Autismus und Rente

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Rente wegen voller Erwerbsminderung erhalten Personen, die weniger als drei Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen tätig sein können. Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung besteht bei einen Leistungsvermögen von drei – sechs Stunden.

Häufig ist es so, daß der Betroffene körperlich einfach nicht mehr "durchhält". Ob nun orthopädisch die Knochen nicht mehr mitmachen oder internistisch z. B. der Kreislauf "streikt", ist gleichgültig. In den letzten Jahren steigt zudem  der Anteil an psychischen Erkrankungen.

Autismus – eine psychische Erkrankung?

Daß Autismus in den Bereich der Psyche fällt, ist klar. Aber es ist keine geistige Behinderung, sondern eine seelische. Autisten sind nicht minder leistungsfähig und werden durch ihre Erkrankung nicht automatisch erwerbsgemindert. Nicht selten liegt eine "Inselbegabung" vor, die sich für manche Tätigkeiten geradezu hervorragend eignen sollte. Z. B. Kopfrechnen oder extreme Merkfähigkeit von schier endlosen Zahlenketten; penibel anmutender Ordnungssinn.

Aber solche "Inselbegabungen" betreffen nur einen Teil aller Autisten. Das Gros der Betroffenen zieht sich völlig in sich zurück, sondert sich ab, wirkt und wird schnell überfordert in der Interaktion mit anderen Menschen. Und Interagieren ist unter Kollegen nun einmal üblich.

Leistungsfähig unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes?

Voraussetzung für eine Erwerbstätigkeit ist jedoch immer die Leistungsfähigkeit unter den "üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes". Bedingungen sind "üblich", wenn sie nicht nur in Einzel- oder Ausnahmefällen anzutreffen sind, sondern in nennenswertem Umfang und in beachtlicher Zahl. Der Arbeitsmarktbegriff erfaßt alle denkbaren Tätigkeiten, für die es faktisch "Angebot" und "Nachfrage" gibt, so urteilte schon das Bundessozialgericht. Unter den "üblichen Bedingungen" i. S. des § 43 SGB VI ist das tatsächliche Geschehen auf dem Arbeitsmarkt und in den Betrieben zu verstehen, d. h. unter welchen Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt die Entgelterzielung üblicherweise tatsächlich erfolgt. Hierzu gehören sowohl rechtliche Bedingungen, wie etwa Dauer und Verteilung der Arbeitszeit, Pausen- und Urlaubsregelungen, Beachtung von Arbeitsschutzvorschriften sowie gesetzliche und tarifvertragliche Vorschriften, als auch tatsächliche Umstände, wie z. B. die für die Ausübung einer Verweisungstätigkeit allgemein vorausgesetzten Mindestanforderungen an Konzentrationsvermögen, geistige Beweglichkeit, Stressverträglichkeit und Frustrationstoleranz (…). Üblich sind Bedingungen, wenn sie nicht nur in Einzel- oder Ausnahmefällen anzutreffen sind, sondern in nennenswertem Umfang und in beachtlicher Zahl" (BSG, Urt. v. 19.10.2011 – B 13 R 78/09).

Das Stichwort ist "Reizüberflutung".

Bedingungen, wie Autisten sie vorfinden müßten – völlige Abschottung, ständig wiederkehrende Arbeitsabläufe – gibt es in der Arbeitswelt nicht.


Mit einer körperlichen oder geistigen Behinderung die nötige Anerkennung zu finden, ist schon schwer genug – mit einer "nur" seelischen Beeinträchtigung ist es häufig unmöglich.

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