Aufenthalt des Partners (im Ausland) unbekannt - Scheidung trotzdem möglich?

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Möchten Sie geschieden werden, sollten Sie wissen, wo sich der Ehepartner aufhält. Denn Ihr Scheidungsantrag muss dem Ehepartner zugestellt werden. Dazu müssen Sie die Adresse kennen. Außerdem muss der Ehepartner im Scheidungstermin persönlich erscheinen. Auch dazu muss das Gericht die Wohnadresse kennen. Wie können Sie trotzdem geschieden werden, wenn der Partner im Ausland untergetaucht oder verschwunden zu sein scheint?

Was ist mit der Scheidung, wenn der Partner verschwunden ist?

Ihr Scheidungsverfahren wird dadurch in die Wege geleitet, dass Ihr Scheidungsantrag dem Ehepartner vom Gericht amtlich zugestellt wird. Die Zustellung setzt voraus, dass Sie dem Gericht in Ihrem Scheidungsantrag eine ladungsfähige Anschrift des Ehepartners als Gegenpartei mitteilen.

Ist der Aufenthaltsort des Ehepartners unbekannt, kommt in begründeten Fällen die öffentliche Zustellung des Scheidungsantrags in Betracht (§ 185 ZPO). Öffentliche Zustellung bedeutet, dass an der Gerichtstafel des Amtsgerichts ein Aushang erfolgt, in dem öffentlich darüber informiert wird, dass für den Ehepartner ein amtliches Schriftstück vorliegt. Die Gründe, mit denen Sie Ihren Scheidungsantrag rechtfertigen, werden nicht veröffentlicht.

Die öffentliche Zustellung kommt auch dann in Betracht, wenn der Ehepartner im Ausland untergetaucht und die Zustellung im Ausland nicht möglich ist oder keinen Erfolg verspricht ist (§ 185 Nr. 3 ZPO). Dies gilt insbesondere mit Staaten, mit denen kein Rechtshilfeabkommen besteht oder die Zustellung unverhältnismäßig lange dauert oder mit sonstigen unzumutbaren bürokratischen Hindernissen verbunden ist. Es ist dann die Entscheidung des Familiengerichts, wie es im Einzelfall damit umgeht. So bietet beispielsweise Saudi-Arabien keine Rechtshilfe an, während Haiti bei Rechtshilfeverfahren eine Bearbeitungsdauer bis zu 36 Monate abverlangt.

Bewilligt das Gericht die öffentliche Zustellung Ihres Scheidungsantrags, gilt Ihr Antrag dem Ehepartner als bekannt gegeben und zugestellt, wenn seit dem Aushang der Benachrichtigung ein Monat vergangen ist.

Was sind die Voraussetzungen einer öffentlichen Zustellung?

Die öffentliche Zustellung wird nicht einfach so bewilligt. Diese setzt voraus, dass der Aufenthaltsort „allgemein unbekannt“ ist. Es reicht nicht aus, wenn nur Sie allein den Aufenthaltsort nicht kennen. Der Aufenthalt ist der Allgemeinheit nicht bekannt, wenn er sich mit zumutbaren Mitteln nicht feststellen lässt.

Dazu müssen Sie dem Gericht detailliert nachweisen und eidesstattlich versichern, inwieweit es Ihnen nicht möglich war, den Aufenthaltsort des Ehepartners ausfindig zu machen. Sie müssen alles versucht haben, um die Anschrift des Ehepartners herauszufinden. Es reicht nicht, dass Sie einfach nur die Anschrift nicht kennen, weil sich der Ehepartner nach unbekannt verabschiedet hat oder schlicht nicht auffindbar ist. Die Gerichte verlangen, dass Sie alle möglichen und zumutbaren Maßnahmen ergreifen, um die Anschrift des Ehepartners in Erfahrung zu bringen. Sie sollten dazu folgende Möglichkeiten in Betracht ziehen:

