Ausschluss des Umgangsrechts

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Im Umgangsrecht kommt das Recht von Elternteil und Kind zum Ausdruck, auch nach der Trennung der Eltern Umgang miteinander zu haben. Erweist sich die Ausübung des Umgangsrechts als problematisch, kann das Familiengericht das Umgangsrecht einschränken oder ausschließen, aber nur, soweit dies zum Wohl des Kindes zwingend erforderlich ist. Unter welchen Voraussetzungen kann der Umgang verweigert und bei Gericht ein Umgangsverbot oder Kontaktverbot beantragt werden? Dies und weitere Informationen rund um den Ausschluss des Umgangs erfahren Sie in diesem Beitrag.

Dürfen Eltern den Umgang verweigern?

Das Umgangsrecht ist ein gesetzlich verbrieftes Recht von Elternteil und Kind. Vor allem dient der Umgang dem Wohl des Kindes und seiner gedeihlichen Entwicklung. Sie sollten diese Aspekte nicht einseitig nach Ihrem Ermessen beurteilen. Verweigert ein Elternteil den Umgang ohne nachhaltige Gründe, kann der umgangsberechtigte Elternteil sein Umgangsrecht gerichtlich durchsetzen. Ist das Umgangsrecht rechtsverbindlich vereinbart, kann das Umgangsrecht gegebenenfalls auch zwangsweise durchgesetzt werden.

Ist durch den Umgang des Kindes mit dem Elternteil das Wohl des Kindes gefährdet, kann das Familiengericht das Umgangsrecht einschränken, aussetzen oder ausschließen (§ 1684 Abs. IV BGB). Auf längere Sicht muss der Ausschluss des Umgangsrechts die äußerste Maßnahme bleiben. Dazu ist das Familiengericht verpflichtet, die familiäre Situation umfassend aufzuklären. Liegen Gründe für eine Aussetzung oder Ausschluss vor, ist nach dem Gebot des geringst möglichen Eingriffs zu prüfen, welche Maßnahmen im Einzelfall sinnvoll und zweckmäßig erscheinen.

Tipp: Das Umgangsrecht ist ein existentielles Recht von Kind und Elternteil. Um es auszuschließen, genügt es nicht, dass Sie als Elternteil die Interessen und das Wohl Ihres Kindes beeinträchtigt sehen. Jede Maßnahme, die das Umgangsrecht infrage stellt, bedarf einer detaillierten Prüfung. Nur, wenn Sie Ihren Antrag auf Ausschluss des Umgangsrechts entsprechend den gesetzlichen Vorgaben und den Vorgaben der Rechtsprechung begründen, hat er Aussicht auf Erfolg. Jeder Antrag ins Blaue hinein ist vergebene Mühe. Sie können Ihr Ziel besser einschätzen, wenn Sie diese rechtlichen Vorgaben kennen.

Umgangsrecht aussetzen oder ausschließen – was sind mögliche Gründe?

Das Bundesverfassungsgericht (Beschluss v. 5.12.2008, Az. I BvR 746/08) setzt die Maßstäbe für einen Ausschluss des Umgangsrechts sehr hoch an:

  • Das Grundrecht des Artikel 6 II Grundgesetz schützt die Pflege und Erziehung der Kinder als natürliches Recht der Eltern. Über deren Betätigung wacht der Staat. Um der Bedeutung dieses Grundrechts gerecht zu werden, muss das Familiengericht vor dem Ausschluss des Umgangsrechts prüfen, ob einschränkende Maßnahmen in Betracht kommen. Als Optionen sind der begleitete Umgang oder die Einrichtung einer Umgangspflegschaft zu prüfen.
  • Das Grundrecht erfordert zudem, dass die Gerichte sich eine zuverlässige Grundlage für eine am Kindeswohl orientierte Entscheidung über das Umgangsrecht verschaffen. Dazu gehört, dass regelmäßig ein Sachverständigengutachten zur familiären Situation beauftragt wird, das Kind im Verfahren Gehör findet und die Elternteile zur Möglichkeit eines begleiteten Umgangs angehört werden.

Die Aussetzung oder der Ausschluss des Umgangsrechts erfordern also sehr konkrete und gewichtige Gründe, die das Wohl des Kindes nachhaltig beeinträchtigen. Die Rechtsprechung entscheidet im Einzelfall.

Alter des Kindes

Allein das Alter eines Kindes rechtfertigt keinen Ausschluss. Das Umgangsrecht besteht auch mit einem Säugling uneingeschränkt (OLG Celle FamRZ 1998, 974). Nur so lässt sich vermeiden, dass sich Kind und Elternteil dauerhaft entfremden oder der Kontakt erst zustande kommt, wenn das Kind seine soziale Bindung bereits gefestigt hat.

