Werkstattrisiko-Grundsätze gelten auch für das Sachverständigenrisiko - Expertenbeitrag

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Nach einem Unfall werden von der gegnerischen Versicherung oft nicht die im eigenen Schadensgutachten ermittelten Schadenspositionen erstattet. In einem anderen Beitrag wurde bereits über das Werkstattrisiko berichtet. Grundsätzlich darf der Geschädigte eine Reparatur gemäß Gutachten bei der Werkstatt in Auftrag geben: Die Versicherung trägt das sogenannte Werkstattrisiko der gegenüber dem Gutachten höheren Kosten (vgl. OLG München, Urteil vom 07. Juli 2006 - 10 U 2270/06).

Der Bundesgerichtshof hat diese Grundsätze zum Werkstattrisiko, nun auch für überhöhte Kostenansätze eines Kfz-Sachverständigen, den der Geschädigte mit der Begutachtung seines Fahrzeugs zur Ermittlung des unfallbedingten Schadens beauftragt hat, für anwendbar erklärt (BGH, Urteil vom 12.03.2024 - VI ZR 280/22).

Bei der Beurteilung, welcher Herstellungsaufwand erforderlich ist, ist jedoch auch Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen (BGH, Urteil vom 12.03.2024 - VI ZR 280/22). Grundsätzlich sind sie aber nicht verpflichtet,  einen möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen (vgl. BGH Urteil vom 7. Februar 2023 - VI ZR 137/22). Dies gilt nach den Ausführungen des 6. Zivilsenats auch, wenn die Sätze des Sachverständigen überhöht sind.

Ein sogenanntes  Überwachungsverschulden kommt nach dem Urteil des BGH beispielsweise in Betracht, wenn die Rechnung - für den Geschädigten erkennbar - von der Honorarvereinbarung abweicht oder wenn der Sachverständige für den Geschädigten erkennbar überhöhte Nebenkosten angesetzt hat (vgl. BGH-Urteile vom 24. Oktober 2017 - VI ZR 61/17).63

Es können demnach Mehraufwendungen anfallen, deren Entstehung dem Einfluss des Geschädigten entzogen ist und die ihren Grund darin haben, dass die Schadensermittlung in einer fremden, vom Geschädigten nicht kontrollierbaren Einflusssphäre stattfinden muss (BGH, Urteil vom 12.03.2024 - VI ZR 280/22).

Geschädigte sind somit berechtigt, einen qualifizierten Gutachter ihrer Wahl mit der Erstellung des Sachverständigengutachtens zu beauftragen.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verkehrsrecht und Strafrecht Christian Steffgen ist seit 23 Jahren im Verkehrsrecht spezialisiert. Die Kanzlei ist Vertragsanwaltskanzlei der Gesellschaft für Technische Überwachung (GTÜ).

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