Zugang einer Kündigung = Kenntnisnahme?

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Wie ist die rechtliche Situation, wenn dem Arbeitnehmer ein Kündigungsschreiben überreicht wird und er dieses ohne es zur Kenntnis zu nehmen wieder dem Arbeitgeber zurückgegeben hat. Die Problematik dieses Falles liegt darin, ob die Kündigung dem Arbeitnehmer nun auch wirksam zugegangen ist. 

Das Landesarbeitsgericht Köln hat in seinem Beschluss vom 04.09.2007 (14 Ta 184/07) über diese Problematik zu entscheiden. In seinem Leitsatz stellte das Gerichts fest, dass wenn einem Arbeitnehmer ein Kündigungsschreiben ausgehändigt wird und dieser das Kündigungsschreiben kurze Zeit später zurückgibt, so ist vom Zugang der Kündigung auszugehen, da die Möglichkeit der Kenntnisnahme bestand. 

Mit diesem Beschluss folgte das Gericht einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 04.11.2004 (2 AZR 17/04).

Zur Begründung griff das Gericht auf die Prinzipien des allgemeinen Zivilrechts zurück. Grundlage für die Entscheidung sind die allgemeinen Grundsätze über den Zugang unter anwesenden. Denn Zugang setzt danach nicht Kenntnis voraus. Entscheidend ist, dass die Willenserklärung derart in den Bereich des Empfängers gelangt ist, dass dieser unter normalen Verhältnissen die Möglichkeit hatte, vom Inhalt der Erklärung Kenntnis zu nehmen. Bei Erklärungen unter Anwesenden ist eine schriftlich verkörperte Erklärung zugegangen, wenn sie durch tatsächliche Übergabe in den Herrschaftsbereich des Empfängers gelangt ist. Denn für den Zugang einer schriftlichen Kündigungserklärung unter Anwesenden ist nicht darauf abzustellen, ob der Empfänger die Verfügungsgewalt über das Schriftstück dauerhaft behält.

Damit wird der Zugang nicht dadurch vereitelt, dass der Arbeitnehmer das Schreiben nicht behalten, sondern in den Machtbereich des Arbeitgebers zurückgegeben hat. Eine Verweigerung der Kenntnisnahme hebt den Zugang der Willenserklärung nicht auf. Die weitere Besonderheit in dem vom Landesarbeitsgericht lag zusätzlich darin, dass es sich bei dem Arbeitnehmer um einen der deutschen Sprache nicht mächtigen Arbeitnehmer handelte. Auch hier stellte das Gericht fest, dass eventuell fehlende Sprachkenntnisse den Zugang nicht hindern, denn der Empfänger hat jederzeit die Möglichkeit, sich das empfangene Schreiben übersetzen zulassen.  

Diese Lösung ist auch entsprechend konsequent, denn hier werden die allgemeinen Prinzipien des Zugangs des allgemeinen Zivilrechts bemüht. Wenn ein Empfänger mutwillig den Zugang eines Schreibens verhindert (zum Beispiel durch Zukleben oder Abmontieren des Briefkastens), so muss er auch den Inhalt dieses Schreibens gegen sich wirken lassen, auch wenn er den Inhalt des Schreibens nicht kennt. Anders verhält sich dies nur mit Übergabe-Einschreiben, diese müssen wegen der zu leistenden Unterschrift nicht angenommen werden, bei diesen wird kein Zugang fingiert. Dies liegt an der „Zusatzleistung“ der Unterschrift, zu der keiner gezwungen werden kann. Wenn man nicht unterschreibt, gelangt dieses Schreiben nicht derart in den Hoheitsbereich des Empfängers, dass mit Kenntnisnahme zu rechnen ist.

Für Arbeitnehmer bedeutet dies, dass sie durch eine Verweigerung der Kenntnisnahme den Zugang einer Kündigung nicht mutwillig verhindern können. Sie schaden sich damit nur selber, da die 3-Wochenfrist einer Kündigungsschutzklage dadurch dramatisch verkürzt werden könnte. Es ist besser die Kündigung zur Kenntnis zu nehmen und diese gegebenenfalls anwaltlich überprüfen zu lassen.

Für Arbeitgeber heißt dies, dass Kündigungen ausländischer Arbeitnehmer nicht in der Landessprache des Arbeitnehmers erfolgen müssen. Für die Übersetzung ist der Arbeitnehmer selber verantwortlich.


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