Augen auf beim Krankenkassenwechsel - Infomationen aus aktuellem Anlass (Pleite der City-BKK)

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Nach dem die City-BKK zum 01.07.2011 eine Schließungsverfügung erhalten hat, stellt sich für viele Betroffene die Frage, was sie tun müssen, um wieder an eine Krankenversicherung zu gelangen und welche Probleme hierbei auf Sie zukommen können. Im Folgenden stelle ich einige Informationen zusammen, die Ihnen hinsichtlich des Wechsels von einer gesetzlichen Krankenversicherung in eine andere gesetzliche Krankenversicherung behilflich sein können.

Die für den Krankenkassenwechsel maßgebliche Vorschrift findet sich in § 175 Absatz 1 SGB V.

Dort heißt es:

"Die Ausübung des Wahlrechts ist gegenüber der gewählten Krankenkasse zu erklären. Diese darf die Mitgliedschaft nicht ablehnen."

Damit steht schon einmal fest, dass jeder bislang in der City-BKK Versicherte einen gesetzlich verankerten Anspruch darauf hat, in eine andere gesetzliche Krankenkasse zu wechseln. Bei der Auswahl der neuen gesetzlichen Krankenkasse ist der Versicherte völlig frei. Er kann sich irgendeine gesetzliche Krankenversicherung aussuchen.

Angesichts des ungeheuerlichen Verhaltens einiger Krankenkassen in den vergangenen Tagen beim Umgang mit den Wechselanträgen der Mitglieder der City-BKK möchte ich auf Folgendes hinweisen:

Die gewählte Krankenversicherung darf den Versicherten nicht ablehnen. Die gewählte Krankenversicherung ist verpflichtet, den Mitgliedsantrag entgegen zu nehmen. In diesem Zusammenhang weise ich darauf hin, dass es keine Verpflichtung gibt, einen Mitgliedsantrag persönlich abzugeben. Der Mitgliedsantrag kann und sollte (!) auch vorab per FAX geschickt werden. Noch sicherer ist es, den Mitgliedsantrag in Begleitung eines Zeugen persönlich in der Geschäftsstelle der Krankenkasse Ihrer Wahl abzugeben oder in den Briefkasten der Geschäftsstelle zu werfen.

Die Krankenkasse hat dann unverzüglich eine Mitgliedsbescheinigung auszustellen, § 175 Absatz 2 Satz 1 SGB V.

Ein Krankenkassenwechsel ist auf den ersten Blick denkbar einfach. Tatsächlich sollten Sie aber auch Folgendes beachten:

1. Zwei-Wochen-Frist, § 175 Absatz 2 Satz 1 SGB V

Gem. § 175 Abs. 3 SGB V hat der Versicherungspflichtige der zur Meldung verpflichteten Stelle unverzüglich eine Mitgliedsbescheinigung vorzulegen. Mit der "zur Meldung verpflichteten Stelle" ist bei Arbeitnehmern z. B. der Arbeitgeber gemeint. Dort muss die neue Mitgliedsbescheinigung unverzüglich vorgelegt werden.

Geschieht dies nicht innerhalb von zwei Wochen nach Beendigung des Versicherungsverhältnisses in der City-BKK, muss die zur Meldung verpflichtete Stelle für den Versicherungspflichtigen das Wahlrecht ausüben. Die zur Meldung versicherte Stelle meldet den Versicherungspflichtigen dann einfach bei einer Krankenkasse, meistens ist dies die AOK, an.

Die Mitgliedschaft in der City-BKK endet zum 31.06.2011 (letzter Tag der Versicherung), so dass die neue Mitgliedsbescheinigung spätestens am 14.07.2011 bei der zur Meldung verpflichteten Stelle, z. B. dem Arbeitgeber, abgegeben werden sollte.

An die neue Wahl der Krankenversicherung, egal ob eigene Wahl oder Wahl der zur Meldung verpflichteten Stelle, ist der Versicherte dann 18 Monate gebunden, § 175 Abs. 4 Satz 1 SGB V.

2. Alte Chip-Karte noch benutzbar?

Grundsätzlich gilt gemäß § 19 Abs. 2 Satz 1 SGB V, dass nach Beendigung der Mitgliedschaft für längstens einen Monat weiterhin ein Anspruch auf Leistungen besteht. Es ist aber derzeit unklar, ob diese Norm auf die City-BKK anwendbar sein wird. Es dürfte auch unwahrscheinlich sein, nach dem 01.07.2011 einen Arzt zu finden, der eine Chip-Karte der City-BKK akzeptieren wird.

