Betriebsbedingte Kündigung – Häufig unwirksam

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Betriebsbedingte Kündigung – Voraussetzungen, gesetzliche Regelungen und Handlungsspielraum für Arbeitnehmer


Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses kann aus ganz unterschiedlichen Gründen erfolgen, die beim Arbeitgeber bzw. Unternehmen oder auch beim Arbeitnehmer selbst liegen. Eine betriebsbedingte Kündigung erfolgt dabei immer bei einer Umstrukturierung des Unternehmens, im Zuge derer Arbeitsplätze wegfallen und daher Personal abgebaut wird, beispielsweise durch die Schließung von Abteilungen oder die Verlagerung von Produktionszweigen.


Anders als bei anderen Kündigungsarten wie einer verhaltens- oder personenbedingten Kündigung ist eine betriebsbedingte Kündigung nicht auf den einzelnen Arbeitnehmer zurückzuführen; die Gründe für die Entlassung liegen also nicht in seiner Person. Gemeinsam ist allen Kündigungsarten jedoch, dass gesetzliche Vorschriften gelten, die der Arbeitgeber befolgen muss. Andernfalls ist die Kündigung unwirksam.


Betriebsbedingte Kündigung: Möglichkeit einer Kündigungsschutzklage


Haben Sie als Arbeitnehmer eine betriebsbedingte Kündigung erhalten, müssen Sie diese keineswegs einfach so hinnehmen. Vielmehr ist es völlig legitim, zu prüfen oder prüfen zu lassen, ob sich dagegen vorgehen lässt. Die Vorgehensweise ist hier die gleiche wie bei anderen Kündigungen: innerhalb einer Frist von drei Wochen nach Erhalt der Kündigung haben Sie die Möglichkeit, eine Kündigungsschutzklage einzureichen. Ziel der Kündigungsschutzklage nach betriebsbedingter Kündigung kann entweder eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses sein, um damit eine Weiterbeschäftigung zu bewirken, oder man möchte eine angemessene Abfindung erzielen. Im Falle der Zahlung einer Abfindung durch den Arbeitgeber verzichtet der Arbeitnehmer auf eine Fortsetzung des Prozesses; die Sache ist damit “erledigt” und das Arbeitsverhältnis beendet.


Wichtig: bedenken Sie bei Erhebung einer Kündigungsschutzklage unbedingt die dreiwöchige Frist. Reichen Sie die Klage erst nach Ablauf der Frist ein, ist es zu spät; es besteht dann keine Möglichkeit mehr hiergegen rechtlich vorzugehen und die betriebsbedingte Kündigung ist wirksam - ohne die Chance, auf diesem Wege eine Abfindung zu erhalten.


Allerdings gibt es bei einer betriebsbedingten Kündigung hinsichtlich der Zahlung einer Abfindung eine Besonderheit; denn nicht immer geht hier eine Kündigungsschutzklage voraus. So besteht für Sie als Arbeitnehmer unter bestimmten Umständen gemäß § 1a KSchG Rechtsanspruch auf eine Abfindung. Dies ist allerdings nur der Fall, wenn der Arbeitgeber den Beschäftigten auf die zugrunde liegenden dringenden betrieblichen Erfordernisse und die Möglichkeit, bei Verzicht auf eine Kündigungsschutzklage die Abfindung zu erhalten, hinweist.


Wann ist eine betriebsbedingte Kündigung rechtmäßig?


Eine Kündigung - ganz gleich, welcher Art - darf der Arbeitgeber grundsätzlich nur dann aussprechen, wenn er alle anderen milderen Mittel (zum Beispiel eine Versetzung) ausgeschöpft hat und es keine andere Möglichkeit gibt. Entsprechend muss der Arbeitgeber auch vor einer betriebsbedingten Kündigung immer überprüfen, ob der Arbeitnehmer auf andere Weise im Unternehmen weiterbeschäftigt werden kann, unter Umständen nach Fortbildungs- oder Umschulungsmaßnahmen auch in einem anderen Tätigkeitsbereich.


Zudem muss grundsätzlich eine Interessenabwägung erfolgen, das heißt, das Interesse des Arbeitgebers an der Entlassung muss das Interesse des Arbeitnehmers am Erhalt seiner Arbeitstätigkeit überwiegen. Allerdings hat die Interessenabwägung bei einer betriebsbedingten Kündigung nicht die gleiche relevante Bedeutung wie bei einer personen- oder verhaltensbedingten Kündigung.


