Das Tattagsprinzip – Vermeidung von Eintragungen im Fahreignungsregister noch möglich?

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Bei der Beurteilung der Auswirkungen eines Straf- oder Bußgeldverfahrens mit verkehrsrechtlichem Bezug auf den Punktestand des Mandanten im Fahreignungsregister in Flensburg können immer wieder Schwierigkeiten dabei entstehen, genau festzulegen, wie viele Punkte der Mandant zu welchem Zeitpunkt hatte oder haben wird, oder aber gehabt haben wird.

Die dritte Variante ist dabei die am schwierigsten nachvollziehbare. Der beratende aber auch der verteidigende Rechtsanwalt dürfte es regelmäßig schwer haben, seinem Mandanten diese Fallkonstellation klarzumachen.

Worum geht es?

Die seit dem 01.04.2014 wirksame Änderung des Punktesystems sollte zu einer Vereinfachung der Eintragung- und Löschungsvoraussetzungen und damit zu einer größeren Transparenz für den Betroffenen führen. Dies ist nur in Teilen gelungen. Vor der Reform bestand die größte Schwierigkeit meist darin, die voraussichtliche Tilgung der Einträge korrekt zu ermitteln. Die Begehung von Folgetaten während der Tilgungs- oder der Überliegefrist hatte in vielen Fällen zur Folge, dass sie die Tilgungsfrist der Ersttat und damit der dafür angefallenen Punkte verlängerte und zwar je nach Schwere der Tat auf bis zu zehn Jahre Höchstfrist. Die rechtskräftige Verurteilung für eine oder mehrere Taten beeinflusste also die Länge der Tilgungsfrist für zuvor begangene und eingetragene Taten. Dabei lebten bereits getilgte Einträge wieder auf, wenn innerhalb der Überliegefrist von einem Jahr neue einschlägige Taten rechtskräftig und eingetragen wurden. Die Überliegefrist diente also dazu, bereits getilgte Einträge ein Jahr lang bis zur endgültigen Löschung im Schwebezustand zu halten und nötigenfalls die Tilgung rückgängig zu machen.

Dies ist so nicht mehr möglich. Nach der aktuellen Regelung laufen die Fristen für die Tilgung je nach Schwere der Tat innerhalb von 2,5 bis 10 Jahren ab. Diese Fristen sind jetzt starr werden nicht verlängert. Der Tilgungsfrist schließt sich aber dennoch eine einjährige Überliegefrist an, nach deren Ablauf der Eintrag erst endgültig aus dem Fahreignungsregister gelöscht wird. Innerhalb dieser Überliegefrist darf die Ordnungsbehörde und darf auch das Strafgericht die Eintragung bei der Entscheidung über das Strafmaß für in der Überliegefrist begangene Taten nicht berücksichtigen.

Überliegefrist dient nunmehr einzig und allein der Einhaltung des Tattagprinzips. Für die Beurteilung, wie viele Punkte für einen Betroffenen im Fahreignungsregister eingetragen sind, ist der Tag der Tat entscheidend. Die Punkte gelten bei Vorliegen einer rechtskräftigen Entscheidung über die Tat als bereits am Tag der Tat erworben. Das bedeutet, es spielt keine Rolle, ob zwischen der Tat und beispielsweise der rechtskräftigen Verurteilung Punkte gelöscht wurden. Die wegen der neuen Verurteilung einzutragenden Punkte werden dem Punktestand am Tattag hinzugerechnet. Kommt der Betroffene bei einer solchen Berechnung auf acht Punkte oder mehr, ist die Fahrerlaubnis zu entziehen, unabhängig davon, ob im Zeitpunkt der Verurteilung vielleicht insgesamt weniger Punkte zusammenkommen. Dies gilt ausdrücklich nur und ausschließlich für solche Taten, die vor der Tilgung der anderen für die Punkteberechnung relevanten Taten begangen wurden.

Diese Art der Berechnung des Punktestandes findet ihre Begründung darin, dass der Gesetzgeber davon ausgeht, ein Fahrerlaubnisinhaber sei, wenn er einmal acht eingetragene und ungetilgte Punkte im Fahreignungsregister erreicht hat, unabhängig von anderen Tatsachen ungeeignet ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr zu führen. Es folgt eine Wiedererteilungssperre von mindestens sechs Monaten und regelmäßig das Erfordernis der Vorlage einer MPU bei der Wiedererteilung.

Was bedeutet das für den Verteidiger? Der hat es in einem solchen Fall nicht leicht. Hat der Mandant vor Tilgung der letzten für die Berechnung einer Gesamtpunktzahl erheblichen Tat eine weitere begangen, bleibt taktisch gesehen, nur das Spiel auf Zeit. Je nach Lage des Falls und Arbeitsgeschwindigkeit der Behörden und der Gerichte, ist es aber manchmal möglich, die rechtskräftige Entscheidung über die Tat bis zum Ablauf der Überliegefrist zu verzögern, mit der Folge, dass eine Addition der nunmehr gelöschten Punkte auch im Tatzeitpunkt nicht mehr möglich ist.

 


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