Aufhebungsvertrag - Rücktritt & Widerruf

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Rücktritt bei Nichterfüllung des Aufhebungsvertrags durch den Arbeitgeber

Vereinbaren Arbeitnehmer und Arbeitgeber in einem Aufhebungsvertrag die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung, so liegt ein Vertrag vor, in dem sich der Arbeitgeber zur Zahlung einer Geldleistung verpflichtet und der Arbeitnehmer freiwillig auf seinen Arbeitsplatz verzichtet.

Es handelt sich dabei um einen gegenseitigen Vertrag, auf den die §§ 320 ff. BGB anwendbar sind.

Deshalb steht dem Arbeitnehmer gem. § 321 BGB grundsätzlich das Recht zum Rücktritt zu, wenn der Arbeitgeber z. B. mit der Zahlung der ausgehandelten Abfindung in Verzug gerät.

In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass § 323 BGB als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal die Durchsetzbarkeit der ursprünglichen Forderung verlangt und dass es an dieser Durchsetzbarkeit fehlt, wenn der Abfindungsanspruch aus einem noch mit dem Schuldner geschlossenen Aufhebungsvertrag vor Ausübung des Rücktrittsrechts wegen der zwischen Vertragsschluss und Fälligkeit der Abfindung erfolgten Insolvenzeröffnung zu einer Insolvenzforderung geworden ist und der Insolvenzverwalter deshalb die Zahlung der Abfindung verweigert.

Anders ist die Situation zu beurteilen, wenn der Aufhebungsvertrag nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit dem Insolvenzverwalter geschlossen wird.

In einem solchen Fall ist die Abfindung Masseverbindlichkeit im Sinne von § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO.

In Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, ob sich im Wege der Auslegung ein Ausschluss des Rücktrittsrechts ergeben kann.

Die besseren Gründe sprechen wohl dafür, dass von einem Ausschluss des Rücktrittsrechts nur dann ausgegangen werden kann, wenn hierfür konkrete Anhaltspunkte im Aufhebungsvertrag gegeben sind.

Neben den vertraglichen Rücktrittsrechten gibt es auch tarifvertragliche Rücktrittsrechte.

Einige Tarifverträge regeln, dass ein Arbeitnehmer innerhalb bestimmter Fristen von einem Aufhebungsvertrag zurücktreten kann.

Nach dem Inhalt einzelner Tarifverträge kann auf das Rücktrittsrecht im Aufhebungsvertrag auch verzichtet werden. Umstritten sind die Rechtsfolgen des Rücktritts.

Nach teilweise vertretener Auffassung in der Rechtsprechung beseitigt der Rücktritt – anders als die Anfechtung oder der Eintritt einer auflösenden Bedingung – nicht den Vertrag, sondern wandelt ihn mit ex nunc-Wirkung in ein Abwicklungsverhältnis um.

Das Arbeitsverhältnis bleibt auch nach einem Rücktritt vom Aufhebungsvertrag aufgelöst.

Insbesondere in der Literatur hingegen wird die Auffassung vertreten, die Sichtweise der Teile der Rechtsprechung werde den Besonderheiten des Rücktritts vom Aufhebungsvertrag nicht gerecht.

Hauptleistung des Arbeitnehmers in dem rückabzuwickelnden Aufhebungsvertrag sei das erklärte Einverständnis mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Die Rückgewähr dieser Leistung im Sinne des § 346 BGB müsse zur Folge haben, dass die Erklärung des Arbeitnehmers wegfalle und damit das Arbeitsverhältnis fortbestehe.

Hat der Arbeitgeber eine Kündigung erklärt und haben die Parteien daraufhin im Kündigungsschutzprozess einen Abwicklungsvertrag oder Prozessvergleich geschlossen, so beseitigt der Rücktritt hiervon nicht die Beendigungswirkung der Kündigung.

Nach dem Rücktritt des Arbeitnehmers von einem Abwicklungsvertrag verbleibt es bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses.

Der Rücktritt bewirkt lediglich den Wegfall der Erfüllungsansprüche aus dem Abwicklungsvertrag sowie die Verpflichtung des Arbeitnehmers, die erhaltenen Leistungen zurückzugewähren.

Die Rückabwicklung des Abwicklungsvertrages führt hingegen nicht dazu, dass der Arbeitgeber mit dem Arbeitnehmer ein neues Arbeitsverhältnis begründen muss.

