Abmahngefahr wegen fehlerhafter Influencer-Werbekennzeichnung

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Im Jahr 2019 gab es gleich eine ganze Reihe von Urteilen, die sich mit dem Thema der Werbekennzeichnung von Influencern beschäftigt haben. Ausgangspunkt waren fast immer mögliche Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht, konkret: § 5a Abs. 6 UWG.

Demnach handelt unlauter, wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht und wenn die Nichtkenntlichmachung geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Eine Ausnahme soll gelten, wenn der geschäftliche Zweck sich unmittelbar aus den Umständen ergibt.

Schon hier zeigt sich, dass es für juristische Laien häufig schwierig ist einzuschätzen, ob und, wenn ja, wie sie als Influencer eine Werbekennzeichnung vornehmen müssen. Eine der wesentlichen Streitfragen, die von den Gerichten weiterhin uneinheitlich beantwortet wird, ist, wann genau bei Beiträgen von Influencern eine geschäftliche Handlung im Sinne des UWG vorliegt.

Eine Gegenleistung muss nicht zwingend vorliegen

Sowohl in der Rechtsprechung als auch in der juristischen Literatur finden sich viele Stimmen, die sogar in den Fällen, in denen ein Influencer das Produkt selbst gekauft hat, einen kommerziellen Zweck sehen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn in dem Beitrag des Influencers z. B. ein Link zur Webseite des Herstellers angebracht ist oder der Hersteller „getagged“ wird. Begründet wird diese Ansicht unter anderem damit, dass allein der Link zeigt, dass der Influencer den Absatz des Produktes fördern möchte – also ein kommerzieller Zweck vorliegt. Das gilt auch, wenn der Influencer selbst angibt, den Link nur zu Informationszwecken angebracht zu haben.

Die geschäftliche Handlung wird aber auch mit dem Argument bejaht, dass der Influencer selbst mit solchen Beiträgen seine eigenen geschäftlichen Tätigkeiten fördern möchte: Er möchte mehr Likes, Follower, Kommentare und andere für sich positive Reaktionen hervorrufen. So kann er wachsen, anderen Herstellern auffallen und möglichst lukrative Verträge erhalten. Die Schwelle, ab wann ein Influencer geschäftlich handelt, ist damit sehr niedrig. Auch mancher, der sich noch als Privatperson einschätzen würde, kann nach dieser strengen Rechtsprechung bereits als geschäftlich handelnder Unternehmer angesehen werden.

Auf die richtige Kennzeichnung kommt es an

Influencer unterliegen damit deutlich häufiger der Kennzeichnungspflicht, als dies in der Praxis tatsächlich umgesetzt wird. Aber selbst wenn klar ist, dass ein Beitrag als Werbung gekennzeichnet werden muss – oder dies aus reiner Vorsicht getan wird – gilt es noch zu beachten, wie diese Kennzeichnung genau erfolgen muss. Auch hierzu haben Gerichte in den letzten Jahren häufiger entschieden. Grob vereinfacht: Es muss auffällig sein.

So reichen Hashtags wie #ad oder #werbung allein kaum aus – insbesondere dann, wenn sie am Ende einer ganzen Reihe von Hashtags stehen. Auch kurze Einblendungen am Anfang eines Videos, wo „Werbung“ oder „Dauerwerbesendung“ zu lesen sind, reichen oft noch nicht. Gleiches gilt für versteckte Hinweise wie „sponsored by“ oder „paid partnership“ innerhalb von Textbeiträgen.

Sind alle Beiträge von Influencern immer Werbung?

Auf eine solche Kennzeichnung kann nur dann verzichtet werden, wenn der kommerzielle Zweck ohne Weiteres erkennbar ist. Das LG München I hat in dieser Frage eine ganz beachtliche Entscheidung getroffen (Urt. vom 29.04.2019, Az.: 4 HK O 14312/18). Nach Ansicht der Richter wären Verbraucher inzwischen an Influencer-Marketing derart gewöhnt, dass jeder bei einem Instagram-Profil mit blauem Haken und tausenden Followern sofort wüsste, dass die Beiträge kommerziell sein müssten.

Ob sich diese Ansicht durchsetzt, darf bezweifelt werden, hat sie doch erhebliche Kritik erfahren. Auch viele Influencer werden nur ungerne hören, dass sämtliche ihrer Beiträge ja offensichtlich nur noch Werbung sein könnten und eine private Meinung quasi gar nicht mehr möglich wäre.

Dieses Problem hat auch das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV) auf den Plan gerufen. Der Staatssekretär Gerd Billen erklärte hierzu, das BMJV wolle deshalb durch eine Änderung des UWG klarstellen, dass Äußerungen in sozialen Medien nicht als Werbung gekennzeichnet werden müssen, wenn sie ohne Gegenleistung erfolgen und vorrangig der Information und Meinungsbildung dienen.

Influencer haften selbst – aber auch die Hersteller

Wer als Influencer zugunsten eines anderen Unternehmens tätig wird, haftet stets selbst für Verstöße gegen das Lauterkeitsrecht. Auch Privatpersonen können theoretisch haften, wobei hier noch besondere Umstände vorliegen müssen. Neben den Influencern haftet häufig aber auch der Hersteller selbst, für den geworben wurde: Entweder als Mittäter oder unmittelbarer Täter.

Da das Influencer-Marketing erhebliche Beachtung und Verbreitung erfährt, gilt es für die Werbenden eine rechtlich fundierte Basis aufzubauen. Das gilt einerseits für die Influencer selbst, die ihre eigenen Kennzeichnungspflichten kennen und entsprechend umsetzen sollten. Aber das gilt auch für alle Unternehmen, die Influencer-Marketing betreiben und entsprechende Verträge mit Influencern abschließen wollen. Entsprechende Sensibilisierung und Vorbereitung können hier unangenehme Überraschungen ersparen.

Wenn auch Sie im Bereich des Influencer-Marketings tätig sind oder werden wollen, aber noch Fragen haben oder Details klären möchten (z. B. Marketingverträge zwischen Influencern und Unternehmen), dann können Sie sich gerne vertrauensvoll an uns wenden. Wir prüfen mit Ihnen gemeinsam die rechtlichen Chancen und Risiken einer solchen Partnerschaft und unterstützen Sie bei der Umsetzung.

Rechtsanwalt Dennis Tölle

Tölle Wagenknecht Rechtsanwälte Partnerschaft mbB


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