Zur Haftung bei Überschreitung der Richtgeschwindigkeit auf Autobahnen

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Anders als im europäischen Ausland gilt in Deutschland auf Bundesautobahnen grundsätzlich keine Geschwindigkeitsbeschränkung. Soweit die Verhältnisse es erfordern, können durch eine entsprechende Beschilderung die zulässigen Geschwindigkeiten beschränkt werden. Gleichwohl wurde bereits durch eine Verordnung aus dem Jahre 1978 eine Empfehlung an alle Führer von Pkw und anderen Kfz mit zulässigem Gesamtgewicht bis 3,5 t herausgegeben, wonach auf Autobahnen und autobahnähnlich ausgebauten außerörtlichen Straßen mit einer Geschwindigkeit von nicht mehr als 130 km/h gefahren werden soll (Richtgeschwindigkeit).

Ein Verstoß gegen die Empfehlung ist nicht mit Sanktionen bedroht, allerdings kommt zivilrechtlich je nach Umständen des Einzelfalls eine Mithaftung in Betracht, wenn die Richtgeschwindigkeit nicht eingehalten wird. Dies wurde erst jüngst wieder durch eine Entscheidung durch das Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg vom 09.09.2010 (Az.: 13 U 712/10) bestätigt.

Der Entscheidung des OLG Nürnberg lag ein Verkehrsunfall zugrunde, bei dem der Kläger mit 160 km/h auf der Autobahn im Bereich des linken Fahrstreifens gefahren ist. Der Unfallgegner fuhr auf die Autobahn auf und wechselte wenige Sekunden nach dem Einfahren auf die Autobahn die Fahrspur, wo es zum Zusammenstoß mit dem klägerischen Pkw kam. An sich spricht grundsätzlich alles gegen den Spurwechsler. Das OLG hat in seiner Entscheidung jedoch mit berücksichtigt, dass sich der Kläger nicht wie ein sogenannter „Idealfahrer" verhalten hat, da er die Richtgeschwindigkeit von 130 km/h überschritten hat. Bei Einhaltung einer Geschwindigkeit von nicht mehr als 130 km/h wäre der Verkehrsunfall im konkreten Fall nach Feststellungen eines Sachverständigen vermieden worden. Ein Idealfahrer wäre nicht schneller als Richtgeschwindigkeit gefahren, da ihm bewusst ist, dass er bei höheren Geschwindigkeiten Unfälle oftmals nicht mehr vermeiden kann bzw. von anderen Verkehrsteilnehmern nicht rechtzeitig wahrgenommen werden kann.

Im entschiedenen Fall haftete der Kläger allein wegen der Überschreitung der Richtgeschwindigkeit zu 25 % für den eingetretenen Schaden mit.


RA Andreas Holzer

Fachanwalt für Versicherungsrecht

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