Anspruch auf eine Vollzeitbeschäftigung gegen den Arbeitgeber bei flexibel vereinbarter Arbeitszeit?

  • 2 Minuten Lesezeit

Auch wenn ich „nur“ einen Arbeitsvertrag dergestalt habe, dass mich mein Arbeitgeber auf Abruf einsetzt, wenn Arbeit anfällt, könnte sich hieraus doch ein Vollzeitarbeitsverhältnis entwickeln, wenn ich doch Vollzeit eingesetzt werde, oder? Das Bundesarbeitsgericht hat sich mit dieser Fragestellung am 24.09.2014 (Az.:5 AZR 1024/12) auseinandergesetzt.

Sachverhalt

Der Kläger war bei der Beklagten in deren Hotel-Restaurant als Koch beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis lag ein schriftlicher Arbeitsvertrag zugrunde. Dieser enthielt unter der Überschrift „Entgelt und Arbeitszeit“ die folgende Regelung:

„Es ist eine Festbeschäftigung mit flexibler Arbeitszeit nach den betrieblichen Erfordernissen vereinbart.“

Der Kläger arbeitete in den Monaten Mai und Juni 2009 länger als die regelmäßige tarifliche wöchentliche Arbeitszeit für Vollzeitbeschäftigte von 39 Stunden. In der Folgezeit setzte die Beklagte den Kläger – in unterschiedlichem Umfang – nur kürzer ein. Der Kläger erhielt den vereinbarten Stundenlohn für die tatsächlich geleisteten Arbeitszeiten. Er verlangt von der Beklagten Zahlung von Entgeltdifferenzen auf der Basis einer 48-Stunden-Woche. Das ArbG wies die Klage ab, das LAG gab ihr überwiegend statt.

Entscheidung

Nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts ist die Klage unbegründet. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Vergütung wegen Annahmeverzugs. Im Wege der Auslegung kommt das Bundesarbeitsgerichts zu dem Ergebnis, die Parteien hätten kein Vollzeitarbeitsverhältnis, sondern ein Teilzeitarbeitsverhältnis in der Form der Arbeit auf Abruf nach § 12 TzBfG vereinbart. Ausgehend vom Wortlaut der Klausel („Es ist eine Festbeschäftigung mit flexibler Arbeitszeit nach den betrieblichen Erfordernissen vereinbart.“) hätten die Parteien ausdrücklich keine Vollzeitbeschäftigung, sondern eine Festbeschäftigung mit flexibler Arbeitszeit nach den betrieblichen Erfordernissen vereinbart. Der Umfang der zu leistenden Arbeitszeit sei offen gelassen worden. Sie soll flexibel – also veränderlich – sein und sich nach den betrieblichen Erfordernissen – also dem Arbeitsanfall und dem Beschäftigungsbedarf – richten. Verbunden mit dem Fehlen jeglichen Hinweises auf eine bestimmte Dauer der Arbeitszeit dürfe ein verständiger Arbeitnehmer bei einer derartigen Klausel redlicherweise nicht annehmen, es solle ein Vollzeitarbeitsverhältnis begründet werden. Er müsse vielmehr davon ausgehen, dass nicht nur die Lage, sondern auch die Dauer der Arbeitszeit variabel ist und die regelmäßige Arbeitszeit im Durchschnitt unter der eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigen Arbeitnehmers bleibt, er also teilzeitbeschäftigt ist.

Kommentar

Das Bundesarbeitsgericht hatte schon einmal über einen ähnlichen Fall zu entscheiden, der jedoch einen wichtigen vertraglichen Unterschied aufwies. Vereinbart war dort: „Beginn und Ende der Arbeitszeit und der Pausen richten sich nach den betrieblichen Bedürfnissen und werden von der Schichtleitung festgelegt.“ Hier fehlte es bereits an einer Vereinbarung bezüglich der Dauer der Arbeitszeit, so dass ein Vollzeitarbeitsverhältnis begründet wurde. Der oben zitierten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts ist daher zuzustimmen.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechts- und Fachanwalt Christian Agatz

Beiträge zum Thema