Bayerischer VGH vom 09.03.2021: Aggressives Verhalten kann auch Augenblicksversagen sein

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Grundsätzlich kann nicht wegen jeder Straftat die Fahreignung angezweifelt werden. Jedoch gibt es Straftaten, die im Zusammenhang mit der Fahreignung stehen und damit Anhaltspunkte für eine Gewaltbereitschaft für die Fahrerlaubnisbehörde geben. Solche Taten stellen eine Straftat i.S.d. § 11 III 1 Nr.6 FeV dar und können eine Fahreignung ausschließen, sofern nicht eine MPU gegenteiliges feststellt.

Einen solchen Fall betrifft der Beschluss des Bayerische Verwaltungsgerichtshofs vom 09.03.2021 (Az: 11 CS 20.2793). Im Einzelfall kann es sich nach Ansicht des Bayerischen Senats bei aggressivem Verhalten auch um ein isoliertes Fehlverhalten oder ein Augenblicksversagen handeln, das noch keine tragfähigen Rückschlüsse darauf zulässt, dass der Betroffene allgemein bereit ist, die Sicherheit des Straßenverkehrs seinen eigenen Interessen unterzuordnen. Dies ist stets anhand der konkreten Umstände, die sich aus der Tat unter Berücksichtigung der Täterpersönlichkeit ergeben, festzustellen (so auch BayVGH, Beschluss v. 5.7.2012- 11 C 12.874).

Die Antragstellerin wies bei ihrer Tat ein hohes Aggressionspotenzial und impulsives Verhalten auf. Diese lassen auf ein aggressives Verhaltensmuster im Straßenverkehr schließen (BayVGH Beschl. v. 30.11.2020). Sie stieg sie nach einem Wortaustausch mit der Betroffenen aus dem Auto aus, ging zum Betroffenen und riss diesem durch das Autofenster der Betroffenen an den Haaren.

Das Amtsgericht München verurteilte sie am 09.07.2019 wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe. Zusätzlich erhielt sie ein Fahrverbot von einem Monat.

Nachdem die Antragstellerin der Aufforderung des Gerichts zur Beibringung einer MPU nicht nachkam, entzog das Gericht nach § 11 VIII FeV die Fahrerlaubnis aller Klassen.

Die Antragstellerin wollte gegen die sofortige Vollziehbarkeit der Entziehung ihrer Fahrerlaubnis vorgehen. Auf Grund des dem Gericht vorliegenden Sachverhalts, forderte das Gericht bzgl. des gestellten Antrags die Antragstellerin auf, eine MPU nachzuweisen. Dieses sollte klären, ob ihre Aggressionen (bzgl. der Straftat) weiterhin beständen und somit die Fahreignung ausschließen.

Das Verwaltungsgericht München hat in einem anderen Fall mit Urteil v. 17.09.2018 - M 26 K 17.3289

ebenfalls gefordert, dass festgestellt werden muss, ob die Anlasstat tatsächlich Rückschlüsse auf die Kraftfahreignung zulässt: Wird zur Klärung von Eignungszweifeln ein medizinisch-psychologisches Gutachten wegen einer Straftat angeordnet, muss es sich um eine erhebliche Straftat handeln und anhand konkreter Umstände, die sich aus der Tat unter Berücksichtigung der Täterpersönlichkeit ergeben. Dies sei bei einem wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten auf Bewährung Verurteilten nach Ansicht der Kammer nicht der Fall.

Rechtsanwalt Christian Steffgen ist seit 20 Jahren im Bereich der Verkehrsstraftaten, Verkehrsordnungswidrigkeiten und des Fahrerlaubnisrechts (Führerschein) spezialisiert. Betroffene können eine kostenlose Ersteinschätzung am Telefon oder per e-mail erhalten.

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