Rechtswidrige Abschiebungshaft im Falle fehlender Ausreisefrist

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Die Ausländerbehörde des Main-Kinzig-Kreises stellt bei Vorsprache eines serbischen Staatsangehörigen und dessen ungarischer Ehefrau fest, dass eine Scheinehe zwecks Erlangung eines Aufenthaltstitels geschlossen wurde.

Die Ausländerbehörde nimmt den Betroffenen fest und beantragt sogleich Abschiebungshaft, weil sie eine Ausweisung mit anschließender Abschiebung vorbereiten möchte. Das Amtsgericht Gelnhausen gibt diesem Antrag mit Beschluss vom 14.08.2013 statt und ordnet Abschiebungshaft an. Die Ausländerbehörde erlässt wenige Tage danach eine Verfügung, mit welcher sie das Nichtbestehen eines Freizügigkeitsrechts feststellt und gegenüber dem Betroffenen die Ausweisung ausspricht.

Rechtsanwalt Zeljko Grgic erhebt gegen die Entscheidung des Amtsgerichtes umgehend Beschwerde und weist darauf hin, dass dem Betroffenen gemäß § 7 Abs. 1 FreizügG/EU eine Ausreisefrist gesetzt werden müsse, bevor die Ausländerbehörde eine Abschiebung durchführen dürfe. Als Familienangehörigem einer EU-Staatsangehörigen kommen dem Betroffenen die Verfahrensgarantien des Freizügigkeitsgesetzes-EU zu gute. Ausnahmsweise dürfe von einer Ausreisefrist abgesehen werden, wenn eine konkrete Entziehungsabsicht bei dem Betroffenen festzustellen sei, aber selbst eine unerlaubten Einreise rechtfertige nicht die Annahme, dass der Betroffene sich durch Untertauchen den behördlichen Maßnahmen entziehen wolle.

Das im Beschwerdeverfahren zuständige Landgericht Hanau möchte die erhobene Beschwerde zunächst nicht bescheiden und leitet diese an den Bundesgerichtshof weiter, weil es der Meinung ist infolge zwischentlicher Vollstreckung handele es sich um eine Rechtsbeschwerde und der Bundesgerichtshof sei hierfür zuständig. Der Bundesgerichtshof verweist die Sache jedoch umgehend zurück und verlangt die sofortige Bescheidung der erhobenen Beschwerde durch das Landgericht.

Mit Beschluss vom 15.11.2013, Az. 3 T 162/13, stellt das Landgericht Hanau sodann fest, dass die angeordnete Abschiebungshaft rechtswidrig war. Die Anordnung von Abschiebungshaft für einen Familienangehörigen eines EU-Bürgers sei stets rechtswidrig, wenn dem Betroffenen nicht zuvor gemäß § 7 Abs. 1 FreizügG/EU eine Ausreisefrist gesetzt wird.

Weder dem Akteninhalt noch dem Antrag der Ausländerbehörde sei ein Ausnahmetatbestand zu entnehmen, welcher ausnahmsweise das Absehen von einer Frist zur freiwilligen Ausreise rechtfertige. Auch wurden keine konkreten Anhaltspunkte vorgetragen, die eine unmittelbare Fluchtgefahr des Betroffenen hätten begründen können. Die Entziehungsabsicht muss jedoch im konkreten Fall erkennbar sein. Allgemeine Vermutungen der Ausländerbehörde reichen hierzu nicht aus.

Nach alledem war die Ausländerbehörde gehalten, unter Abwägung des öffentlichen Interesses einerseits und den privaten Interessen des Betroffenen andererseits auch vor dem Hintergrund, dass die Ausreisefrist es dem Ausländer ermöglichen soll, einer Abschiebung durch eine freiwillige Ausreise zuvorzukommen, eine Ausreisefrist von mindestens 3 Tagen zu gewähren.


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