Arbeitsrecht: Treuwidrige Kündigung im Kleinbetrieb

  • 2 Minuten Lesezeit

Das Kündigungsschutzgesetz findet gemäß § 23 Abs. 1 S. 3 KSchG keine Anwendung in Betrieben, in denen in der Regel zehn oder weniger Arbeitnehmer/innen beschäftigt werden. Hierbei zählen Geschäftsführer von GmbHs, Betriebsinhaber (Einzelunternehmen und Personengesellschaften) und Auszubildende nicht mit. Teilzeitbeschäftigte werden anteilig gezählt.

Für Arbeitsverhältnisse, die bereits vor dem 1.1.2004 bestanden haben kommt es unter bestimmten Umständen noch auf die alte Grenze von fünf Arbeitnehmer/innen an.

Betriebe, die die Grenze von zehn Arbeitnehmer/innen nicht überschreiten, werden in der Praxis als Kleinbetrieb bezeichnet. In solchen Kleinbetrieben können Arbeitnehmer/innen grundsätzlich unter Einhaltung der geltenden Kündigungsfrist ohne nähere Begründung gekündigt werden. Während im Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes der Arbeitgeber im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses die Kündigungsgründe darlegen und beweisen muss, ist dies im Kleinbetrieb nicht erforderlich.

Auch im Kleinbetrieb kann eine Kündigung aber im Einzelfall gegen § 242 BGB verstoßen. Im § 242 BGB ist der sogenannte Grundsatz von Treu und Glauben geregelt. Letztlich wird dieser Grundsatz genutzt, um in begründeten Einzelfällen Ausnahmen zu begründen.

Der Grundsatz von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB ist aber auf Kündigungen im Arbeitsrecht nur sehr eingeschränkt anwendbar. Der Grundsatz von Treu und Glauben ist durch das Kündigungsschutzgesetz konkretisiert worden. Dennoch kann im Einzelfall eine Kündigung im Kleinbetrieb treuwidrig sein, wenn sie aus willkürlichen und sachfremden Motiven erfolgt (BAG, Urteil vom 05.12.2019, 2 AZR 107/19).

Eine willkürliche Kündigung liegt nicht vor, wenn ein irgendwie einleuchtender Grund für die Kündigung besteht (LAG Köln, Urteil vom 05.03.2021, 10 Sa 803/20).

Wenn ein gekündigter Arbeitnehmer im Kleinbetrieb gegen die Kündigung klagt, muss er zunächst einen Sachverhalt plausibel vortragen, der die mögliche Treuwidrigkeit der Kündigung indiziert. Erst dann muss der Arbeitgeber Gründe für die Kündigung darlegen. Für den Arbeitgeber reicht es aber aus, gewisse sachliche Erwägungen für die Kündigung darlegen zu können.

Eine treuwidrige (und damit im Ergebnis unwirksame) Kündigung im Kleinbetrieb könnte z.B. vorliegen, wenn die Kündigung aus rassistischen oder sexistischen Motiven erfolgt, weil der Arbeitnehmer sich gewerkschaftlich organisiert oder einen Betriebsrat gründen will.

In der Praxis ist es für Arbeitnehmer in der Regel schwierig, überhaupt plausible Indizien für eine treuwidrige Kündigung darzulegen. Der Arbeitgeber wird dann meist sachliche Gründe anführen können (selbst wenn die tatsächliche Motivation des Arbeitgebers treuwidrig sein sollte).

Eine Klage gegen eine Kündigung im Kleinbetrieb ist daher in den meisten Fällen aussichtslos. Dennoch kann die Klage aus taktischen Gründen sinnvoll sein, wenn der Arbeitnehmer noch andere Forderungen durchsetzen möchte z.B. auf Urlaubsabgeltung oder ein gutes Zeugnis. Es kann dann sinnvoll sein, auch die Kündigung gerichtlich anzugreifen, um im Rahmen eines Vergleichs (bei dem die Kündigung dann akzeptiert wird) andere Positionen zu sichern und z.B. ein gutes Zeugnis zu erhalten.

Rechtsschutzversicherte Arbeitnehmer müssen darauf achten, dass die Rechtsschutzversicherung für offensichtlich erfolglose Klagen keine Deckung gewähren muss. Auch Prozesskostenhilfe (PKH) ist für eine offensichtlich erfolglose Klage nicht zu gewähren. Sowohl bei einer Deckungsanfrage beim Rechtsschutzversicherer, als auch bei einem PKH-Antrag muss der Arbeitnehmer daher darlegen, dass es Indizien für eine Treuwidrigkeit der Kündigung gibt.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Mathias Wenzler

Beiträge zum Thema