Akteneinsicht in die Bedienungsanleitung

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Das AG Bremervörde hat in einem Beschluss vom 06.09.2011 (Az.: 11 OWi 91/11) ein umfassendes Recht zur Akteneinsicht in eine Bedienungsanleitung zugesprochen. Nach einem ergangenen Bußgeldbescheid wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung hatte der Verteidiger bei der von ihm über 100 Kilometer entfernten Bußgeldbehörde beantragt, die Bedienungsanleitung beizuziehen und ihm diese im Wege der Akteneinsicht zu übersenden. Dies lehnte die Bußgeldbehörde ab. Die Verteidigung beantragte eine gerichtliche Entscheidung. Das AG Bremervörde sprach das Akteneinsichtsrecht zu. Es führt in dem Beschluss insbesondere aus:

„Soweit die Auffassung vertreten wird, ein Anspruch auf Übersendung einer Kopie der Bedienungsanleitung bestünde nicht, wird diese Auffassung damit begründet, dass die jeweilige Anfertigung von Kopien die Kapazitäten der Behörde übersteigen würde und daher der Betroffene auf die Einsicht in den Räumen der Behörde verwiesen werden könne. Diese Auffassung hält einer kritischen Würdigung nicht stand. Es kann nicht pauschal auf eine Vielzahl von Bußgeldverfahren verwiesen werden, weil offenbar nicht in jedem Fall die Kopie einer Bedienungsanleitung begehrt wird. Die Bußgeldbehörde muss ohnehin einmalig einige Kopien der Bedienungsanleitung fertigen, weil diese gelegentlich zu einer Gerichtsakte zu reichen sind. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Fertigung der Kopie einer Bedienungsanleitung die Kapazität der Behörde mehr beansprucht als das Ermöglichen einer möglicherweise mehrere Stunden andauernden Einsicht in die Bedienungsanleitung in den Räumen der Behörde. Der Behörde ist es ohne weiteres zumutbar, eine gewisse Anzahl von Kopien für die Versendung an Verteidiger vorzuhalten, zumal die Versendung der Kopien mit der Akte von einer Auslagenpauschale abhängig gemacht werden kann. Zur Ermöglichung einer effektiven Verteidigung sollte Akteneinsicht auch nicht erst am Tage der Verhandlung gegeben werden, sondern rechtzeitig vor einer möglichen Verhandlung."

Diese Entscheidung ist aus meiner Sicht zutreffend. Die Bedienungsanleitung eines Messgerätes ist ein Beweismittel und kann der Verteidigung nicht vorgehalten werden. Immerhin muss die Möglichkeit bestehen, die Messbeamten im Termin zu befragen; dies ist nur bei Kenntnis der Bedienungsanleitung möglich. Da auch Rechtsanwälte Organe der Rechtspflege sind, ist es tunlich, diesen die Verteidigung nicht dadurch zu erschweren, dass man von ihnen eine Reise quer durch Deutschland verlangt, nur um eine Bedienungsanleitung einzusehen.

Rechtsanwalt Peter Scheffer

Fachanwalt für Verkehrsrecht


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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