  • Fragen Sie beim Einwohnermeldeamt, wo der Ehepartner zuletzt gemeldet war nach, ob eine neue Meldeadresse bekannt ist. Sie können die Aufgabe auch Ihrem Rechtsanwalt übertragen.
  • Machen Sie eine Postanfrage. Vielleicht hat der Ehepartner dem örtlichen Postamt einen Postnachsendeauftrag erteilt und lässt sich die Post an seine neue Anschrift nachschicken. Auch diese Aufgabe können Sie Ihrem Anwalt übertragen.
  • Fragen Sie die Nachbarn am letzten bekannten Wohnort des Ehepartners, ob diese wissen, wohin der Ehepartner verzogen ist.
  • Fragen Sie Ihre Schwiegereltern oder Verwandte des Ehepartners.
  • Nimmt der Ehepartner das Umgangsrecht für Ihr gemeinsames Kind wahr, könnten Sie über das Kind in Erfahrung bringen, wo der Ehepartner wohnt. Achten Sie aber darauf, dass Sie das Kind nicht in Loyalitätskonflikte bringen.
  • Recherchieren Sie über soziale Netzwerke.
  • Ist der Ehepartner Ausländer, kann die Nachfrage beim Bundesverwaltungsamt, Abteilung Ausländerzentralregister, Barbarastraße 1, 50728 Köln, weiterführende Hinweise erbringen. Auch hier empfiehlt sich anwaltliche Hilfe.

Sie müssen dem Gericht nachweisen und meist auch eidesstattlich versichern, dass Sie alles unternommen haben, um die Anschrift des Ehepartners herauszufinden. Der Nachweis wird zur Überzeugung des Gerichts deutlich besser gelingen, wenn Sie möglichst viele Quellen angeben, bei denen Sie erfolglos recherchiert haben.

Partner reagiert nicht auf den Scheidungsantrag

Adressaten von Gerichtspost neigen dazu, die Zustellung eines amtlichen Schriftstücks zu verweigern. Die Annahmeverweigerung verhindert aber nicht die Zustellung. Der Zusteller, in der Regel die Post, lässt das Schriftstück einfach am Ort der Zustellung zurück (§ 179 ZPO). Es gilt mit dem Einwurf in den Briefkasten als zugestellt. Der Postbeamte trägt in die dem Schriftstück anhängende Zustellungsurkunde genau ein, wann, wo und wem er das Schriftstück zugestellt hat. Diese Urkunde geht zurück an das Gericht und wird in die Scheidungsrate eingefügt. Da Ihr Scheidungsantrag dann als zugestellt gilt, kann das Gericht das Scheidungsverfahren fortführen.

Stellt der Postbeamte fest, dass der Ehepartner unter der angegebenen Adresse nicht mehr wohnhaft ist, muss er das Schriftstück an das Gericht zurücksenden. Bestenfalls teilt der Postbeamte gleich die neue Adresse mit. Kommt die Ladung mit dem Vermerk „unbekannt verzogen“ zurück, werden Sie aufgefordert, dem Gericht eine neue ladungsfähige Anschrift mitzuteilen. Sie müssen dann wieder recherchieren.

Kann man in Abwesenheit geschieden werden?

Das Familiengericht ist verpflichtet, beide Ehepartner im Scheidungsverfahren anzuhören. Dazu ergeht eine persönliche Ladung an beide Ehepartner. Auch aus diesem Grund müssen Sie in Ihrem Scheidungsantrag eine ladungsfähige Anschrift des Ehepartners angeben. Beide Ehepartner müssen im mündlichen Scheidungstermin erscheinen. Dazu genügt es nicht, wenn sich ein Ehepartner durch einen Anwalt vertreten lässt. Der Anwalt kann die Anwesenheit des Ehepartners im Scheidungstermin nicht ersetzen.

  • Konnte der Ehepartner unter seiner Wohnanschrift ordnungsgemäß geladen werden und erscheint nicht zum Scheidungstermin, ist eine Scheidung trotzdem möglich:
  • Das Gericht darf lediglich keinen „Versäumnisbeschluss“ erlassen, so wie dies in zivilrechtlichen Verfahren normalerweise der Fall ist.
  • Möglich ist jedoch eine formal „streitige“ Scheidung. Dies bedeutet, dass das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen klären muss. Dazu muss es mit Ihnen als Antragsteller „einseitig verhandeln“ und, wenn Sie Scheidungsfolgen geregelt wissen möchten, gegebenenfalls auch Beweise erheben.
  • Die Säumnis des Antragsgegners im Scheidungstermin wird so gedeutet, dass er die Scheidungsvoraussetzungen bestreitet. Ist das Gericht überzeugt, dass Ihre Ehe zerrüttet ist, kann es Ihre Scheidung beschließen.

