Betriebsrisiko und Lockdown - Kein Annahmeverzugslohnanspruch für Arbeitnehmer!

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Betriebsrisiko und Lockdown - Kein Annahmeverzugslohnanspruch für Arbeitnehmer!

In einer ganz aktuellen Entscheidung des BAG, zu der bisher nur die Pressemitteilung und noch keine vollständige Urteilsbegründung vorliegt, hat sich das BAG mit der Frage beschäftigt, ob der Arbeitnehmer im Falle der Betriebsschließung wegen eines Lockdowns Vergütung auf der Grundlage von Annahmeverzug begehren kann (§ 615 BGB), weil dieser Fall unter das allgemeine Betriebsrisiko fällt, wie es der Arbeitnehmer, beide Vorinstanzen und wohl auch die herrschende Literatur bisher gesehen hatte.

Das BAG sagt: Nein! 

Der Fall ist - soweit keine anderen sozialen Absicherungssysteme greifen, wie Kurzarbeit etc. - dem  allgemeinen Lebensrisiko des Arbeitnehmers zuzurechnen und von diesen selbst zu tragen. Besonderen Bedeutung hat dies insbesondere bei Mini-Jobbern, für die es eben keine anwendbaren sozialen Schutzsysteme, wie Kurzarbeit und ALG 1-Anspruch gibt, sondern allenfalls ergänzende Hilfen.

Da wir aktuell ja bereits wieder mit einem Teil-Lockdown in bestimmten Branchen in Sachsen belastet sind, ein weitreichender Lockdown droht, sollte die Entscheidung große Bedeutung haben. 

Betriebsräte sollten sich in den betroffenen Branchen gut überlegen, Kurzarbeitsvereinbarungen scheitern zu lassen, Arbeitnehmer sollten sich diesen nicht verschließen, da sonst Versorgungslücken entstehen. Arbeitgeber sind zur Leistung des Arbeitsausfalles wegen eines Lockdowns an die Arbeitnehmer nicht verpflichtet.

Sie dürften allerdings aus vertraglicher Nebenpflicht verpflichtet sein, den Arbeitnehmern - wo dies möglich ist - eine Kurzarbeitsvereinbarung anzubieten.


Die dortige Klägerin im Fall des BAG hat für den Monat April 2020, in dem ihre Arbeitsleistung und deren Annahme durch die Beklagte aufgrund der behördlich angeordneten Betriebsschließung unmöglich war, keinen Anspruch auf Entgeltzahlung unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs. Der Arbeitgeber trägt auch nicht das Risiko des Arbeitsausfalls, wenn – wie hier – zum Schutz der Bevölkerung vor schweren und tödlichen Krankheitsverläufen infolge von SARS-CoV-2-Infektionen durch behördliche Anordnung in einem Bundesland die sozialen Kontakte auf ein Minimum reduziert und nahezu flächendeckend alle nicht für die Versorgung der Bevölkerung notwendigen Einrichtungen geschlossen werden. In einem solchen Fall realisiert sich nicht ein in einem bestimmten Betrieb angelegtes Betriebsrisiko. Die Unmöglichkeit der Arbeitsleistung ist vielmehr Folge eines hoheitlichen Eingriffs zur Bekämpfung einer die Gesellschaft insgesamt treffenden Gefahrenlage. Es ist Sache des Staates, gegebenenfalls für einen adäquaten Ausgleich der den Beschäftigten durch den hoheitlichen Eingriff entstehenden finanziellen Nachteile – wie es zum Teil mit dem erleichterten Zugang zum Kurzarbeitergeld erfolgt ist – zu sorgen. Soweit ein solcher – wie bei der Klägerin als geringfügig Beschäftigter – nicht gewährleistet ist, beruht dies auf Lücken in dem sozialversicherungsrechtlichen Regelungssystem. Aus dem Fehlen nachgelagerter Ansprüche lässt sich jedoch keine arbeitsrechtliche Zahlungspflicht des Arbeitgebers herleiten." (Pressemitteilung des BAG zum Urteil)

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 13. Oktober 2021 – 5 AZR 211/21 –


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Rechtsanwalt Karsten Zobel, Dresden

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