BVerwG: Zuständigkeitsübergang bei Fristablauf im Falle fehlender Aufnahmebereitschaft eines MS

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Das Bundesverwaltungsgericht BVerwG 1 C 24.15 hat eine wichtige Entscheidung am 29.04.2016 im Hinblick auf die Zuständigkeitsregelungen getroffen, wenn ein Mitgliedstaat einen Flüchtling nach Ablauf der Überstellungsfrist nicht mehr aufnehmen will.

Folgender Sachverhalt lag dieser Entscheidung zugrunde:

„Der Kläger, ein iranischer Staatsangehöriger, stellte Anfang 2015 in Deutschland einen Asylantrag.

Ein Eurodac-Abgleich seiner Fingerabdrücke ergab, dass er zuvor bereits in Ungarn einen Asylantrag gestellt hatte. Nachdem Ungarn einer Wiederaufnahme des Klägers im Rahmen des Dublin-Verfahrens zugestimmt hatte, lehnte das Bundesamt den neuerlichen Antrag wegen anderweitiger Zuständigkeit als unzulässig ab und ordnete die Abschiebung des Klägers nach Ungarn an.

Eine Überstellung nach Ungarn erfolgte aber innerhalb der nach der Dublin III-VO einzuhaltenden sechsmonatigen Überstellungsfrist nicht. Die Klage hatte beim Verwaltungsgericht keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat den Bescheid des Bundesamtes hingegen aufgehoben und dies damit begründet, dass die Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens nach Ablauf der Überstellungsfrist während des gerichtlichen Verfahrens von Ungarn auf Deutschland übergegangen sei. Hierauf könne sich der Kläger auch berufen, da Ungarn inzwischen nicht mehr aufnahmebereit sei“ (Quelle: Pressemitteilung vom 29.04.2016, BverwG).

Aus den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichtes lassen sich folgende Schlüsse ziehen:

1. Die positive Aufnahmebereitsschaft eines anderen Mitgliedstaates muss das Bundesamt nachweisen.

2. Der Flüchtling hat dann ein subjektives Recht, wenn die Überstellungsfrist abgelaufen ist (a) sowie die positive Aufnahmebereitschaft vom Bundesamt nicht nachgewiesen ist (b)

Die Entscheidung bringt Klarheit für Flüchtlinge, welche immer wieder von einem MS in einen anderen MS verwiesen werden. Es soll das „Hin- und Hergeschiebe“ – die Situation eines „refugee in orbit“ –, für den sich kein Mitgliedstaat zuständig fühlt, vermieden werden.

Mitgeteilt von RA Ulrich Hekler

Rechtsanwalt Hekler berät im Bereich des Einbürgerungs- und Ausländerrechts bundesweit. Er ist Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Mitglied im Deutschen Anwaltsverein und Mitglied des Arbeitskreises für Ausländer- und Asylrecht.


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