Elternteil treibt Kind in Loyalitätskonflikt

In einem Fall des OLG Nürnberg (FamRZ 2008, 815) wurde das Umgangsrecht für ein Jahr ausgeschlossen, weil der Vater den Lebensmittelpunkt des Kindes bei der Mutter nicht akzeptieren wollte und das Kind dauerhaft in einen Loyalitätskonflikt brachte, während er gleichzeitig Maßnahmen der Erziehungsberatung nicht akzeptieren wollte.

Elternteil verängstigt Kind

In einem Fall des Amtsgerichts Westerstede (FF 209, 375) wurde das Umgangsrecht zeitlich eingeschränkt und ein Kontaktverbot verhängt, weil das Kindeswohl aufgrund der massiv übergriffigen Handlungen des Elternteils und durch diese ausgelösten panischen Angstreaktionen des Kindes gefährdet war.

Kind lehnt Elternteil ab

Ein Umgangsausschluss kann sich rechtfertigen, wenn ein Kind eine grundlegende und vertiefte Ablehnungshaltung gegenüber seinem Vater entwickelt. Dies kann auch dann gelten, wenn der Wille des Kindes durch die Mutter manipuliert wurde (OLG Brandenburg, Beschluss vom 27.12.2018, Az. 9 UF 86/18). Infolge eines ununterbrochen geführten Sorgerechtsstreits entwickelte die Tochter psychosomatische Symptome, die sich in Zittern und heftigem Weinen äußerten und zu einer deutlichen Abwehrhaltung gegenüber dem Vater führten. Sie lehnte den Kontakt vehement ab. Da ein erzwungener Umgang mit dem Vater das Wohl des Kindes gefährden würde, sei der Umgangsausschluss geboten. Dies gelte auch, obwohl die Mutter den Vater mit unbewiesenen Vorwürfen als Bedrohung dargestellt und das Kind manipuliert habe.

Elternteil ist aggressiv

Erweist sich ein Vater im Beisein seines Kindes gegenüber der Mutter, dem Jugendamt, dem Gericht, der Pflegefamilie und anderen Personen als äußerst aggressiv, kann er wenigstens vorübergehend vom Umgang ausgeschlossen werden, um eine Retraumatisierung des Kindes infolge früherer Erfahrungen mit Gewalt durch den Vater zu vermeiden (OLG Saarbrücken, Beschluss vom 14.11.2016, Az. 6 UF 90/16).

Sexueller Missbrauch

In Fällen sexuellen Missbrauchs genügt der bloße Verdacht nicht. Ein Ausschluss des Umgangsrechts kommt erst in Betracht, wenn der Verdacht offensichtlich begründet ist oder eingestanden wird. Hierzu gibt es eine Vielzahl von gerichtlichen Entscheidungen. So soll der Grad der Gewissheit, ob ein sexueller Missbrauch stattgefunden hat, entscheiden, welche Maßnahmen zu treffen sind (OLG Karlsruhe FamRZ 2013, 1237). Ob ein völliger Abbruch der Umgangskontakte gerechtfertigt ist, hängt von der Intensität des Tatverdachts ab. Bestehen beim Kindesvater pädophile Neigungen, ist zu prüfen, ob ein begleiteter Umgang ausreicht, um die Gefährdung zu verhindern. Mit der Feststellung dieser Neigungen ist eine daraus resultierende konkrete Gefährdung des Kindes zu beurteilen (BVerf FamRZ 2008, 494).

Wie ist ein Umgangsverbot zu beantragen?

Haben Sie Probleme mit dem Umgangsrecht, können Sie beim Familiengericht ein gerichtliches Umgangsvermittlungsverfahren beantragen (§ 165 FamFG). In diesem Verfahren soll das Gericht einen Vermittlungsversuch zwischen den Eltern unternehmen. Dazu wird es auch das Jugendamt beiziehen. Im Termin erörtert das Gericht mit den Eltern,

  • welche Folgen der fehlende Umgang für das Kind haben kann
  • weist darauf hin, welche Rechtsfolgen sich ergeben können, wenn der Umgang vereitelt und erschwert wird und
  • wirkt darauf hin, dass die Eltern Einvernehmen über die Ausübung des Umgangs erzielen.

Im Idealfall kommt ein gerichtlich gebilligter Vergleich zustande. Erscheint ein Elternteil in Vermittlungstermin nicht, stellt das Gericht per Beschluss fest, dass das Ermittlungsverfahren erfolglos geblieben ist und prüft, ob Änderungen der Umgangsregelung vorgenommen oder Maßnahmen in Bezug auf die Sorge ergriffen werden sollen. Das Jugendamt selbst kann kein Umgangsverbot aussprechen.

Wie könnten Sie ein Umgangsverbot gegenüber Dritten erwirken?

