Bei Krankheit verfällt der Urlaub nicht - Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs

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Im deutschen Arbeitsrecht hatte bis 2009 ein Arbeitnehmer, der seinen Urlaub aus krankheitsbedingten Gründen nicht nehmen konnte, das Nachsehen: wurde der Urlaub nicht bis zum Jahresende oder dem Ende der Übertragungsfrist, meist 31.3. das Folgejahres, zumindest angetreten, verfiel der gesamte Resturlaubsanspruch.

Das Problem: zum Antreten des Urlaubs musste der Arbeitnehmer gesund sein, das heißt nicht arbeitsunfähig krank. Im entschiedenen Fall vom 20.1.2009 (Rechtssachen C-350/06 und C-520/06) hat ein Arbeitnehmer geklagt, der seinen Jahresurlaub aufgrund von Arbeitsunfähigkeit, die schließlich zu seiner Verrentung führte, nicht ausüben konnte. Der Arbeitnehmer war der Meinung, ihm stehe hierfür eine finanzielle Abgeltung zu.

Der europäische Gerichtshof ist dieser Ansicht gefolgt. Durch die gesetzliche Regelung der Übertragbarkeit des Urlaubs darf dem Arbeitnehmer nicht jede Möglichkeit genommen werden, in den Genuss des bezahlten Jahresurlaubs zu kommen. Die betreffende Regelung § 7 Abs. 3 Bundesurlaubsgesetz ist also im Sinne der europäischen Richtlinie zur Arbeitszeitgestaltung (2003/88/EG) so zu interpretieren, dass der Arbeitnehmer im Krankheitsfall seinen Urlaub zwar nicht in Natur nehmen kann, aber einen Entgeltanspruch hat, der dem Entgelt entspricht, das der Arbeitnehmer während der Urlaubszeit verdient hätte.

Jeder Arbeitnehmer, der längere Zeit erkrankt ist, und deshalb seinen Urlaub nicht nehmen kann, hat daher Anspruch auf Urlaubsabgeltung. Der europäische Gerichtshof hat hier ausdrücklich Arbeitnehmer gleichgestellt, die während des ganzen Jahres und des Übertragungszeitraumes erkrankt sind, und denjenigen, die nur für einen Teil des Jahres und/oder des Übertragungszeitraumes erkrankt sind. Jeder Arbeitnehmer, sagt hier der europäische Gerichtshof, der wegen einer längerfristigen Krankschreibungen nicht in den Genuss einer bezahlten Jahresurlaubs Zeit gekommen ist, befindet sich in derselben Situation, gleich ob die Krankschreibungen den ganzen Bezugszeitraum oder nur einen Teil davon dauert, weil der Eintritt einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit eben nicht vorhersehbar ist.

Rechtsanwältin Susanne Eichinger


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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