3x Widerruf Lebensversicherung

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Heute berichte ich Ihnen wieder über einen Fall aus meiner Praxis. Ein Verbraucher, der auch Geschäftsführer ein Firma ist,  suchte mich auf und reichte umfangreiche Versicherungsunterlagen ein und bat mich um Prüfung auf Widerruflichkeit / hilfsweise Kündbarkeit. Es handelte sich um fondsgebundene Lebensversicherungen.

 Ich empfahl ihm letztendlich 3 fondsgebundene Lebensversicherungen zu widerrufen.

Was ist eigentlich eine kapitalbildende Lebensversicherung ?

 Bei der kapitalbildenden Lebensversicherung handelt es sich um eine Form der Lebensversicherung, bei der im Todesfall oder nach Ablauf des Vertrags die Versicherungssumme ausgezahlt wird. Sie ist also eine Kombination aus einer Risikolebensversicherung mit Leistung im Todesfalle und einem langfristigen Sparvertrag mit verzinster Zahlung nach Laufzeitende. Stirbt der Versicherungsnehmer während der Laufzeit des Vertrags erhält der Bezugsberechtigte die Versicherungssumme ausgekehrt. Erlebt der Versicherte den Ablauf des Vertrages, wird die über die Laufzeit angesparte Summe an den Versicherungsnehmer oder einem Bezugsberechtigten ausgezahlt.

 Was hat eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung für Folgen ?

 Wer eine falsche Widerspruchsbelehrung in seinem Vertrag vorfindet, kann diesem jederzeit widersprechen. Denn der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 29.07.2015 (Az.: IV ZR 384/14, openJur 2015, 12861) entschieden, dass Versicherungsnehmern von Kapitallebensversicherungen auch noch nach Jahren nach Abschluss des Vertrages ein Widerrufsrecht zustehen kann. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Widerrufsbelehrung fehlerhaft ist. Insbesondere Lebens- und Rentenversicherungen, die ab 1991 geschlossen wurden, enthalten häufig fehlerhafte Widerspruchsbelehrungen.

Wer im Zeitraum 1991 bis 2007 seine Versicherung abgeschlossen hat, der hat das noch unter dem alten Versicherungsvertragsgesetz getan. Das heißt konkret: Für diejenigen, die ihren Vertrag zwischen dem 1. Januar 1991 und dem 28. Juli 1994 abgeschlossen haben, galt grundsätzlich eine Frist von 10 Tagen um dem Vertrag zu widersprechen oder vom Vertrag zurückgetreten. Bei Verträgen, die danach abgeschlossen wurde, sprich vom 29. Juli 1994 bis zum 7. Dezember 2004, wurde dem Versicherten ein Widerspruchsrecht von 14 Tagen eingeräumt. Mit der letzten Änderung der Widerspruchs- bzw. Widerrufsfrist am 8. Dezember 2004 beträgt die Frist sogar 30 Tage.

Es muss stets berücksichtigt werden, dass im Vertrag wichtiger Versicherungsschutz enthalten sein kann, wie zum Beispiel Todesfallabsicherung oder eine Berufsunfähigkeitsversicherung. Solche Vergünstigungen würden bei einer Rückabwicklung gleichfalls entfallen. Oft haben gerade alte Lebensversicherungen im Vergleich zur heutigen Niedrigzinsphase gute Zinsrenditen erwirtschaftet. Auch können steuerliche Aspekte zu dem Ergebnis einer wirtschaftlichen Unsinnigkeit eines Widerspruchs führen.

Ist ein Wider­spruch erfolg­reich, muss der Versicherer abzüglich der Beiträge für den „genossenen Versicherungs­schutz“ alle Einzahlungen inklusive der hohen Abschluss- und Verwaltungs­kosten komplett erstatten. Dazu gehören auch die Zinsen, die sie mit den einge­zahlten Beiträgen erwirt­schaftet haben. Allerdings liegt der Vorteil weniger darin, mit dem Geld eine neue Police zu besseren Konditionen abzuschließen, sondern vielmehr in der alternativen Nutzung des zurückgezahlten Geldes. Im Widerspruchsfall erhält der Versicherte nicht nur die eingezahlten Sparbeiträge sowie Abschluss- und Verwaltungskosten zurückerstattet, sondern als Nutzungsentschädigung auch noch eine Verzinsung des Sparanteils oben drauf. Dadurch stellt sich der Versicherte viel besser als bei einer Kündigung der Police.

