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Flugstreik: Fluggastrechte bei verspäteten oder annullierten Flügen

  • 4 Minuten Lesezeit
Streik am Flughafen: Fluggastrechte bei verspäteten oder annullierten Flügen

Immer wieder führen Streiks an Flughäfen zu zahlreichen Problemen im Flugverkehr und zu erheblichen Flugausfällen. Reisende sollten daher ihre Fluggastrechte kennen, die von verschiedenen Umständen abhängen. Im Falle eines Streiks sollten Reisende ihre Fluglinie kontaktieren, Pauschalreisende dagegen ihren Reiseveranstalter, da der Flug ein Bestandteil des Reisevertrags ist. Es empfiehlt sich, Informationen, die man von der Fluggesellschaft erhält, zu dokumentieren – etwa durch Namensnotiz der Ansprechperson oder per Screenshot der betreffenden Unternehmensseite. Das erleichtert den Nachweis bei später auftretenden Meinungsverschiedenheiten. 

Flug gestrichen: Stornierung oder späterer Flug möglich

Passagiere, die am Boden bleiben müssen, weil ihr Flug gestrichen wurde, können wählen: Entweder sie stornieren den Flug beziehungsweise die Reise und erhalten das Geld zurück oder sie nehmen stattdessen einen späteren Flug. Wann der stattfindet, liegt aber an der Fluglinie. Es kann allerdings dauern, bis sich der Flugbetrieb wieder normalisiert hat. Deshalb müssen Flugunternehmen bei Flugverspätungen oder Annullierungen im Streikfall auch eine Ersatzbeförderung anbieten.  

Airline muss bei Streiks Ersatzbeförderung anbieten

Lange Zeit war unklar, ob Entschädigungen auch bei Streiks an Flughäfen möglich sind. Denn die zur Zahlung verpflichteten Flugunternehmen beriefen sich bei streikbedingten Flugverspätungen oder Flugausfällen auf höhere Gewalt. Diese schließt einen Anspruch für Situationen aus, auf die die betroffenen Fluggesellschaften keinen Einfluss haben. Erst im Jahr 2012 hat der Bundesgerichtshof (BGH) klargestellt, dass Streiks zwar höhere Gewalt darstellen (Urteil v. 21.08.2012, Az.: X ZR 138/11).  

Laut Urteil sind Airlines aber verpflichtet, alles zu tun, um den Transport der Passagiere so gut wie möglich aufrecht zu erhalten. Sonst können diese Entschädigungen fordern. Dazu muss die Fluglinie eine Ersatzbeförderung anbieten. Diese ist auch am Boden möglich. So darf eine Fluggesellschaft auf Bus und Bahn verweisen. Natürlich muss die Fluggesellschaft dafür die Kosten übernehmen. Was Passagiere in Anspruch nehmen – Ersatztransport oder Umbuchung –, bleibt ihnen überlassen. Eine Fluglinie darf sie hier nicht zu einem bestimmten Vorgehen verpflichten. Bei Streiks, die mehr als nur ein paar Stunden dauern, müssen Flugunternehmen zudem einen Sonderflugplan erstellen. Dieser muss die Ausfälle möglichst gut kompensieren. Die Anzahl ausfallender Flüge ist auf das unvermeidbare Maß zu reduzieren. Nach Ende des Streiks ist möglichst schnell zum Normalbetrieb zurückzukehren. 

Entschädigung auch nach Streikende  

Eine Entschädigung kann auch fällig werden, wenn eine Fluggesellschaft spätere Flüge aufgrund des Streiks umorganisiert. Das besagt eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH, Urteil v. 04.10.2012 – C-22/11). Der klagende Passagier wurde hier zwei Tage nach Streikende trotz seines regulär gebuchten Flugs nicht mit an Bord genommen, weil die Airline stattdessen einen Ersatzflug für die zuvor vom Streik betroffenen Passagiere durchführte. Im Rahmen dieses bereits ausgebuchten Ersatzflugs hatte sie den Mann nicht mitfliegen lassen. Dieser konnte erst einen späteren Flug nehmen. Eine solche Umorganisation zulasten späterer Passagiere ist jedoch laut EuGH unzulässig.  

Streik an Flughäfen: Fluggesellschaft muss Wartende versorgen

Nach der Fluggastrechte-Verordnung der Europäischen Union haben festsitzende Reisende neben dem Anspruch auf eine Ersatzbeförderung auch noch ein Anrecht auf Betreuung. Entscheidend dafür ist, dass der Flug zumindest einen EU-Flughafen als Start- oder Zielort hat. Unabhängig davon gilt die Fluggastrechte-Verordnung auch bei außereuropäischen Flügen, sofern sie nur von einer EU-Fluggesellschaft erbracht wurden. Angenommen, der Frankfurter Flughafen wird bestreikt: Dann profitieren von der Verordnung nicht nur Reisende, die von Frankfurt aus abheben wollen, sondern auch diejenigen, die auf anderen Flughäfen deshalb länger verweilen müssen.  

Der Umfang der Ansprüche richtet sich einerseits nach der Flugstrecke. Die bestimmt sich anhand eines Kreises, in dessen Mittelpunkt der Abflugflughafen liegt. Mitentscheidend ist außerdem die Dauer der Verspätung. Die Pflicht zur Betreuung besteht erst ab einer Verspätung von zwei Stunden und mehr bei einer Flugstrecke unter 1500 km, von drei Stunden und mehr für eine weitere Strecke innerhalb der EU oder von weniger als 3500 km sowie vier Stunden und mehr bei Flugstrecken außerhalb der EU oder über mehr als 3500 km. Wer länger als fünf Stunden warten muss, kann den Flug stornieren und die Rückerstattung des Ticketpreises innerhalb von sieben Tagen verlangen. Stattdessen steht dem Wartenden auch der kostenlose Flug zum letzten Startpunkt zu. 

Zu den Betreuungsleistungen zählen die Versorgung mit Essen und Getränken während der Wartezeit. Auch eine Hotelunterbringung ist möglich, wenn der Zwangsaufenthalt sich über eine oder mehrere Nächte erstreckt. Die Beförderung zwischen Flughafen und Unterkunft ist dabei inbegriffen. Des Weiteren muss es jedem Fluggast möglich sein, kostenlos zwei Telefonate zu führen bzw. zwei Telefaxe oder E-Mails zu versenden. Fehlt eine Betreuung, muss die Fluggesellschaft Passagieren ihre notwendigen Kosten einer Selbstversorgung ersetzen.  

(GUE)

Foto(s): ©Adobe Stock/Sergey Furtaev

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