den Kunden, auch wenn er das Risiko nicht trägt nicht ohne jedes Interesse. weil es im Schadensfall die Schadensentwicklung erleichtern kann, auch wenn er weiß. dass der Verkäufer rechtlich bei Verlust oder Beschädigung zur Nachlieferung verpflichtet ist und wie bereits dargelegt, bestimmte Mitwirkungspflichten bei der Schadensabwicklung für ihn resultieren können. Bei den Teilen des Verkehrs, die die Rechtslage nicht kennen und das Versendungsrisiko unzutreffend bei sich verorten wird diese Fehlverstellung nicht erst durch diese Angabe des Verkäufers zu der irrigen Annahme veranlasst. das Transportrisiko zu tragen. Dass ein erheblicher Teil der Gruppe, die die Rechtslage kennt und das Transportrisiko zutreffend beim Verkäufer/Versender sieht, durch diese Angabe veranlasst werden könnte, die Rechtslage nunmehr anders - also falsch - zu beurteilen und das Versendungsrisiko bei sich sehen, ist fern liegend. Nahe liegender ist es, wie dargestellt, dass dieser Teil des Verkehrs erkennt, dass der Verkäufer/Versender sein eigenes Risiko versichert, eben weil er es trägt."

Landgericht Hamburg hatte bereits Zweifel bezüglich der Aktivlegitimation des IDO-Verbandes

Das Landgericht Hamburg hatte (wie bereits zuvor das LG Rostock, Urteil vom 14.02.2018, Az: 5 a HKO 120/18) in der mündlichen Verhandlung erhebliche Zweifel betreffend die Aktivlegitimation des IDO Verbandes gemäß § 8 UWG – die Befugnis, in der streitgegenständlichen Branche überhaupt wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche geltend zu machen – angemeldet.

Das Landgericht Hamburg hatte den IDO Verband insoweit aufgefordert, genauere Angaben zu seinen angeblichen Mitgliedern, dem Zustandekommen der Mitgliedschaft, der Branchenzugehörigkeit und den Umsätzen der Mitglieder zu machen. Dem war der IDO trotz Fristsetzung nicht nachgekommen.

Auf ggf. fehlende Aktivlegitimation des IDO kam es dem LG Hamburg nicht an

Das Landgericht Hamburg musste die Frage der Aktivlegitimation des IDO Verbandes im Hinblick auf die weiteren obigen Ausführungen aber nicht mehr entscheiden, da es bereits keinen Wettbewerbsverstoß des abgemahnten Unternehmens erkannt hatte. Die Frage wurde demgemäß offengelassen.

Fazit

Es bleibt abzuwarten, ob der IDO Verband gegen dieses Urteil Berufung einlegen und wie in diesem Fall das Hanseatische Oberlandesgericht die Sache beurteilen wird. Einstweilen ist Online-Händlern jedoch davon abzuraten, Angaben zur Versicherung von Sendungen zu machen.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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