Absehen vom Fahrverbot bei Existenzgefährdung – Vier-Augen-Prinzip in Baden Württemberg

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Das AG Sigmaringen hat mit Urteil vom 12.2.2013, AZ 5 OWi 15 Js 7112/12, von der Verhängung eines Fahrverbotes gegen einen Betroffenen abgesehen. Das Amtsgericht führt in den Urteilsgründen aus:

„Von der Verhängung des Regelfahrverbots hat das Gericht ausnahmsweise abgesehen, nachdem das Fahrverbot für den Betroffenen eine Existenzgefährdung darstellen würde:

Der Betroffene war fast ein Jahr lang arbeitslos und hat jetzt seit dem 2. Januar 2013 wieder eine neue Arbeitsstelle gefunden. Er arbeitet jetzt als Servicetechniker für eine Firma S. und befindet sich noch in der Probezeit. Zurzeit wird er gerade eingearbeitet, die Probezeit beträgt 6 Monate. Während der Probezeit kann er keinen Urlaub nehmen, er kann das Fahrverbot somit auch nicht im Urlaub abdienen. Im Falle der Verbüßung des Fahrverbots würde er die neue Arbeitsstelle sofort wieder verlieren.

Daher hat das Gericht ausnahmsweise von der Verhängung des Fahrverbots abgesehen. Der Betroffene ist daraufhin gewiesen worden, dass es diese Ausnahme nur ein einziges Mal gibt. Zur Einwirkung auf ihn wurde die Geldbuße angemessen auf 500,00 EUR erhöht."

Nebenbei beschäftigt sich das Urteil auch mit dem sogenannten Vier-Augen-Prinzip bei der Lasermessung. In Abweichung zur aktuellen Rechtsprechung der Oberlandesgerichte Hamm und Düsseldorf führt es hierzu aus:

„Das Vier-Augen-Prinzip ist somit jedenfalls im Land Baden-Württemberg bei jeder Messung mit dem Lasermessgerät Riegl FG21-P zu beachten. Die Oberlandesgerichte Düsseldorf ... und Hamm... haben die Auffassung vertreten, dass bei derartigen Geschwindigkeitsmessungen kein Vier-Augen-Prinzip gelte. Dies ist jedenfalls für das Land Baden-Württemberg nicht zutreffend. Das Prinzip berücksichtigt die Tatsache, dass bei diesem Messverfahren kein Foto gefertigt wird, aus welchem die gemessene Geschwindigkeit abgelesen werden kann. Daher muss gewährleistet sein, dass der gemessene Wert richtig abgelesen und ins Messprotokoll eingetragen wird. Es dient somit dem Zweck, Ablese- und Übertragungsfehler zu vermeiden. Sowohl der Messbeamte als auch der Beobachter müssen das Messergebnis ablesen. Nach dem Eintrag in das Messprotokoll müssen beide kontrollieren, ob die Eintragung auch richtig erfolgt ist."

Fazit:

1. Bei Lasermessungen ohne Beweisfoto ist grundsätzlich das Messprotokoll anhand der Bußgeldakte zu prüfen. Bei Zweifeln an der Ordnungsgemäßheit der Feststellung des Messergebnisses empfiehlt es sich, die Messbeamten in der Hauptverhandlung zu vernehmen.

2. Fahrverbote sind nicht in Stein gemeißelt. Steht ein Fahrverbot im Raum, ist es immer angezeigt, einen Fachanwalt für Verkehrsrecht zu kontaktieren.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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