Warum empfahl ich Versicherung 1 zu widerrufen ?

 Ich kam zu dem Ergebnis, dass die hier verwendete kurze Passage („Dem Abschluß dieses Vertrages können Sie innerhalb von 14 Tagen ab Zugang der beigefügten Unterlagen widersprechen. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs.“) einige Fehler enthält.

Zum einen enthält die Belehrung keinen Hinweis auf die Form, in der der Widerspruch zu erklären ist. Ein dahingehender Hinweis war jedoch nach der damals geltenden Gesetzeslage obligatorisch (BGH, Urteil vom 01.06.2016 – IV ZR 482/14), um dem juristischen Laien Klarheit über die formalen Anforderungen des Widerspruchs zu verschaffen.

Ebenso fehlt eine abschließende Benennung der erforderlichen Unterlagen, die der Versicherungsnehmer erhalten haben muss. Der Versicherer ist jedoch verpflichtet, die Unterlagen, die den Fristbeginn auslösen, aufzulisten. Ohne eine entsprechende Aufzählung hat der Verbraucher keine Chance zu erkennen, ob seine Vertragsdokumente vollständig sind.

Schließlich suggeriert die Formulierung „ab Zugang der beigefügten Unterlagen“ dem Versicherungsnehmer, die Widerspruchsfrist beginne bereits mit dem Tag, an dem er die Vertragsunterlagen erhalten hat. Dies widerspricht jedoch der Regelung des § 187 BGB. Diese Vorschrift stellt klar, dass der Tag nicht mitberechnet werden darf, auf den das fristauslösende Ereignis fällt. Die Frist kann demnach erst einen Tag nach dem genannten Datum zu laufen beginnen.

 Warum empfahl ich Versicherung 2 zu widerrufen ?

Zunächst ist verwirrend und unklar und insgesamt irreführend, was genau in diesem Kontext gemeint ist mit: „Das Widerspruchsrecht bezieht sich nicht auf einen besonders beantragten sofortigen Versicherungsschutz“. Denn: diese Formulierung könnte den Verbraucher davon abhalten, vom Widerspruchsrecht Gebrauch zu machen, da dieser nachvollziehbar der Ansicht sein könnte, dass ein Widerspruch nichts „bringe“.

Zudem ist hinsichtlich der dort verwendeten Belehrung unklar, was genau unter „alle Vertragsunterlagen“ zu verstehen ist. Hier hätte darauf hingewiesen werden müssen, dass der Versicherungsschein, die Versicherungsbedingungen und die Verbraucherinformation gemeint sind.  Diese Formulierung könnte den Verbraucher davon abhalten, vom Widerspruchsrecht Gebrauch zu machen, da dieser nachvollziehbarer Weise nicht weiß, dass unter „alle Vertragsunterlagen“ der Versicherungsschein, die Versicherungsbedingungen und die Verbraucherinformation zu verstehen ist.

Warum empfahl ich Versicherung 3 zu widerrufen ?

 Ich kam zu dem Ergebnis, dass die hier verwendete Widerspruchsbelehrung fehlerhaft ist.

 Zum Einen war hier die Gestaltung des Druckexemplars unzureichend. Zum anderen wurde zwar erwähnt, dass in  Textform widerrufen werden kann, aber durch den letzten Satz wird suggeriert, man könne nur an die postalische Adresse (Anschrift) den Widerspruch absenden obwohl Textform auch Telefax oder Email sein kann.  

 Ferner ist die Widerspruchsbelehrung nicht korrekt soweit es um den Fristbeginn geht.  Denn die Formulierung „Der Lauf der 30-tägigen Frist beginnt, wenn Ihnen die o.g. Unterlagen….vollständig vorliegen“ suggeriert dem Versicherungsnehmer, die Widerspruchsfrist beginne bereits mit dem Tag, an dem er die Vertragsunterlagen erhalten hat. Dies widerspricht jedoch der Regelung des § 187 BGB. Diese Vorschrift stellt klar, dass der Tag nicht mitberechnet werden darf, auf den das fristauslösende Ereignis fällt. Die Frist kann demnach erst einen Tag nach dem genannten Datum zu laufen beginnen

 Zum Schluss

Überprüfungen dieser Art sind komplex. Aus unserer Sicht ist eine Spezialisierung im Rechtsberatungsbereich immens wichtig. Wer mit dem Gedanken spielt, seine Lebensversicherung zu widerrufen, kann mich jederzeit vertrauensvoll kontaktieren.  



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