Baurecht: Was haben Alkoholiker und feuchte Wände gemeinsam - trocken ist besser!

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Die Zeit bringt es bei bestehender Bausubstanz mit sich, dass die Horizontalsperre und Vertikalsperre im Keller – so sie überhaupt vorhanden sind – irgendwann nicht mehr halten. Viele Firmen bieten dann scheinbar kostengünstige Lösungen an, die sich nach kurzer Zeit als Problemfälle herausstellen und vor Gericht landen. Auch für den in die Sanierung oder Neuerrichtung eingeschalteten Architekten wird die Messlatte hochgelegt. Es ist daher auf den Inhalt der Verträge viel Wert zu legen – hier eine kleine Übersicht über aktuelle Entscheidungen:

I. Abdichtungsunternehmer ist an Aussagen im Werbeprospekt gebunden!

1. Zur vereinbarten Beschaffenheit i.S.v. § 633 Abs. 2 Satz 1 BGB gehören alle Eigenschaften, die nach der Vereinbarung der Parteien den vertraglich geschuldeten Erfolg herbeiführen sollen. Der vertraglich geschuldete Erfolg bestimmt sich dabei nicht allein nach der zu seiner Erreichung vereinbarten Leistung bzw. Ausführungsart, sondern auch danach, welche Funktion das Werk nach dem Willen der Parteien erfüllen soll. Ist eine bestimmte Funktionstauglichkeit des Werks vereinbart und ist dieser Erfolg mit der vertraglich vereinbarten Leistung oder Ausführungsart oder den anerkannten Regeln der Technik nicht zu erreichen, schuldet der Werkunternehmer – als Leistungssoll und ungeachtet eines etwaig abweichenden Vergütungssolls – die vereinbarte Funktionstauglichkeit.

2. An Aussagen zur Beschaffenheit bzw. zu den Abdichtungswirkungen der von ihr angebotenen Werkleistungen muss sich die Werkunternehmerin entsprechend den Grundsätzen des Kaufvertragsrechts zu öffentlichen Äußerungen des Anbieters i.S.v. § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB gewährleistungsrechtlich festhalten lassen. Die Werkunternehmerin muss darlegen und beweisen, dass sie gegenüber den Aussagen in ihrer Broschüre bis zum Vertragsschluss – in einer für den Auftragnehmer nach dessen laienhaften Empfängerhorizont verständlichen Art und Weise – eine wirksame Einschränkung oder eine wirksame Berichtigung vorgenommen hat.

OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27. Januar 2015 – 22 U 154/14, ibr

Abdichtung gegen Feuchtigkeit beauftragt: Trockenlegung des Kellers geschuldet!

Auch wenn eine bestimmte, im Vertrag näher beschriebene Ausführungsart der Werkleistung vereinbart wird – hier: ein vom Auftragnehmer vertriebenes Abdichtungssystem für die Trockenlegung von Kellern – muss der Auftragnehmer ein funktionstaugliches Werk errichten: Der Keller muss trocken sein, anderenfalls ist seine Leistung mangelhaft. Eine Haftung entfällt grundsätzlich nur bei hinreichender Aufklärung des Auftraggebers.

OLG Brandenburg, Urt. v. 13. Februar 2014 – 12 U 133/13, ibr

Sanierung von feuchtem Keller beauftragt = trockener Keller geschuldet!

1. Wird der Auftragnehmer mit der Sanierung eines feuchten Kellers beauftragt, schuldet er als funktionalen Werkerfolg die Herstellung eines trockenen Kellers. Das gilt auch dann, wenn die Feuchtigkeit andere als die zunächst angenommenen Ursachen hat.

2. Der Auftragnehmer darf bei Auftragserteilung zunächst davon ausgehen, dass bei der Errichtung des zu sanierenden Bauwerks die damals geltenden anerkannten Regeln der Technik beachtet wurden. Wird dies während der Ausführung zweifelhaft, muss er dem nachgehen (hier: Überprüfung des Vorhandenseins einer Horizontalsperre) und den Auftraggeber darauf hinweisen.

OLG Celle, Urt. v. 16. Mai 2013 – 16 U 160/12; BGH, Beschl. v. 20. Februar 2014 – VII ZR 148/13, ibr

II. Den Architekten wird bereits aufgrund ihrer Fachkenntnis und Qualifikation ein hohes Maß an Planungs- und Überwachungsgenauigkeit abverlangt

Abdichtung gegen Feuchtigkeit ist bis ins kleinste Detail zu planen!

1. Der Architekt schuldet eine mangelfreie und funktionstaugliche Planung, die insbesondere den Regeln der Baukunst/Technik entspricht. Weist die Architektenplanung einen Fehler auf, der bei Umsetzung der Planung zu einem Mangel am Bauwerk führt, so haftet dieser Mangel dem Architektenwerk unmittelbar an.

2. Im Rahmen der Leistungsphase 5 ist der Architekt verpflichtet, die Ausführungsdetails umfassend zeichnerisch darzustellen. Insbesondere die – gefahrenträchtige – Abdichtung gegen Feuchtigkeit ist sorgfältig im Sinne einer bis ins kleinste Detail gehenden Ausführungsplanung zu planen, die dem Auftragnehmer alle maßgeblichen Details auf eine jedes Risiko ausschließende Weise verdeutlicht.

OLG Düsseldorf, Urt. v. 05. Februar 2013 – 23 U 185/11, ibr

Wie detailliert sind Abdichtungsarbeiten zu planen?

1. Die Planung der Abdichtung eines Bauwerks muss bei einwandfreier handwerklicher Ausführung zu einer fachlich richtigen, vollständigen und dauerhaften Abdichtung führen. Wie detailliert diese Planung sein muss, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Maßgeblich sind die Anforderungen an die Ausführung, insbesondere unter Berücksichtigung der vorhandenen Boden- und Wasserverhältnisse und der Kenntnisse, die von einem ausführenden Unternehmer unter Berücksichtigung der baulichen und örtlichen Gegebenheiten zu erwarten sind.

2. Sind Details der Ausführung besonders schadensträchtig, müssen diese unter Umständen im Einzelnen geplant und dem Unternehmer auf eine jedes Risiko ausschließende Weise verdeutlicht werden.

OLG Stuttgart, Urt. v. 30. November 2010 – 10 U 67/10, ibr

III. Fazit:

Sanierungsarbeiten an feuchten Wänden oder Kellern sollten erst nach fachlicher Vorbereitung und Prüfung, insbesondere des Vertragsinhalts durch einen Fachmann (Architekten oder Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht), beauftragt und deren Ausführung auf Bauherrenseite von einem Fachmann überwacht werden. Spart man hier am Sanierungsbeginn, kann es später sehr teuer werden.    

Wir sind für Nachfragen mit Hauptsitz in Erfurt und Zweigstellen in Tabarz sowie Eisenach erreichbar.

Stefan Swierczyna – RFTH

Fachanwalt f. Bau- u. Architektenrecht

Fachanwalt f. Verwaltungsrecht


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