Arbeitnehmer verweigert Änderung des Arbeitsvertrags – mit einer fristlosen Änderungskündigung wurde trotzdem Kurzarbeit eingeführt!

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Arbeitsgericht Stuttgart, Urteil vom 22.10.2020 – 11 Ca 2950/20

Die Corona-Krise hat deutlich gezeigt, dass jeder Arbeitgeber mit der Möglichkeit rechnen muss, die Arbeitsleistungen im eigenen Betrieb zu vermindern oder zeitweise gar gänzlich einzustellen. Um die wirtschaftlichen Folgen abzuschwächen, sieht der Gesetzgeber bei einem erheblichen Arbeitsausfall vor, dass Kurzarbeit eingeführt werden kann. Voraussetzung hierfür ist jedoch zunächst, dass der Arbeitsausfall dazu führt, dass mindestens 10 % der Belegschaft von einem Entgeltausfall von jeweils mehr als 10 % ihres monatlichen Bruttoeinkommens betroffen sind.

Weitere Voraussetzung ist, dass die Möglichkeit der Einführung von Kurzarbeit vereinbart wurde. Entweder geschieht dies im Wege einer Betriebsvereinbarung, also einer Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, oder mit einer entsprechenden arbeitsvertraglichen Regelung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

Ohne eine solche Vereinbarung kann Kurzarbeit nicht wirksam eingeführt werden. Die Arbeitnehmer haben dann unverändert einen Anspruch auf 100 % ihrer monatlichen Vergütung, auch wenn der Arbeitgeber diese nicht mehr beschäftigen kann.

Was also kann der Arbeitgeber veranlassen, wenn keine Vereinbarung existiert? Richtig, er kann mit den Mitarbeitern sprechen und im Nachgang eine entsprechende Regelung vereinbaren. Was passiert jedoch, wenn sich einzelne Mitarbeiter weigern, eine Vertragsanpassung zur Einführung von Kurzarbeit zu unterschreiben? Liegt es letztlich in der Hand der Belegschaft, ob der unternehmerisch tätige Arbeitgeber Kurzarbeit einführen und Kurarbeitergeld beantragen kann oder die finanziellen Folgen des Arbeitsausfalls selbst tragen muss? Mit diesen Fragen hatte sich das Arbeitsgericht Stuttgart zu beschäftigen.

In dem vorliegenden Fall hatte die Arbeitgeberin einer Mitarbeiterin, nachdem diese zuvor eine einvernehmliche Anpassung des Arbeitsvertrags abgelehnt hatte, fristlos gekündigt und zugleich die Weiterbeschäftigung dergestalt angeboten, dass in dem Arbeitsvertrag eine Regelung aufgenommen wird, welche der Arbeitgeberin die Anordnung von Kurzarbeit ermöglicht. Die Arbeitgeberin hat letztendlich also auf eine sogenannte Änderungskündigung zurückgegriffen. Die betroffene Mitarbeiterin nahm diese Änderung unter dem Vorbehalt einer gerichtlichen Prüfung, also dem Ergebnis einer Kündigungsschutzklage, an.

Das Gericht gab dann jedoch der Arbeitgeberin recht. Es stellte fest, dass in einem erheblichen Arbeitsausfall ein dringendes betriebliches Erfordernis liege, welches eine Änderungskündigung rechtfertige. Da die Mitarbeiterin die einvernehmliche Vertragsanpassung zuvor abgelehnt hatte, sah das Gericht in dem Ausspruch einer Änderungskündigung das mildeste Mittel, welches der Arbeitgeberin zur Verfügung stand, um auf die Situation zu reagieren. Die Kündigung habe darüber hinaus auch fristlos erfolgen dürfen, da ein Verweis auf gegebenenfalls längere Kündigungsfristen eine sinnvolle Nutzung der Regelungsinstrumentarien der Kurzarbeit unmöglich mache. Dies zeige sich im Rahmen der Corona-bedingten Situation vor allem dadurch, dass Maßnahmen ohne längere Ankündigung umgesetzt werden müssten. Dies komme letztlich einer Unplanbarkeit gleich.

Den vollständigen Text und Hinweise zur Praxis finden Sie unter: https://www.ra-wittig.de/urteile-arbeitsgericht/kuendigung/kurzarbeit-fristlose-aenderungskuendigung/


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