Anordnung eines Wechselmodell bei fehlender Kommunikation und Kooperation der Eltern

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Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Beschluss vom 1.2.2017 – XII ZB 601/15) kann ein Wechselmodell nur dann angeordnet werden, wenn die Kooperation Kommunikationsfähigkeit zwischen den beteiligten Eltern gegeben ist und die geteilte Betreuung durch beide Eltern im Vergleich zu anderen Betreuungsmodellen dem Kindeswohl am besten entspricht.

Nunmehr hat das OLG Dresden mit Beschluss vom 12. April 2022 Az.:  21 UF 304/21 entschieden, dass ein Wechselmodell auch dann anzuordnen sein kann, wenn die Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit der Eltern nicht vorliegt. Entscheidend ist für das Oberlandesgericht Dresden in seiner Entscheidung, dass der Kindeswille insoweit beachtliches und das bisher die Durchführung des Umgangs trotz gestörter Kooperation und Kommunikation der Eltern reibungslos durchgeführt werden konnte. Dies sind nach Ansicht des OLG Dresden die Kriterien, auf deren besonderes Augenmerk zu richten ist.

Ob sich diese Entscheidung in der Praxis durchsetzen kann ist nach meiner Ansicht zweifelhaft. Zumindest ist für die Feststellung, ob ein Wechselmodell auch gegen den ausdrücklichen Willen eines Elternteils bei fehlender Kommunikations- und Kooperationsbereitschaft der Eltern nicht allein am Kindeswillen festzumachen. Hier ist nach hiesiger Auffassung zumindest ein entsprechendes Gutachten erforderlich.

Gerade dann, wenn Eltern um eine paritätische Betreuung streiten, ist der Kindeswille besonders zu beobachten. Hier besteht nach hiesiger Auffassung die Gefahr von Loyalitätskonflikten, die den Willen des Kindes stark beeinflussen können. Bei Kindern man gegenüber ihren Eltern das Phänomen, dass die es beiden recht machen wollen und deshalb eigene Wünsche komplett zurückstellt. Auch ist es sehr unwahrscheinlich, dass ein Wechselmodell, welches gegen den ausdrücklichen Wunsch eines oder beide Elternteile angeordnet wird Konflikt regulieren wird. Dies aber führt dazu, das betroffene Kind dauerhaft einem erheblichen Druck ausgesetzt sind, für welchen Elternteil sie sich eigentlich entscheiden soll. Deshalb sollte in einer solchen Konstellation dringend auf eine Begutachtung hingearbeitet werden, um auszuschließen, das Wechselmodell sich nachteilig auf das Kindeswohl auswirkt.


Ein Rechtstipp der Anwalts- und Fachanwaltskanzlei Neuner-Jehle Referat Familienrecht.



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