Ihr Sorgerecht als Elternteil umfasst auch das Recht, den Umgang Ihres Kindes mit Wirkung gegenüber Dritten zu regeln. Dabei geht es nicht um das Umgangsrecht zwischen Elternteil und Kind, sondern um gerichtliche Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls. Ist das Kindeswohl gefährdet, kommt als gerichtliche Maßnahme auch das Verbot gegenüber einer dritten Person in Betracht, Verbindung zum Kind aufzunehmen oder ein Zusammentreffen mit dem Kind herbeizuführen (§ 1666 Abs. IV BGB).

Doch beachten Sie: Leben Sie getrennt und üben mit dem anderen Elternteil nach wie vor das gemeinsame Sorgerecht aus, muss der andere Elternteil dem Umgangsverbot zustimmen, soweit es sich um eine Angelegenheit von objektiv erheblicher Bedeutung handelt.

Beispiel: In einer Entscheidung des OLG Brandenburg (1 UF 24/14) hatte der Vater gegenüber der Nachbarin ein Kontaktverbot mit seiner Tochter ausgesprochen. Die Nachbarin verweigerte die geforderte Unterlassungserklärung, so dass der Vater ein gerichtliches Umgangsverbot und Kontaktverbot beantragte. Da es in diesem Fall lediglich um zufällige Begegnungen und den Austausch von Höflichkeiten mit der Nachbarin ging, handelte es sich nicht um eine Angelegenheit von grundsätzlicher Bedeutung. Vielmehr durfte der Vater diese Angelegenheit des täglichen Lebens alleine entscheiden und war nicht auf die Zustimmung der Mutter angewiesen.

Der Fall wäre sicherlich als Angelegenheit von grundsätzlicher Bedeutung anders zu beurteilen gewesen, wenn der Vater ein Kontaktverbot mit den Großeltern oder Geschwistern des Kindes hätte durchsetzen wollen.

Umgangsverbot gegenüber neuem Partner

Lebt Ihr umgangsberechtigter Ex-Partner in einer neuen Lebensgemeinschaft, könnten Sie diesem Partner ein Umgangsverbot mit Ihrem Kind erteilen, wenn Sie das alleinige Sorgerecht haben und das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes gefährdet erscheint (§ 1666 Abs. I, IV BGB). Inwieweit Sie ein solches Umgangsverbot realistischerweise durchsetzen können, steht auf einem anderen Blatt. Die nach dem Gesetz erforderlichen Voraussetzungen stellen eine hohe Hürde dar. Beachten Sie, dass allein der Umstand, dass das Kind mit dem neuen Lebenspartner konfrontiert wird, an sich noch kein Grund darstellt, von einer Gefährdung des Kindeswohls auszugehen.

Dabei zu berücksichtigen, dass der neue Partner ein gesetzliches Umgangsrecht erwirbt, sofern er für das Kind tatsächliche Verantwortung trägt und eine sozial-familiäre Beziehung entstanden ist (§ 1685 Abs. II BGB). Eine Übernahme tatsächlicher Verantwortung vermutet das Gesetz in der Regel dann, wenn die Person mit dem Kind längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft zusammengelebt hat. Da dafür ein gewisser Zeitraum erforderlich ist, dürfte ein Umgangsrecht noch kein Thema sein, wenn die Lebensgemeinschaft gerade erst entstanden ist.

Option zur Güte: Begleiteter Umgang

Kann der Schutz des Kindes während des Umgangs nicht gewährleistet werden, kommt vor einem endgültigen Umgangsverbot ein begleiteter Umgang in Betracht. Meist geht es um

  • gewalttätige Elternteile,
  • psychische Erkrankungen,
  • Drohungen eines Elternteils, das Kind dem Zugriff des anderen Elternteils zu entziehen (z.B. Abwandern ins Ausland) oder
  • Fälle, in denen der Kontakt zwischen Kind und Elternteil erst noch aufgebaut werden muss.

Diese Form des Umgangs findet in der Regel an einem neutralen Ort (z.B. in einer Erziehungsberatungsstelle) oder in Anwesenheit einer dritten Person (z.B. Mitarbeiter des Jugendamtes, Person Ihres Vertrauens) statt. Der begleitende Umgang ist immer eine befristete Maßnahme, mit dem Ziel, einen eigenverantwortlichen und sicheren Umgang zwischen Elternteil und Kind herbeizuführen. Wichtig ist, dass sich das Kind in der Situation gut aufgehoben fühlt und mit seinen Ängsten und Vorbehalten ernst genommen wird. Ein begleiteter Umgang wird von den Jugendämtern und den freien Trägern der Jugendhilfe angeboten, z.B. Deutscher Kinderschutzbund, Caritas, Diakonisches Werk.

Fazit

Das Umgangsrecht ist gesetzlich verankert. Zweifeln Sie das Umgangsrecht an und möchten ein Umgangsverbot erreichen, sollten Sie gute Gründe haben. Lassen Sie sich frühzeitig anwaltlich beraten und beauftragen Sie möglichst einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin Ihres Vertrauens, Ihre Interessen und die Interessen Ihres Kindes wahrzunehmen.

Foto(s): iurFRIEND

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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