Betriebliches Eingliederungsmanagement – wie oft?

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Arbeitgeber müssen das betrieblichen Eingliederungsmanagement (beM genannt) wiederholen/dem Arbeitnehmer erneut anbieten, auch wenn sie es bereits durchgeführt und abgeschlossen haben.

BeM -  wann erforderlich?

Ist ein Arbeitnehmer in den zurückliegenden 12 Monaten sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig erkrankt, so hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Durchführung eines beM anzubieten (§ 167 II 1 SGB IX). Dies gilt für alle Arbeitnehmer und auch schwerbehinderte Arbeitnehmer. In Kleinbetrieben (weniger als 10 Arbeitnehmer) oder während der Probezeit ist es kündigungsrechtlich neutral, wenn dem Arbeitnehmer die Teilnahme am beM nicht angeboten wird.

BeM- wann wiederholen/erneut dem Arbeitnehmer anbieten?

Hat der Arbeitgeber das beM durchgeführt (und abgeschclossen) und erkrankt der Arbeitnehmer daraufhin innerhalb eines Jahres nach Abschluss des beM erneut sechs Wochen ununterbrochen /wiederholt oder ist er gar dauerhaft erkrankt, so hat der Arbeitgeber das beM zu wiederholen/erneut anzubieten. Dies gilt auch dann, wenn nach dem zuvor durchgeführten (und abgeschlossenen) beM kein Jahr vergangen ist. Dies entschied das BAG am 18. Nov. 2021, Az 2 AZR 138/21).

Konsequenzen für Arbeitgeber bei Kündigung?
 

 Unterlässt es ein Arbeitgeber, dem Arbeitnehmer das beM erneut anzubieten und kündigt er das Arbeitsverhältnis dennoch ordentlich personenbedingt („krankheitsbedingt“), so wird es für ihn ggf. schwieriger im Kündigungsschutzverfahren nachzuweisen, dass es mildere Mittel als die Kündigung gegeben hätte. Hat er das beM hingegen erneut dem Arbeitnehmer angeboten / erfolglos durchgeführt, so kann er „nachweisen“, dass es keine andere Beschäftigungsmöglichkeit gibt, welche dem Gesundheitszustand des Arbeitnehmers gerecht wird. D.h. das Unterlassen des beM kann sich für den Arbeitgeber negativ und für den Arbeitnehmer positiv auf die Erfolgsaussichten eines Kündigungsschutzverfahrens auswirken.

Gibt es hiervon Ausnahmen?

In der Literatur wird vertreten, dass die Pflicht zum „wiederholten beM“ bei Dauererkrankung entfällt bzw. dass dies einzelfallabhängig ist.

Ob die Wiederholung des beM entbehrlich ist, wenn der Arbeitnehmer die Teilnahme am beM mehrfach abgelehnt hat, ist zwischen dem LAG Köln und LAG Baden- Württemberg streitig .

Kommen allerdings während des Laufs eines beM erneut Arbeitsunfähigkeitszeiten von mehr als sechs Wochen hinzu, muss laut BAG im vorzitierten Urteil kein „paralleles beM“ durchgeführt werden.

Was raten wir Arbeitgebern?
 Arbeitgeber sollten sich, bevor sie kündigen, anwaltlich beraten und prüfen lassen, ob ein beM ordnungsgemäß durchgeführt oder gar erneut dem Arbeitnehmer angeboten werden muss.

Was raten wir Arbeitnehmern?
 Das beM wird oft (formal) fehlerhaft durchgeführt mit der Folge, dass sich für Arbeitnehmer die Verhandlungschancen in einem Kündigungsschutzverfahren oder auch im Rahmen eines angebotenen Aufhebungsvertrages verbessern. Arbeitnehmer sollten sich beraten lassen, wenn Sie ein Angebot auf Teilnahme am beM oder gar eine personen -(krankheitsbedingte) Kündigung erhalten.

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