Betriebsratswahlen 2022 – Darauf müssen Sie als Arbeitgeber achten (Teil 4)

  • 3 Minuten Lesezeit

Im vierten und letzten Teil der Artikelserie werden die besonders praxisrelevanten Themen Nichtigkeit und Anfechtung erläutert. Auch dieser Artikel berücksichtigt die Änderungen der Rechtslage durch das Betriebsrätemodernisierungsgesetz.

Was ist eine nichtige Betriebsratswahl?

Eine Betriebsratswahl ist dann nichtig, wenn bei der Wahl gravierende und offensichtliche Verstöße gegen wesentliche Wahlvorschriften aufgetreten sind. Die Rechtsfolge ist, dass der Betriebsrat vom Arbeitsgericht rückwirkend für nicht zustande gekommen erklärt wird. Somit sind auch alle von ihm bereits vorgenommenen Handlungen – wie etwa der Abschluss einer Betriebsvereinbarung – unwirksam.

Eine Nichtigkeit der Betriebsratswahl wird jedoch nur in seltenen Ausnahmefällen vorkommen. In der Praxis dominiert die Anfechtbarkeit von Betriebsratswahlen.

In welchen Szenarien ist eine Betriebsratswahl nichtig?

Es gibt keine abschließende Liste von Nichtigkeitsgründen. In der Vergangenheit wurde die Nichtigkeit von Betriebsratswahlen etwa in folgenden Konstellationen durch das Bundesarbeitsgericht bejaht:

1. Durchführung der Wahl durch einen nicht ordnungsgemäß bestellten Wahlvorstand

2. Terrorisierung der Belegschaft während des eigentlichen Wahlvorgangs

3. Wahl eines Betriebsrats, obwohl bereits ein gemeinsamer Betriebsrat mit anderen Betriebsteilen besteht

4. Wahl eines Betriebsrats in einem Betrieb, der nicht betriebsratsfähig ist

Wie lange kann die Nichtigkeit einer Betriebsratswahl geltend gemacht werden?

Für die Geltendmachung der Nichtigkeit gibt es keine Frist.

Was versteht man unter einer anfechtbaren Betriebsratswahl?

Eine anfechtbare Betriebsratswahl liegt ebenfalls dann vor, wenn es zu Verstößen gegen wesentliche Wahlvorschriften gekommen ist. Der Verstoß ist jedoch nicht so schwerwiegend, dass er zur sofortigen Nichtigkeit der Betriebsratswahl führt. Der Betriebsrat wird nach einer erfolgreichen Anfechtung zwar für die Zukunft aufgelöst. Bereits von ihm abgeschlossene Betriebsvereinbarungen bleiben jedoch wirksam. In manchen Fällen wird der Betriebsrat vom Arbeitsgericht jedoch nicht aufgelöst und es kommt nicht zu Neuwahlen. Dies ist dann der Fall, wenn auch eine Korrektur des Wahlergebnisses ausreicht, um den Anfechtungsgrund auszuräumen.

In Einzelfällen kann ein Fehler bei der Wahl sowohl zur Anfechtbarkeit als auch zur Nichtigkeit der Wahl führen. 

Wann ist eine Betriebsratswahl anfechtbar?

Auch bei den Anfechtungsgründen gibt es keine abschließende Liste. Mögliche Anfechtungsgründe sind beispielsweise:

1. Durchführung der Wahl durch einen nicht ordnungsgemäß bestellten Wahlvorstand

2. Falsche Größe des Betriebsrats

3. Falsche Anzahl der Sitze für das Minderheitengeschlecht

4. Unrichtigkeit der Wählerliste

5. Das Fehlen von erforderlichen Angaben im Wahlausschreiben

6. Fehler bei den erforderlichen Angaben im Wahlausschreiben

7. Zu späte Bereitstellung des Wahlausschreibens („Sechs-Wochen-Frist“)

8. Verstoß gegen den Grundsatz der geheimen Wahl

9. Verstoß des Arbeitgebers gegen die Neutralitätspflicht

10. Verwendung eines falschen Betriebsbegriffes

Wie lange ist eine Betriebsratswahl anfechtbar?

Eine Betriebsratswahl ist aus Gründen der Rechtssicherheit nicht beliebig lange anfechtbar. Eine Anfechtung ist somit gemäß § 19 Abs. 2 S. 2 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) nur innerhalb von zwei Wochen ab Bekanntgabe des Wahlergebnisses zulässig. Sobald diese Anfechtungsfrist verstrichen ist, ohne dass eine Anfechtung erfolgt ist, bleibt der Betriebsrat selbst dann im Amt, wenn die Wahl eigentlich aufgrund eines Fehler anfechtbar gewesen wäre.

Wer kann eine Betriebsratswahl anfechten?

Gemäß § 19 Abs. 2 S. 1 BetrVG kann eine Betriebsratswahl von mindestens drei Wahlberechtigten, einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft oder dem Arbeitgeber vor dem Arbeitsgericht angefochten werden.

Welche Konsequenzen hat eine Nichtigkeit oder eine Anfechtbarkeit der Betriebsratswahl für Sie als Arbeitgeber?

Als Arbeitgeber sollten Sie eine Nichtigkeit oder eine Anfechtbarkeit der Betriebsratswahl unbedingt vermeiden. In beiden Fällen kann es zu einer Wiederholung der Betriebsratswahl kommen. Dadurch entstehen Ihnen als Arbeitgeber vermeidbare Kosten. Zudem dürfte die damit zwingend verbundene arbeitsgerichtliche Auseinandersetzung dem Betriebsklima nicht förderlich sein.  

Kann das Anfechtungsrecht auch eingeschränkt sein?

Mit dem Betriebsrätemodernisierungsgesetz wurde das Anfechtungsrecht bei der Unrichtigkeit der Wählerliste eingeschränkt. Gemäß § 19 Abs. 3 S. 1 BetrVG ist eine Anfechtung durch die Wahlberechtigten ausgeschlossen, wenn sie nicht im Wahlverfahren Einspruch gegen die Richtigkeit der Wählerliste eingelegt haben. Auch das Anfechtungsrecht des Arbeitgebers wurde für diese Konstellation eingeschränkt. Gemäß § 19 Abs. 3 S. 2 BetrVG kann er die Betriebsratswahl nicht anfechten, wenn er die Unrichtigkeit der Wählerliste selbst herbeigeführt hat.

Außerdem ist eine Anfechtung der Betriebsratswahl gemäß § 19 Abs. 1 BetrVG ausgeschlossen, wenn durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte.

Aufgrund der Vielzahl an möglichen Fehlerquellen ist eine anwaltliche Begleitung der Betriebsratswahl dringend zu empfehlen. Bitte beachten Sie, dass diese Informationen keine Beratung im Einzelfall ersetzen können. Gerne berate ich Sie persönlich oder auch online zu Ihren Rechtsthemen im Arbeitsrecht. 

Foto(s): Foto(s): Rechtsanwältin Trixi Hoferichter


Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwältin und Mediatorin Trixi Hoferichter

Beiträge zum Thema