Widerruf bei Kaskadenverweis: die Praxis mit dem neuen EuGH-Urteil

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Der EuGH erklärte die Widerrufsinformation in Kreditverträgen ( Kaskadenverweis) für unvereinbar mit europäischem Recht. Wer seit Juni 2010 einen Kreditvertrag abgeschlossen hat, kann diesen möglicherweise jetzt widerrufen. Dies gilt für alle Immobilienkreditverträge ab 2010, Autodarlehen, Kfz-Finanzierungen und sonstige Verbraucherkredite.

Nach Ansicht des EuGH sind Widerrufsbelehrungen mit einem Kaskadenverweis unwirksam, da der Verbraucher nicht mehr allein auf der Grundlage des Vertrags überprüfen kann, ob der von ihm abgeschlossene Vertrag alle erforderlichen Angaben enthält, und ob die Widerrufsfrist für ihn schon zu laufen begonnen hat. 

Bankkunden, die ein Darlehen bzw. Kredit nach 2010 aufgenommen haben, haben gute Aussichten auf einen erfolgreichen Widerruf ihres Darlehens. Sowohl bei Immobiliendarlehen als auch bei Autodarlehen und sonstigen Verbraucherdarlehen kann jetzt und mit dem EuGH-Urteil der lukrative Widerrufsjoker gezogen werden.

Lesen Sie mehr zu Begründung des EuGH in unserem Artikel „EuGH kippt Kaskadenverweis“

Wann liegt ein Kaskadenverweis vor?

Die Klausel, um die es geht, findet sich in der Widerrufsinformation der Verträge. Dort wird für den Beginn der Widerrufsfrist auf § 492 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches verwiesen. Der Paragraf verweist seinerseits wieder auf etliche andere Paragrafen. Juristen nennen das einen „Kaskadenverweis“. Im vorliegenden Fall umfasst die Verweiskette fast acht Seiten Gesetzestext.

Für welche Darlehen gilt dieser Widerrufsjoker?

Prinzipiell für alle Verbraucherdarlehen. Mit diesem sogenannten „Widerrufsjoker“ ist beispielsweise bei Autokredit- und Leasingverträgen die Rückgabe des Fahrzeugs gegen Erstattung aller bereits gezahlten Raten möglich.

Können jetzt Verbraucher aufgrund des EuGH-Urteils problemlos ihre Kredite widerrufen können?

Da der vom EuGH kritisierte Kaskadenverweis sich in den Mustertexten befindet, den der deutsche Gesetzgeber den Kreditinstituten für ab Juni 2010 gegeben hat, könnten diese einen sog. Musterschutz genießen. Banken und Sparkassen wenden in vielen Verfahren ein, dass Sie sich ja auf die Richtigkeit des Mustertextes im Gesetz verlassen können müssen.

Gibt es gute Erfolgsaussichten für den Kreditwiderruf trotz des Musterschutzes?

Ja, die gibt es. Deutsche Gerichte sind sogar schon in Voraussicht auf das Urteil des EuGH dieser neuen Auffassung bezüglich des Kredit-Widerrufs gefolgt. So hat das Oberlandesgericht OLG Rostock (Az. 1b 1U 1/19) einen Widerruf für wirksam erklärt, in dem der Mustertext verwandt wurde. Andere Gerichte wie das OLG Dresden (Az. 8 U 63/20), äußern Zweifel, ob die Bank sich nach dem EuGH-Urteil tatsächlich noch auf den Musterschutz berufen darf. Man wird aber sehen müssen, wie sich die Rechtsprechung hier entwickelt.

Schon kleinste Veränderungen zum Mustertext heben den sog. Musterschutz auf?

Banken, die auch nur kleine Veränderungen an dem vom Gesetzgeber vorgegebenen Mustertext vorgenommen haben, können sich nicht auf den Musterschutz berufen. Hier reicht die Änderung eines Buchstaben, Satzbau oder Form aus. Nach unseren Prüfungen ist der Mustertext sehr oft durch Bankenanwälte abgeändert worden. Solche Darlehensverträge sind daher auf jeden Fall mit Erfolg widerrufbar.

Justus Rechtsanwälte hat schon über 1000 Widerrufsbelehrungen in Kreditverträgen überprüft und diese Verträge in etlichen Gerichtsverfahren erfolgreich widerrufen und rückabgewickelt. 

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