3. Neue Chip-Karte noch nicht da

§ 18 Nr. 8 BMV-Ä (Bundesmantelvertrag-Ärzte) lautet wie folgt:

"Der Vertragsarzt darf von einem Versicherten eine Vergütung nur fordern
1.
wenn die Elektronische Gesundheitskarte vor der ersten Inanspruchnahme im Quartal nicht vorgelegt worden ist bzw. ein anderer gültiger Behandlungsausweis nicht vorliegt und nicht innerhalb einer Frist von zehn Tagen nach der ersten Inanspruchnahme nachgereicht wird,..."

Ihr Arzt bzw. Ihre Ärztin kann also von Ihnen Geld für die Behandlung verlangen, wenn Sie keine Kassenkarte vorlegen können und diese auch nicht innerhalb von 10 Tagen nachreichen.

Sie gehen ein nicht unerhebliches Risiko ein, wenn Sie nach dem 01.07.2011 eine Kassenleistung in Anspruch nehmen und keine Versichertenkarte vorlegen und auch nicht innerhalb von 10 Tagen nachreichen können. Besprechen Sie dieses Thema mit Ihrem Arzt bzw. Ihrer Ärztin und vereinbaren Sie, dass Sie auf der Basis der Tarife der gesetzlichen Krankenversicherung behandelt werden. Nur eine solche Vereinbarung hilft Ihnen in einem Streitfalle.

4. Was ist mit bewilligten Therapien, Hilfs- bzw. Heilmitteln etc.?

Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist hier eindeutig:

"Die Leistungszusage des Versicherungsunternehmens gilt im Übrigen nur für die Dauer des privatrechtlichen Versicherungsverhältnisses ... Auch bei einem Wechsel von einer Pflegekasse zu einer anderen Pflegekasse, wie er im Bereich der sozialen Pflegeversicherung möglich ist, gibt es keinen Bestandsschutz auf Grund einer von der ersten Pflegekasse getroffenen Bewilligungsentscheidung nach den §§ 36 ff SGB XI. Die Bindungswirkung gilt grundsätzlich nur innerhalb eines konkreten Sozialversicherungs- bzw. Sozialleistungsverhältnisses, nicht aber darüber hinaus (§ 39 SGB X)... Die §§ 45 ff SGB X, die nur unter speziellen Voraussetzungen die Rücknahme (§ 45 SGB X) oder die nachträgliche Änderung (§ 48 SGB X) begünstigender Verwaltungsakte gestatten und im Übrigen unter Vertrauensschutzgesichtspunkten weitgehend Bestandsschutz gewähren, gelten nur im Verhältnis zwischen dem Versicherten und der die Bewilligungsentscheidung (Verwaltungsakt) erlassenden Verwaltungsbehörde bzw. deren Rechtsnachfolger (z. B bei der Fusion von zwei Krankenkassen) oder Funktionsnachfolger (z. B bei Aufgabenverlagerung von einer Behörde zur anderen, vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 7. Aufl. 2002, § 94 RdNr 10), nicht aber im Verhältnis des Versicherten zu einem - z. B nach Kassenwechsel zuständig gewordenen - anderen Versicherungsträger, soweit in besonderen gesetzlichen Regelungen keine Bindungswirkung angeordnet worden ist. Das ist hier - anders als etwa im Bereich der Beschädigtenversorgung nach dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG) (vgl. § 88 Abs. 3 SVG; dazu BSG, Urteil v. 25. März 2004, Az.: B 9 VS 2/01 R, zur Veröffentlichung vorgesehen) - nicht der Fall."

Hieraus wird man letztlich schlussfolgern müssen, dass die neue Krankenkasse nicht an das gebunden ist, was die bisherige Krankenkasse, z. B. die City-BKK, bislang bewilligt hat.

Sprechen Sie deshalb die neue Krankenkasse ihrer Wahl aktiv an, falls Sie befürchten, eine von der City-BKK vorgenommene Bewilligung zu verlieren.

5. Fazit

Der Wechsel der Krankenkasse ist tatsächlich relativ einfach zu bewerkstelligen. Hinsichtlich der mit einer Krankenkasse verbundenen Unklarheiten ist es an Ihnen, hier aktiv auf die neue Krankenkasse bzw. Ihren Arzt zuzugehen und diese Unklarheiten anzusprechen. Außerdem ist die Zwei-Wochen-Frist zu beachten.

Wenn Sie hierzu weiteren Beratungsbedarf haben, dann können Sie mich gerne anrufen oder mir Ihren Fall vorab in einer E-Mail schildern.

Kanzlei Jurist-Berlin | Medizinrecht und Familienrecht

Annett Sterrer LL.M. (Medical Law)

Rechtsanwältin

Fachanwältin für Sozialrecht

Fachanwältin für Familienrecht


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