Ist im Unternehmen ein Betriebsrat vorhanden, ist eine Kündigung darüber hinaus nur wirksam, wenn der Betriebsrat umfassend informiert und angehört worden ist (§ 102 Abs. 1 BetrVG). Der Arbeitgeber ist dazu verpflichtet, eine entsprechende ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrates durchzuführen.


Speziell bei einer betriebsbedingten Kündigung setzt der Gesetzgeber für eine Zulässigkeit bzw. Wirksamkeit weitere wesentliche Bedingungen voraus. Hierzu gehört zum einen eine merkliche Minderung des Bedarfs an Arbeitsleistungen (und damit Arbeitsplätzen) nach innerbetrieblichen Umstrukturierungen, die durch Auftrags- und Umsatzrückgänge, Produktionseinstellungen etc. zur Aufrechterhaltung der Rentabilität erforderlich wurden. Der Arbeitgeber ist hier bei einem Kündigungsschutzprozess grundsätzlich dazu verpflichtet, das Vorliegen der genannten dringenden Gründe zu beweisen und ausführlich darzulegen - was vielen Arbeitgebern im Prozess nicht gelingt.


Zum anderen sind soziale Aspekte unbedingt zu berücksichtigen. Dieser sogenannten Sozialauswahl kommt bei einer betriebsbedingten Kündigung eine entscheidende Bedeutung zu, die durch den Arbeitgeber nicht immer angemessen gewürdigt wird und so betriebsbedingte Kündigungen in vielen Fällen anfechtbar macht.


Bedeutung der Sozialauswahl bei einer betriebsbedingten Kündigung


Unter Berücksichtigung der allgemeinen Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) hinsichtlich Betriebsgröße, Dauer des Arbeitsverhältnisses und Sonderkündigungsschutz für bestimmte Arbeitnehmergruppen (zum Beispiel für Schwangere oder Schwerbehinderte) erfolgt eine ordnungsgemäße Sozialauswahl in drei Stufen:


  • Feststellung bzw. Ermittlung der in Frage kommenden bzw. betroffenen Arbeitnehmer(gruppe)

  • Vergleichende Abwägung der individuellen sozialen Aspekte innerhalb der betroffenen Arbeitnehmergruppe gemäß den vorgegebenen Richtlinien des KSchG

  • Nach Ermittlung der für eine Kündigung in Frage kommenden Mitarbeiter ist zunächst zu klären, inwieweit nicht auch ein betriebliches Interesse an deren Weiterbeschäftigung gegeben ist.



Relevant bei der/ für die Sozialauswahl bei einer betriebsbedingten Kündigung sind dabei gemäß § 1 Abs. 3 KSchG folgende Aspekte bzw. Kriterien, die der Arbeitgeber berücksichtigen muss:


  • Dauer der Betriebszugehörigkeit

  • Alter des Arbeitnehmers

  • familiäre Situation, insbesondere Unterhaltszahlungen bzw. -pflichten

  • Schwerbehinderung des Arbeitnehmers


Anhand dieser gesetzlichen Vorgaben ist - bei vergleichbarer Position und Arbeitstätigkeit im Betrieb - beispielsweise ein 30-jähriger alleinstehender, seit zwei Jahren im Unternehmen Beschäftigter bei der Sozialauswahl in einer schlechteren Ausgangsposition als ein 50-jähriger Angestellter, der zwei Kinder hat und seit 15 Jahren im Unternehmen arbeitet.


Die Auswahlkriterien haben dabei grundsätzlich in gleichem Maße Bedeutung. So gesteht der Gesetzgeber dem Arbeitgeber in der Gewichtung der sozialen Aspekte einen gewissen Spielraum zu.


Auf der einen Seite ist die Sozialauswahl bei einer betriebsbedingten Kündigung von grundlegender Wichtigkeit - auf der anderen Seite unterlaufen erfahrungsgemäß besonders hier den Arbeitgebern die meisten Fehler. Daher haben Sie als Arbeitnehmer besonders bei betriebsbedingten Kündigungen häufig gute Chancen auf eine angemessene Abfindung.


Unsere Kanzlei besitzt im Arbeitsrecht vor allen Dingen auf dem Gebiet der Kündigungen viele Jahre Erfahrung. Gerne stehen wir Ihnen mit Rat und Tat zur Seite, um Ihnen zu Ihrem Recht zu verhelfen und informieren Sie bei einer kostenlosen Erstberatung über Ihre Möglichkeiten und Erfolgsaussichten, gegen Ihre betriebsbedingte Kündigung vorzugehen.


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