Betriebsratsarbeit während der Corona-Krise - Beschlussfassung via Telefon- oder Videokonferenz?

  • 2 Minuten Lesezeit

Gerade in der aktuellen Situation der Corona-Pandemie stellt sich die Frage, wie der Betriebsrat als Vertretung der Belegschaft handlungsfähig bleiben kann, wenn viele Betriebe Homeoffice oder Kurzarbeit anordnen, sodass es den Betriebsratsmitgliedern kaum möglich ist, zu einer Betriebsratssitzung örtlich zusammenzukommen.

Beschlussfassung via Telefon- oder Videokonferenz möglich?

Es stellt sich daher die Frage, ob eine wirksame Beschlussfassung auch per Telefon- oder Videokonferenz erfolgen kann oder ob tatsächlich alle Betriebsratsmitglieder am selben Ort zusammenkommen müssen.

Das Betriebsverfassungsgesetz trifft dazu keine eindeutige Aussage. Zwei Regelungen verdienen aber in diesem Zusammenhang näherer Betrachtung:

  • Die Beschlüsse des Betriebsrates sind grundsätzlich mit der „Mehrheit der Stimmen der anwesenden Mitglieder“ zu fassen (§ 33 Abs. 1 BetrVG).
  • “Die Sitzungen des Betriebsrats sind nicht öffentlich.” (§ 30 Satz 4 BetrVG)

In Rechtsprechung und Schrifttum wird teilweise die Meinung vertreten, eine wirksame Beschlussfassung via Telefon- oder Videokonferenz scheitere jedenfalls daran, dass die Wahrung der Nichtöffentlichkeit nicht gewährleistet werden könne.

Arbeits- und Sozialminister für Beschlussfassung via Telefon- oder Videokonferenz

Arbeits- und Sozialminister Hubertus Heil hat sich nun dafür ausgesprochen, eine Beschlussfassung via Telefon- oder Videokonferenz im Zuge der aktuellen Lage als rechtswirksam anzusehen. Aufgrund der Corona-Pandemie und der sich daraus ergebenden Einschränkungen für die Gesellschaft befinde man sich in einer Ausnahmesituation, in der es zur Abwendung von Gesundheitsgefährdungen geboten erscheine eine digitale Betriebsratssitzung und Beschlussfassung als rechtswirksam anzusehen.

Unsere Einschätzung

Aus unserer Sicht ist diese Ansicht zu befürworten. Es muss gewährleistet werden, dass der Betriebsrat auch in solchen außergewöhnlichen Zeiten seine gesetzlichen Pflichten zur Vertretung der Interessen der Belegschaft erfüllen kann und nicht handlungsunfähig wird.

Allerdings ist hier Vorsicht geboten. Es kann nicht garantiert werden, dass ein Gericht im Ernstfall tatsächlich dieser Empfehlung folgen wird. Daher sollte im Einzelfall abgewogen werden, ob die Beschlussfassung so dringlich ist, dass ein Zuwarten zum Wohle der Belegschaft nicht mehr zugemutet werden kann.

In jedem Fall müssten bei einer Beschlussfassung per Telefon- oder Videokonferenz genaue Vorkehrungen getroffen werden, um sicherzustellen, dass die Formvorschriften des BetrVG, sowie der Nichtöffentlichkeitsgrundsatz gewahrt werden.

Sollten Sie Fragen zu dem Themenkomplex oder anderen arbeitsrechtlichen Fragestellungen haben, können Sie sich jederzeit über anwalt.de, per Telefon oder E-Mail an uns wenden.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Manuel Krätschmer

Beiträge zum Thema