Wohnflächenabweichung und Wohnflächenangabe im Mietvertrag

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Zur Angabe der Wohnfläche im Wohnraummietvertrag ist der Vermieter nicht verpflichtet. Er benötigt diese Größe jedoch spätestens für die erste Betriebskostenabrechnung oder die erste Mieterhöhung nach §§ 558 ff. BGB. Deshalb ist es weit verbreitete Praxis, dass Vermieter die Größe der Wohnfläche in Mietverträgen angeben. Die Rechtsprechung beurteilt Wohnflächenangaben nicht als unverbindliche Objektbeschreibung, die – wie andere Angaben zur Mietwohnung – lediglich der Unterscheidung von anderen Wohnungen im Mietgebäude dienen, sondern als Beschaffenheitsvereinbarung. Mit dieser legen die Vertragsparteien die nach § 535 Abs.1 Satz 2 BGB vom Vermieter geschuldete Soll-Beschaffenheit der Mietsache fest, ohne dass hiermit eine Zusicherung der Wohnungsgröße verbunden ist. Dabei sind ca.-Zusätze nicht geeignet, eine Beschaffenheitsvereinbarung zu verhindern.

Berechnung der Wohnfläche

Die Aussage „1 m² = 1 m²“ ist für Juristen nicht immer wahr. Anders als Mathematiker berechnen sie die Flächen von Wohnraum auch in der dritten Dimension, wofür verschiedene Berechnungsverfahren existieren. Die Gemeinsamkeiten aller Verfahren zeigen sich darin, dass die Grundfläche von Räumen jeweils ab einer Höhe von 2 m voll anrechenbar ist, ab einer Höhe von 1 m halb und unter einer Höhe von 1 m nicht anrechenbar. Freiflächen wie Balkone und Terrassen sind in der Regel zu einem Viertel anrechenbar und mit Begründung bis zur Hälfte.

Rechtsfolgen von Flächenabweichungen

Grundsätzlich begründet jede Flächenunterschreitung, die den vertragsgemäßen Gebrauch der Wohnung beeinträchtigt, einen Sachmangel der Mietsache. Beweist der Mieter, dass die tatsächliche Wohnfläche kleiner ist als vereinbart und dass dies seinen Mietgebrauch beeinträchtigt, so obliegt es dem Vermieter, darzulegen und zu beweisen, dass die Beeinträchtigung nur unerheblich ist.

Unterschreitung von mehr als 10 %

Als Beweiserleichterung für den Mieter vermutet die Rechtsprechung ab einer Flächenunterschreitung von mehr als 10 % unwiderleglich, dass diese den Mietgebrauch erheblich beeinträchtigt. Der Mieter muss dann neben der Flächenabweichung nicht mehr darlegen und beweisen, dass diese sich nachteilig auf seinen Mietgebrauch auswirkt. Darüber hinaus ist der Vermieter vom Einwand der Unerheblichkeit abgeschnitten.

Unterschreitung bis 10 %

Ob eine geringe Unterschreitung der vereinbarten Wohnfläche von höchstens 10 % den Mietgebrauch des Mieters erheblich beeinträchtigen kann, hat der BGH bislang nicht entschieden. Bei einer Flächenabweichung von bis zu maximal 10 Prozent greift die von der Rechtsprechung aufgestellte tatsächliche, unwiderlegliche Vermutung für einen Mangel nicht. Der Mieter muss beweisen, dass sein Mietgebrauch konkret beeinträchtigt war und er konkrete Nachteile erlitten hat.

Fristlose Kündigung des Mieters

Nach § 543 Abs.2 Satz 1 Nr. 1 BGB kann der Mieter das Mietverhältnis außerordentlich fristlos kündigen, wenn ihm der Vermieter den vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache nicht gewährt. Unterschreitet die tatsächliche die vereinbarte Wohnfläche um mehr als 10 %, begründet dies nach der BGH-Rechtsprechung einen erheblichen Sachmangel, der den Mieter berechtigt, das Mietverhältnis ohne Abmahnung fristlos zu kündigen, weil der Vermieter den Mangel nicht beheben kann. Eine Interessenabwägung, ob dem Mieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses mit der zu kleinen Wohnfläche zuzumuten ist, findet nicht statt.

Umlage der Betriebskosten: Maßgeblichkeit der tatsächlichen Wohnflächen

Für die Umlage von Betriebskosten nach dem Anteil der Wohnfläche gem. § 556a Abs.1 Satz 1 BGB oder gem. HeizkostenVO ist das Verhältnis der tatsächlichen Wohnflächen maßgeblich. Die Betriebskosten sind nach dem Anteil der tatsächlichen Wohnfläche des Mieters an der tatsächlichen Wohnfläche der gesamten Abrechnungseinheit (Gesamtfläche) umzulegen.

Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete

Für Mieterhöhungen nach §§ 558 ff. BGB ist nach einem Urteil des BGH für den Abgleich der begehrten Mieterhöhung mit der ortsüblichen Vergleichsmiete stets die tatsächliche Wohnfläche der vermieteten Wohnung maßgeblich.

Praxistipp:

Zur Vermeidung von Gewährleistungsansprüchen des Mieters wegen Unterschreitung der vereinbarten Wohnfläche liegt es nahe, dass der Vermieter auf Flächenangaben im Mietvertrag und die hiermit verbundene Beschaffenheitsvereinbarung verzichtet. Ein Schweigen des Mietvertrags zur Wohnungsgröße schließt konkludente Beschaffenheitsvereinbarungen aber nicht sicher aus.

Eine konkludente Beschaffenheitsvereinbarung kommt in Betracht, wenn beide Vertragsparteien eine Vorstellung über eine bestimmte Wohnungsgröße haben und diese der jeweils anderen Vertragspartei bei Abschluss des Mietvertrags erkennbar ist, beispielsweise durch Übergabe einer Grundriss-Skizze mit detaillierter Wohnflächenberechnung

Der sicherste Weg zur Vermeidung einer Gewährleistung für eine bestimmte Wohnungsgröße ist, dass der Vermieter klarstellt, dass die Angabe der Wohnfläche im Mietvertrag nicht den vertragsgemäßen Zustand festlegt (sog. negative Beschaffenheit).

Hierzu hat der BGH (Urteil vom 10. 11. 2010 – VIII ZR 306/09) entschieden, dass die Formularklausel

Diese Angabe dient wegen möglicher Messfehler nicht zur Festlegung des Mietgegenstandes. Der räumliche Umfang der gemieteten Sache ergibt sich vielmehr aus der Anzahl der vermieteten Räume.“

wirksam und geeignet ist, eine Beschaffenheitsvereinbarung zu vermeiden.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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