Beschlagnahme des Führerscheins

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Es ist eine der am meisten einschneidenden Maßnahmen der Ordnungsbehörde gegenüber dem verkehrsteilnehmenden Bürger – die Beschlagnahme des Führerscheins. 

Unter bestimmten Voraussetzungen sind Polizeibeamte bei einer Verkehrskontrolle oder nach einem Verkehrsunfall berechtigt, den Führerschein des Kontrollierten oder eines Unfallbeteiligten zu beschlagnahmen. Grundsätzlich gilt für diese Maßnahme der Richtervorbehalt, das bedeutet, die Polizisten dürfen die Beschlagnahme des Führerscheins nur durchführen, wenn dies zuvor von einem Richter oder einer Richterin angeordnet wurde. 

In der Praxis wird der im Einzelfall fast immer erforderliche richterliche Beschluss entgegen der landläufigen Vorstellung nicht schriftlich oder in einem anderen förmlichen Verfahren erwirkt. Vielmehr rufen die Polizeibeamten in den meisten Fällen nur den diensthabenden Richter an, schildern ihm den Sachverhalt und bekommen dann eine mündliche Ab- oder Zusage des Richters. Mit dieser richterlichen Entscheidung können die Polizeibeamten dann den Führerschein beschlagnahmen. 

Die Folge einer Beschlagnahme des Führerscheins nach § 94 StPO ist nicht etwa die Aufhebung der Fahrerlaubnis selbst. Die Beschlagnahme wirkt vielmehr wie ein Fahrverbot. Der Inhaber des beschlagnahmten Führerscheins ist also für die Dauer der Beschlagnahme nicht berechtigt, ein führerscheinpflichtiges Kraftfahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr zu bewegen. Führt er dennoch ein solches Fahrzeug im Straßenverkehr, macht er sich gemäß § 21 Abs.2 Ziff.2 StVG strafbar, der eine Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten als Strafandrohung vorgibt. Außerdem drohen bis zu drei Punkten im Fahreignungsregister in Flensburg und sogar die Entziehung der Fahrerlaubnis.

Die Beschlagnahme muss nicht schriftlich begründet werden. Widerspricht der Betroffene jedoch der Beschlagnahme, muss das Gericht deren Rechtmäßigkeit überprüfen und gegebenenfalls begründen. In diesem Fall ergeht ein Beschluss nach § 111a StPO, der die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis anordnet. Ignoriert der Fahrerlaubnisinhaber diesen Beschluss, ist er strafrechtlich dem Fahrer gleichgestellt, der ohne Fahrerlaubnis fährt und hat gemäß § 21 Abs.1 StVG mit einer Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr zu rechnen.

Wann ist also die Beschlagnahme des Führerscheins gerechtfertigt? Grundsätzlich kann die Beschlagnahme in den Fällen erfolgen, in denen die Entziehung der Fahrerlaubnis durch Urteil zu erwarten ist. Die Prüfung der Voraussetzungen der vorläufigen Entziehung einer Fahrerlaubnis im Rahmen des Erlasses eines Beschlusses nach § 111a StPO erfolgt nach Aktenlage. Das bedeutet, dass der erlassende Richter oder die erlassende Richterin anhand des Inhalts der Ermittlungsakte eine Prognose darüber abgeben muss, ob es hinreichend wahrscheinlich ist, dass dem Fahrerlaubnisinhaber die Fahrerlaubnis im Hauptverfahren durch Urteil entzogen werden wird. Eine solche eher summarische Prüfung ist natürlich beschränkt in Bezug auf die Zeugenaussagen. Ist eine Zeugenaussage inhaltlich mehrdeutig, kann das Gericht vor dem Erlass eines § 111a-Beschlusses den Zeugen nicht durch gezielte Fragen in der Sache dazu bringen, klarzustellen, wie genau seine Aussage zu verstehen ist. So kann es also passieren, dass der Zeuge inhaltlich in der Hauptverhandlung eine Aussage macht, die so von der Version in der Akte abweicht, dass eine Entscheidung, die Fahrerlaubnis auch nur vorläufig zu entziehen, nicht gerechtfertigt gewesen wäre. 

Alles in allem ist festzuhalten, dass die Gerichte schnell dazu neigen, eine vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis zu beschließen. In der Hauptverhandlung muss dann nicht selten festgestellt werden, dass die vorläufige Entziehung zu Unrecht verfügt wurde und sie deshalb aufzuheben ist. In diesem Fall hat der Beschuldigte ein Anrecht auf eine angemessene Entschädigung durch die Staatskasse.

In allen anderen Fällen kann sich der Betroffene zumindest damit trösten, dass die Zeiten der vorläufigen Entziehung auf die durch Urteil auszusprechende Wiedererteilungssperre anzurechnen sind.


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