Widerrufsjoker: Der EuGH öffnet die Tür für einen Darlehenswiderruf

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Das Urteil des EuGH vom 26.03.2020 (Az.: C-66/19) wurde lange erwartet und schlug ein wie eine Bombe. 

Die vom BGH mit seinen Entscheidungen aus dem Jahr 2016 geschlossene Tür für den Darlehenswiderruf von grundpfandrechtlich gesicherten Immobilienkreditverträgen seit 2010 wurde seitens des EuGH wieder geöffnet. In dem zugrundeliegenden Sachverhalt wurde eine Widerrufsbelehrung, die in den letzten Jahren fast ausschließlich in den Kreditverträgen wiederzufinden war, nun auf europäischer Ebene auf den Prüfstand gestellt. 

Hintergrund war der Wortlaut der Widerrufsbelehrung zum Fristbeginn der 14-tägigen Widerrufsfrist, der auf der Richtlinie 2008/48 nach ihrem Art. 2 Abs. 2 Buchst. a beruht. Demnach würde die Frist für den Widerruf erst beginnen, wenn die in § 492 Abs. 2 BGB aufgeführten Pflichtangaben erfüllt sind. 

Das Landgericht Saarlouis warf im Zusammenhang des Verfahrens über die Wirksamkeit des erklärten Widerrufs des Darlehensnehmers bezogen auf einen Darlehensvertrag aus dem Jahr 2012 die Frage auf, ob die Widerrufsbelehrung in der geltenden, gesetzlichen Fassung das Bestehen oder Nichtbestehen eines Widerrufsrechts sowie die Modalitäten für die Ausübung des Widerrufsrechts in „klarer, prägnanter“ Form wiedergibt. 

Aufgrund des europarechtlichen Hintergrunds der deutschen Vorschrift legte das Landgericht Saarlouis den Sachverhalt dem EuGH mit der Frage vor, ob diesen Anforderungen auch dann Genüge getan wird, wenn sich die erforderlichen Pflichtangaben nicht selbst aus der Belehrung ergeben, sondern nur über entsprechende Verweise auf weitere Vorschriften präzisiert werden.

Der EuGH beantwortete die Frage eindeutig mit einem Nein und macht damit den längst vergessenen Widerrufsjoker von Darlehensverträgen möglich.

Seine Entscheidung begründet der EuGH damit, dass zur Erfüllung der Angabe der wesentlichen Pflichtangaben der Verbraucher diese aus dem Vertragsdokument entnehmen können muss. 

Bei einem Verweist auf eine nationale Vorschrift (§ 492 Abs. 2 BGB), der wiederum auf Art. 247 §§ 6 bis 13 EGBGB verweist, wird nach Ansicht des EuGH den Anforderungen an eine „klarer, prägnanter“ Form nicht Genüge getan. Bemängelt wurde, dass es einem Verbraucher nur schwer möglich sein wird, erst nach Durchsicht diverser Vorschriften festzustellen, ob die Pflichtangaben erfüllt wurden. Erst recht könne der Verbraucher auf einer solchen Grundlage den Beginn der Widerrufsfrist nicht zweifelsfrei bestimmen. 

Der EuGH stellt damit fest, dass die erforderlichen Pflichtangaben in der Belehrung des entsprechenden Kreditvertrages nicht vorhanden waren mit der Folge, dass die Frist für die Ausübung des Widerrufs nicht zu laufen begonnen hat.

Dies betrifft viele Darlehensnehmer, die seit dem 11.06.2010 ihre Darlehensverträge abgeschlossen haben. Es ist daher zu empfehlen, die Möglichkeit eines Widerrufs prüfen zu lassen.

Gerne stehen wir Ihnen mit unserer Expertise im Bereich des Darlehenswiderrufs zur Verfügung.

Rechtsanwältin Ninja Lorenz

Kanzlei Schwede, Gewert & Kollegen


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