Keine fristlose Entlassung eines Soldaten der Bundeswehr wegen einfacher Dienstvergehen - Expertenbeitrag

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Soldatinnen und Soldaten  kann auch wegen mehrerer kleiner Disziplinarvergehen grundsätzlich gekündigt werden. Über die Voraussetzungen des § 55 Soldatengesetz wurde in anderen Rechtstipps berichtet. Das Oberverwaltungsgericht für das Land Schleswig-Holstein hat mit Urteil vom 22.06.2015 (2 LB 3/15) eine fristlose Entlassung aufgeboben. Der ehemalige Soldat hatte gegen die fristlose Entlassung geklagt. Gegen ihn wurden zuvor bestandskräftig drei einfache Disziplinarmaßnahmen verhängt. Der Disziplinarvorgesetzte hatte der Entlassung mit der Begründung zugestimmt, dass dieser keine der Disziplinarmaßnahmen zum Anlass genommen habe, sein Verhalten grundlegend zu ändern.

Nach § 55 Abs. 5 SG kann ein Soldat auf Zeit während der ersten vier Dienstjahre fristlos entlassen werden, wenn er seine Dienstpflichten schuldhaft verletzt hat und sein Verbleiben im Dienstverhältnis die militärische Ordnung oder das Ansehen der Bundeswehr ernstlich gefährden würde. Es müssen stets beide Voraussetzungen vorliegen.

Die militärischer Ordnung ist der Inbegriff der Elemente, die die Einsatzbereitschaft der Soldaten und die Verteidigungsbereitschaft der Bundeswehr zu verstehen.

Das Verwaltungsgericht hatte die Klage  unter anderem mit der Begründung abgewiesen, dass die nachträgliche Infragestellung der Disziplinarentscheidungen durch den Kläger zeige, dass diese keine Wirkung auf ihn gehabt hätten.

Das Oberverwaltungsgericht führte im Urteil aus, dass Verwaltungsgerichte den zugrundeliegenden Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln haben, sofern der Soldat ihn substantiiert bestreitet (vgl.  BVerwG, Beschluss vom 25. August 2008 - 2 B 18.08 - juris Rn. 13). Andererseits darf  ein Bestreiten dem Soldaten grundsätzlich nicht zum Nachteil gereichen  (vgl.  BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2013 - 2 C 62.11).

Eine ernstliche Gefährdung des Ansehens der Bundeswehr schloss das Oberverwaltungsgericht aus. Das Verhalten des Soldaten sei mit den berechtigten Erwartungen der Bevölkerung an die Integrität der Bundeswehr nicht unvereinbar und das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Rechtsstaatlichkeit der Streitkräfte bei Bekanntwerden  nicht erschüttert (Oberverwaltungsgericht für das Land Schleswig-Holstein, Urteil vom 22.06.2015 - 2 LB 3/15).

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht Christian Steffgen war 14 Jahre lang als Vertragsanwalt des DBwV mit der Vertretung von Soldaten vor Truppendienstgerichten, dem Bundesverwaltungsgericht und Verwaltungsgerichten befasst. Als Oberleutnant d.R. verfügt er über 33 Jahre praktischer Erfahrungen aus der aktiven Dienstzeit und aus vielen Übungen.

Foto(s): Fotolia_11717095_XS Soldaten.jpg

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