Selbst wenn man berücksichtigt, dass der Arbeitnehmer aufgrund des beabsichtigten Abschlusses des Abwicklungsvertrages von einer Kündigungsschutzklage abgesehen hat, spricht gegen eine derartige Verpflichtung, dass hierdurch der Arbeitnehmer besser stünde, als wenn überhaupt kein Abwicklungsvertrag geschlossen worden wäre.

In einem solchen Fall hätte nämlich der Arbeitnehmer zur Vermeidung der Wirkungen des § 7 KSchG einen erfolgreichen Kündigungsschutzprozess führen müssen.

Es kann nicht sein, dass der Arbeitnehmer nach dem Rücktritt von einem Abwicklungsvertrag besser dasteht als zuvor.

Wird ein Prozessvergleich geschlossen, ist in demselben Verfahren über die Wirksamkeit des Rücktritts zu entscheiden. Tritt der Arbeitnehmer wirksam vom Prozessvergleich zurück, so ist richtigerweise der Rechtsstreit, um die Wirksamkeit der Kündigung fortzusetzen.

Nur so kann der Fiktionswirkung des § 7 KSchG ausreichend Rechnung getragen werden

  

Widerruf

Der Arbeitnehmer könnte ein Widerrufsrecht gemäß § 355 iVm. § 312g Abs. 1, § 312b BGB zustehen.

Dazu müsste der Anwendungsbereich nach § 312 Abs. 1 BGB eröffnet sein.

Dies könnte der Fall sein, da der Aufhebungsvertrag vom Arbeitnehmer in der Wohnung geschlossen worden ist.

Aus § 312 Abs. 1 BGB ergibt sich eine Anwendbarkeit nur auf Verbraucherverträge iSd. § 310 Abs. 3 BGB, die eine entgeltliche Leistung des Unternehmers zum Gegenstand haben.

Aus § 312b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB sind außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge solche Verträge, die bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit des Verbrauchers und des Unternehmers an einem Ort geschlossen werden, der kein Geschäftsraum des Unternehmers iSd. § 312b Abs. 2 BGB ist.

Dem Unternehmer stehen Personen gleich, die in seinem Namen oder Auftrag handeln (§ 312b Abs. 1 Satz 2 BGB).

Bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und bei Fernabsatzverträgen steht dem Verbraucher gemäß § 312g Abs. 1 BGB ein Widerrufsrecht gemäß § 355 BGB zu.

Für die Annahme eines Widerrufsrechts des Arbeitnehmers bei Abschluss eines arbeitsrechtlichen Aufhebungsvertrags in seiner Wohnung spricht zwar, dass es sich bei einem arbeitsrechtlichen Aufhebungsvertrag um einen Verbrauchervertrag iSd. § 310 Abs. 3 BGB handelt und der Vertrag außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmers, dh. des Arbeitgebers, geschlossen wurde.

Ein Verbrauchervertrag liegt danach nur vor, wenn ein Unternehmer (§ 14 BGB) zur Lieferung einer Ware oder Erbringung einer Dienstleistung und der Verbraucher (§ 13 BGB) zur Zahlung eines Entgelts verpflichtet werden.

Da der Aufhebungsvertrag keine entgeltliche Leistung des Arbeitgebers zum Gegenstand hat, fehlt es insofern bereits an der vertraglichen Charakteristik von Verbraucherverträgen.

Auch § 312 Abs. 1 BGB spricht von einer „entgeltlichen Leistung“ des Unternehmers.

Dass eine solche fehlt dürfte wohl auch dann anzunehmen sein, wenn der Aufhebungsvertrag eine Abfindungszahlung an den Arbeitnehmer vorsieht.

Auch diese kann offenkundig weder als Warenlieferung noch als Erbringung einer Dienstleistung verstanden werden.

Die Auslegung des § 312 Abs. 1 BGB ergibt somit, dass die Norm den Anwendungsbereich der §§ 312b, 312g BGB nicht eröffnet.

Folglich kann ein Arbeitnehmer sein Einverständnis mit einem geschlossenen Aufhebungsvertrag unabhängig vom Ort des Vertragsschlusses nicht gemäß § 312 Abs. 1, §§ 312b, 312g Abs. 1, § 355 BGB widerrufen.

Foto(s): kanzlei JURA.CC

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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