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Aktuelle Probleme des Urlaubsrechts – Arbeitsrecht

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Verfällt der Urlaubsanspruch, wenn er im laufenden Kalenderjahr nicht genommen werden kann?

Gemäß § 7 Abs. 3 S. 1 BurlG ist der Erholungsurlaub grundsätzlich im laufenden Kalenderjahr zu nehmen. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche (z.B. hohe Auftragslage) oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe (z.B. Krankheit) dies rechtfertigen (§ 7 Abs. 3 S. 2 BUrlG).

Im Falle der Übertragung des Urlaubs muss dieser bis spätestens zum 31.03. des Folgejahres genommen werden (§ 7 Abs. 3 S. 3 BUrlG). Eine weitergehende Übertragung ist ausnahmsweise nur dann gerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer infolge von Krankheit tatsächlich gehindert war, den Urlaub bis Ende März nehmen zu können.

Nicht abschließend geklärt ist derzeit, ob der Urlaub verfällt, wenn er vom Arbeitnehmer nicht vor Ablauf des Kalenderjahres oder des Übertragungszeitraumes beantragt wurde. Die bisherige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nimmt dies an. Nun hat das Bundesarbeitsgericht in einem aktuellen Beschluss vom 13.12.2016 – 9 AZR 541/15 (A) – diese Frage dem Europäischen Gerichtshof zur Klärung vorgelegt. Bis zu einer endgültigen Entscheidung empfiehlt es sich aus Arbeitnehmersicht auch weiter, hier unter Beachtung der gesetzlichen Fristen rechtzeitig die Inanspruchnahme bzw. Übertragung noch bestehender Urlaubsansprüche geltend zu machen. Dies gilt insbesondere auch im Falle der Ungewissheit über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses, etwa im Rahmen einer laufenden Kündigungsschutzklage.

Was passiert mit Urlaubsansprüchen bei Langzeiterkrankten?

Grundsätzlich entstehen auch in Fällen langzeitiger Erkrankung Urlaubsansprüche. Diese sind nach Gesundung und Rückkehr in den Betrieb des Arbeitgebers grundsätzlich als Freizeitausgleich zu gewähren. Allerdings hat das Bundesarbeitsgericht im Jahre 2012 entschieden, dass nur bis 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres noch der Urlaubsanspruch im Krankheitsfall geltend gemacht werden kann.

Das bedeutet, dass bei Langzeiterkrankten die Urlaubsansprüche jeweils zum am 31. März des übernächsten Kalenderjahres verfallen.

Wenn das Arbeitsverhältnis beendet wird, ohne dass eine Gesundung eingetreten ist und somit die bestehenden Urlaubsansprüche nicht als Freizeitausgleich bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses gewährt werden konnten, sind diese nach § 7 Abs. 4 BurlG auszubezahlen. Der Grundsatz des Verfalls der Ansprüche nach 15 Monaten gilt aber auch in diesem Fall.

Was geschieht mit Resturlaubsansprüchen, wenn das Arbeitsverhältnis durch den Tod des Arbeitnehmers endet?

Früher ging die Rechtsprechung davon aus, dass der Anspruch auf Gewährung des Erholungsurlaubes mit dem Tod des Arbeitnehmers untergeht.

Mit einem Urteil vom 22.09.2015, Az. 9 AZR 170/14, hat das Bundesarbeitsgericht aber klargestellt, dass es sich bei dem Urlaubsabgeltungsanspruch um einen kleinen Geldanspruch handelt und dieser auch vererbbar ist. Dies geht zurück auf eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 12.6.2014 (C-118/13), wonach Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG dahin auszulegen ist, dass er einzelstaatlichen Rechtsvorschriften entgegensteht, wonach der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub ohne finanziellen Ausgleich untergeht, wenn das Arbeitsverhältnis durch den Tod des Arbeitnehmers endet.

Bislang noch nicht geklärt ist jedoch die Frage, ob der Anspruch auf finanziellen Ausgleich des Urlaubs auch dann Teil der Erbmasse wird, wenn das nationale Erbrecht dies ausschließt. Außerdem ist noch nicht geklärt, ob Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG oder Art. 31 Abs. 2 GRC auch in den Fällen eine erbrechtliche Wirkung zukommt, in denen das Arbeitsverhältnis zwischen Privatpersonen bestand.

Auch diese hat das Bundesarbeitsgericht nunmehr mit Beschluss vom 18.10.2016 – 9 AZR 196/16 (A) – dem Europäischen Gerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.

Bis zu einer endgültigen Klärung ist aufgrund der vorgenannten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vorerst weiter davon auszugehen, dass der Anspruch auf Abgeltung von bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr genommenen Urlaubsansprüchen einen reinen Geldanspruch darstellt, der von den Erben des verstorbenen Arbeitnehmers geltend gemacht werden kann.

Wird der Urlaubsanspruch beim Wechsel von Vollzeit- in Teilzeittätigkeit gekürzt?

Der gesetzliche Urlaubsanspruch im Arbeitsverhältnis ist abhängig von der Zahl der pro Woche zu leistenden Arbeitstage. Das Bundesurlaubsgesetz sieht einen Mindesturlaubsanspruch von 24 Tagen ausgehend von einer 6-Tage-Woche vor.

Dementsprechend war in der Vergangenheit die gängige Praxis bei einer Veränderung des Arbeitszeitvolumens, dass ein Vollzeitarbeitnehmer, der die Anzahl seiner Arbeitstage verringerte, Resturlaubsansprüche aus der Vollzeitarbeit nur noch anteilig – orientiert an der neuen Anzahl seiner Arbeitstage – erhielt.

Der Europäische Gerichtshof erklärte diese Praxis mit Beschluss vom 13.6.2013 (C-415/12) nun für mit Unionsrecht unvereinbar.

Danach stellt die Kürzung des Urlaubsanspruchs anlässlich einer Reduzierung der Wochenarbeitstage einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot von Teilzeitbeschäftigten dar und ist somit unionsrechtswidrig.

Praktisch bedeutet dies für den Arbeitnehmer, das sowohl das Urlaubsentgelt wie auch die Urlaubsabgeltung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach der Höhe des (früheren) Vollzeitanspruchs zu berechnen sind.

Dresden, 15.12.2016

Kühne Rechtsanwälte, RA Gründig, Fachanwalt für Arbeitsrecht


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