Abmahnungen für Datenschutzverstöße nach Wettbewerbsrecht

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Nunmehr fast zwei Jahre nach Inkrafttreten der DSGVO herrscht weiterhin Uneinigkeit in der Rechtsprechung und juristischen Literatur, ob und wenn ja, welche Datenschutzverstöße auch mithilfe des Wettbewerbsrechts verfolgt und geahndet werden können. Maßgeblich ist die Frage vor allem dafür, ob auch Mitbewerber und Verbraucherschutzorganisationen Datenschutzverstöße abmahnen und mit Klagen verfolgen können.

In der juristischen Literatur gibt es gewichtige Stimmen, die die DSGVO als abschließend auffassen. Es gäbe genaue Regelungen und Sanktionssysteme, die nur bestimmte Personen und Institutionen nutzen könnten. Darum würden Datenschutzverstöße keinen wettbewerbsrechtlichen Verstoß darstellen.

Erste Gerichte bejahen Wettbewerbsverstoß

Zentral ist damit zum einen die Frage, ob die DSGVO tatsächlich ein abgeschlossenes System für Sanktionen enthält. Im zweiten Schritt stellt sich die Frage, welche Normen der DSGVO Marktverhaltensregeln im Sinne des § 3a UWG sind. Nur Verstöße gegen solche Marktverhaltensregeln könnten dann auch einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht darstellen.

Viel Beachtung fanden daher vier gerichtliche Entscheidungen, die die Möglichkeit, Datenschutzverstöße auch über das Wettbewerbsrecht zu ahnden, bejaht haben. Eine der ersten Entscheidungen stammt vom LG Würzburg (Beschluss vom 13.9.2018, Az.: 11 O 1741/18 UWG). Das Landgericht hat dabei nicht nur den abschließenden Charakter der DSGVO verneint, sondern gleich eine ganze Reihe von Normen der DSGVO als marktverhaltende Regelungen eingestuft. Dazu zählen nach Ansicht des Gerichts:

  • Pflichtangaben gem. Art. 12 und 13 DSGVO
  • Die Pflicht zur Einrichtung technisch-organisatorischer Maßnahmen gem. Art. 5 Abs. 1 lit. f) i. V. m. Art. 32 Abs. 1 lit. f) DSGVO

LG Berlin bejaht ebenfalls Verstoß gegen Wettbewerbsrecht

Dass Art. 13 der DSGVO eine Marktverhaltensregel darstellt, hatte auch das LG Berlin kurz vorher schon angenommen – und ebenfalls das Wettbewerbsrecht für anwendbar gehalten (Beschluss vom 10.08.2018, Az.: 97 O 105/18).

Wer eine Webseite ohne die nach der DSGVO notwendige Datenschutzerklärung betreibt, handelt demzufolge wettbewerbswidrig und könnte abgemahnt werden. Gleiches gilt für Webseiten, auf denen mit einem Kontaktformular Daten erhoben, diese bei der Übertragung aber nicht verschlüsselt werden.

OLG Hamburg betrachtet Datenschutzverstöße als potenziellen Wettbewerbsverstoß

Neben der Entscheidung des LG Würzburg fand auch das OLG Hamburg (Urteil vom 25.10.2018, Az.: 3 U 66/17) deutliche Worte. Auch nach Ansicht der hanseatischen Richter ist die DSGVO keinesfalls abschließend. Jedoch müsste jede Norm der DSGVO einzelnen darauf geprüft werden, ob sie eine Marktverhaltensregel darstellt.

OLG Naumburg bestätigt Wettbewerbsverletzung in zwei Fällen

Das OLG Naumburg hatte sogar gleich in zwei Fällen über diese Fragen zu entscheiden (Urteile vom 07.11.2019, Az.: 9 U 6/19 und 9 U 39/18). Der Senat bejahte in beiden Fällen, dass auch Art. 9 Abs. 1 DSGVO eine Marktverhaltensregel darstellt. Dabei geht es um die Verarbeitung sogenannter „besonderer Kategorien personenbezogener Daten“. Das sind Daten, die besonders geschützt sind, wie z. B. Gesundheitsdaten, Daten zu politischen und religiösen Überzeugungen oder der sexuellen Orientierung einer Person.

Auch das OLG Stuttgart hat erst jüngst zu der Frage entschieden, ob die DSGVO Marktverhaltensregeln aufstellt, und dies jedenfalls für die Informationspflichten aus Artikel 13 Abs. 1 lit. a) und c) sowie Ab. 2 lit. b), d) und e) DSGVO bejaht (OLG Stuttgart, Urteil vom 27.02.2020, Az.: 2 U 257/19). Die Revision zum BGH wurde zugelassen.

Gefahr von Abmahnungen wegen Datenschutzverstößen steigt

Durch die neueren Entscheidungen des OLG Naumburg und des OLG Stuttgart ist die Gefahr von Abmahnungen wegen Datenschutzverstößen erneut gestiegen. Aber auch ansonsten sollten Unternehmen darauf achten, dass die Vorgaben des Datenschutzes eingehalten werden. Denn auch die Sanktionen der Datenschutzbehörden sind ein scharfes Schwert, das ab 2020 wohl verstärkt eingesetzt werden wird.

Egal, ob Sie Unterstützung bei der Umsetzung des Datenschutzes in Ihrem Unternehmen wünschen, eine Abmahnung erhalten haben oder selbst gegen Mitbewerber vorgehen wollen, die sich durch Datenschutzverstöße einen unfairen Wettbewerbsvorsprung verschaffen: Gerne können Sie sich vertrauensvoll an uns wenden. Wir prüfen gemeinsam mit Ihnen die notwendigen Maßnahmen, Erfolgschancen sowie Risiken und begleiten Sie dabei.

Rechtsanwalt Dennis Tölle

Tölle Wagenknecht Rechtsanwälte Partnerschaft mbB 


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