Zur Notwendigkeit der Verteidigung im Vollstreckungsverfahren (§ 140 StPO) - OLG Hamburg

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Zum Sachverhalt:

Gegen einen ausländischen Verurteilten hat das Landgericht Hamburg am 09.11.2006 wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz eine Freiheitsstrafe von 6 Jahren und 6 Monaten verhängt.

Der Strafgefangene ist der deutschen Sprache nicht mächtig. Er spricht nach eigenen Angaben unvollkommen Französisch. Seine Muttersprache ist Zarma, eine in Niger gesprochene Sprache. Einen allgemeinen vereidigten Dolmetscher für die Zarma Sprache gibt es am Landgerichtsbezirk Hamburg nicht, so dass das Gericht auf die Drittsprache Französisch ausweichen muss.

Das Problem mit der Drittsprache löste das Hanseatische OLG damit, indem es einfach davon ausging, der Verurteilte könne ausreichend Französisch.

Nach der Rechtsprechung liegt ein Fall der notwendigen Verteidigung vor, wenn der beigezogene Dolmetscher nur eine dem Angeklagten verständliche „Drittsprache" spricht (vgl. OLG Celle NStZ 1987, S. 521; LG Flensburg StV 1990,59; OLG Köln NJW 1991, 2223, 2224; LG Verden StV 1990,60).

Auf diese Rechtsprechung geht das Oberlandesgericht (OLG) nicht ein.

Wird die Übersetzung in ausgefallenen Sprachen erforderlich, steht oftmals kein geeigneter Dolmetscher zur Verfügung; ist dem Beschwerdeführer die Möglichkeit verwehrt, in seiner Muttersprache zu kommunizieren, ist es - insbesondere bei Afrikanern - üblich, einen Dolmetscher für die in Heimat gesprochene Amtssprache beizuordnen. Diese Drittsprache, hier Französisch, wird vom Beschwerdeführer nur unvollkommen beherrscht, so dass das daraus resultierende Verteidigungsdefizit durch Beiziehung eines Dolmetschers allein nicht ausgeglichen werden kann.

Nach Ansicht des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg kommt es bei der Prüfung der Frage der notwendigen Verteidigung bei entsprechender Anwendung des § 140 Absatz 2 StPO nicht auf das Vollstreckungsverfahren insgesamt an, sondern es ist nur dessen konkret anstehender Teil zu prüfen. Das Oberlandesgericht bezieht sich auf die Rechtsprechung des OLG Frankfurt/Main (NStZ-RR 2003, 25= OLG Frankfurt, Beschluss vom 26. 5. 2003 - 3 Ws 618/03). Darüber hinaus verweist der 2. Senat des Hanseatischen Oberlandesgerichts auf seine eigene unveröffentlichte Rechtsprechung vom 3. August 2005 (Az. 2 Ws 135/05).

Das vollständige Urteil finden Sie unter: http://www.strafverteidiger-hamburg.net/index.php?eID=tx_nawsecuredl&u=0&file=fileadmin/user_upload/entscheidungen/HansOLG_Hmb_2_Ws__165_08.pdf&t=1268400354&hash=9c2b0607d8ccf59023614e835a6793c7

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Dr. Shahryar Ebrahim-Nesbat, Hamburg


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