Ungeachtet dessen kann der Ehepartner als Antragsgegner den Scheidungsbeschluss mit der Beschwerde angreifen und, wenn er seine Säumnis im ersten Termin nachvollziehbar entschuldigt und der Scheidungsbeschluss irgendwie angreifbar erscheint, die Verhandlung über Ihre Scheidung wieder in Gang bringen.

Kann der Ehepartner mangels ladungsfähiger Anschrift nicht zum Scheidungstermin geladen werden, kann das Gericht ausnahmsweise auf die persönliche Anhörung des Ehepartners verzichten. Aber auch dann muss vorab die öffentliche Zustellung in Betracht gezogen werden. Der Fall wird relevant, wenn Sie die ladungsfähige Anschrift des Ehepartners zwar nach der Trennung noch kennen und diese Anschrift im Scheidungsantrag angegeben haben, der Ehepartner danach aber unbekannt umzieht, unauffindbar ist und zum Scheidungstermin nicht mehr ordnungsgemäß geladen werden kann.

Helfen Behörden in anderen Ländern dabei, Personen aufzuspüren?

Im Regelfall helfen Behörden anderer Länder nicht dabei, Personen ausfindig zu machen, die in einem anderen Land in einem zivilrechtlichen Verfahren Verantwortung tragen. Muss der Scheidungsantrag im Ausland zugestellt werden, lässt sich die Zustellung nach den bestehenden völkerrechtlichen Vereinbarungen vornehmen (§ 183 ZPO). Ist die einfache Zustellung (meist durch die Post) nicht möglich, ist durch die zuständige konsularische Vertretung des Bundes zuzustellen. Aber auch dann muss die Anschrift des Ehepartners im Ausland bekannt sein. Ob sich die Zustellung dann wirklich bewerkstelligen lässt, ist eine Frage im Einzelfall und meist wenig vielversprechend. Auch hier empfiehlt sich, vorab zu recherchieren, wo sich der Ehepartner aufhalten könnte.

Anders sieht es aus, wenn es um die Durchsetzung von Unterhalt im Ausland oder die Rückführung entführter Kinder aus dem Ausland geht. Hier helfen das Haager Übereinkommen über die internationale Geltendmachung der Unterhaltsansprüche von Kindern und anderen Familienangehörigen und das Haager Kindesentführungsübereinkommen.

Vor diesem Hintergrund wurde der Aufbau behördlicher Strukturen auf dem Gebiet des internationalen Unterhaltsrechts für notwendig erachtet und auch realisiert. Weltweit wurden sogenannte Zentrale Behörden geschaffen, die bei der grenzüberschreitenden Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen Hilfestellung leisten:

  • Die Zentralen Behörden sind untereinander eng vernetzt. Sie können bereits im Vorfeld eines förmlichen Ersuchens Ermittlungen zum Aufenthalt der unterhaltspflichtigen Person vornehmen.
  • In Deutschland ist das Bundesamt für Justiz als Zentrale Behörde betraut. Machen Sie beispielsweise den Unterhalt für Ihr Kind geltend, kann die Zentrale Behörde in Bonn Sie darin unterstützen, den Unterhaltsanspruch Ihres Kindes gegenüber dem unterhaltspflichtigen Elternteil im Ausland zu realisieren.
  • Für Scheidungsverfahren gibt es keine entsprechenden Vereinbarungen.

Fazit

Ist Ihnen der Aufenthaltsort Ihres Ehepartners unbekannt oder scheint er im Ausland untergetaucht, ist Ihre Scheidung dennoch möglich. Sie bedarf jedoch der strategischen Vorbereitung. Sie sollten sich dazu frühzeitig anwaltlich beraten lassen.

Foto(s): iurFRIEND

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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