Arzthaftung: Anforderungen an die Aufklärung im Vorfeld einer Operation

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Der behandelnde Arzt schuldet seinem Patienten neben der Einhaltung des Facharztstandards im Rahmen der Operation selbst auch eine dem Eingriff vorangegangene ordnungsgemäße Aufklärung. So ist der Eingriff in die körperliche Unversehrtheit des Patienten im Regelfall nämlich nur dann gerechtfertigt, wenn die Einwilligung eines informierten Patienten vorliegt. Nur so kann gewährleistet werden, dass der Patient eigenverantwortliches Subjekt der Behandlung bleibt und nicht gegen sein Selbstbestimmungsrecht verstoßen wird. Dem Patienten ist mithin im Rahmen der Aufklärung eine allgemeine Vorstellung über die in Betracht kommenden Behandlungsalternativen sowie die dem Eingriff immanenten Risiken zu vermitteln.

Aufklärung über Behandlungsalternativen:

Sollten für die konkrete Art der Erkrankung mehrere Behandlungsalternativen mit unterschiedlichen Risiken bestehen, so ist der Patient in Bezug auf die in Betracht kommenden Möglichkeiten über die jeweiligen Risiken und Erfolgsaussichten aufzuklären.

Beispielsweise kommt es in der Praxis immer wieder dazu, dass einem Patienten bei einem Bandscheibenleiden eine Operation als unumgänglich beschrieben wird, obwohl für diesen auch die weitaus risikoärmere Behandlungsvariante der konservativen Therapie in Form von Krankengymnastik und Sport in Betracht gekommen wäre. Hätte sich der Patient in diesem Fall bei ordnungsgemäßer Aufklärung (zunächst) für die konservativen Therapie entschieden, so wäre der Arzt dem Patienten infolge des damit rechtswidrigen Eingriffs zum Schadensersatz (Verdienstausfälle, Haushaltsführungsschäden, Folgebehandlungskosten etc.) sowie zur Leistung eines Schmerzensgeldes verpflichtet.

Aufklärung über Risiken:

Neben der Darstellung der in Betracht kommenden Behandlungsalternativen hat zudem eine ordnungsgemäße Risikoaufklärung zu erfolgen. Im Rahmen dieser sind dem Patienten die eingriffsspezifischen Risiken zu erläutern, wobei insbesondere auf die Häufigkeit potentiell auftretender Schadensfolgen und deren Auswirkung auf die Lebensführung hinzuweisen ist.

Dabei hat der Arzt auch auf seltene Risiken eines Eingriffes hinzuweisen, wenn das betreffende Risiko bei seiner Verwirklichung die Lebensführung des Patienten besonders belasten würde. So ist ein Patient im Vorfeld einer bei Bypass-Operation beispielsweise auch über das äußerst seltene Risiko einer Erblindung aufzuklären, welches sich infolge einer komplikationsbedingten Minderdurchblutung des Gehirns verwirklichen kann (BGH, Urteil vom 29.09.2009 – VI ZR 251/08).

Art und Weise der Aufklärung:

Hinsichtlich der Art und Weise der Aufklärung wurde nunmehr ausdrücklich im Patientenrechtegesetz festgehalten, dass die Aufklärung im Regelfall zwingend mündlich zu erfolgen hat und lediglich auf Dokumente Bezug genommen werden darf (§ 630e BGB). Damit ist der Gesetzgeber dem Irrglauben vieler Patienten entgegengetreten, welche die Auffassung vertraten, dass, wenn sie etwas unterschrieben hätten, der Arzt auch nicht zu haften habe. Wäre dies der Fall, so wäre es möglich, einem Patienten im Vorfeld einer Operation stets ein mehrere 100 Seiten umfassendes Formular vorzulegen, in welchem selbst die abwegigsten Risiken und alle noch so entfernten Behandlungsmöglichkeiten festgehalten wären. Die Unterschrift eines solchen Dokuments würde dann zu einem generellen Haftungsausschluss führen. Das tatsächlich erforderliche Arzt-Patienten-Gespräch soll jedoch gerade ermöglichen, dass dem Patienten eine Vorstellung von den Behandlungsmöglichkeiten, den jeweiligen Risiken und dem Ablauf der sodann erwählten Behandlungsmaßnahme ermöglicht wird. Dabei kann auch nur im Rahmen eines Gespräches seitens des aufklärenden Arztes festgestellt werden, ob der Patient ihn verstanden hat und ob noch weitere Nachfragen bestehen.

Zeitpunkt der Aufklärung:

Neben der Frage, ob der Patient im Rahmen eines mündlichen Gespräches über die bestehenden Behandlungsalternativen sowie die dem Eingriff spezifisch anhaftenden Risiken aufgeklärt wurde, gilt es ebenso den genauen Zeitpunkt der Aufklärung zu berücksichtigen. Bei planbaren Eingriffen, bei denen es sich nicht um kleine ambulante Eingriffe mit geringen Risiken handelt, setzt die gefestigte Rechtsprechung die Einhaltung zumindest einer 24-Stunden-Grenze zwischen dem Aufklärungsgespräch und dem Eingriff voraus. Eine Aufklärung am Vorabend einer Operation wird daher in der Regel als zu spät zu erachten sein.

Wie Sie sehen, sind eine Menge Voraussetzungen an das Vorliegen einer ordnungsgemäßen Aufklärung geknüpft, welche im Einzelfall durch einen spezialisierten Anwalt überprüft werden sollten.

Bei Problemen im Medizinrecht / Arzthaftungsrecht stehe ich Ihnen mit meiner spezialisierten Ausbildung sowie meiner mehrjährigen beruflichen Erfahrung gerne stark zu Seite!

Gilsbach

Fachanwaltskanzlei für Medizinrecht

durch:

Marius B. Gilsbach, LL.M. (Medizinrecht)

Rechtsanwalt & Fachanwalt für Medizinrecht

Weitere Informationen finden Sie auf www.patienten-rechte.de


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